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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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eingesetzt hatte, war er bereits bis zum Gürtel drin, und wie die meisten Schlicksammler konnte er nicht schwimmen.
    Diese verdammten irischen Quadratschädel, dachte er. Hätten sie sich nicht am Vormittag hier um das Loch herumgetrieben, wäre er einfach hingegangen, hätte den Sack aufgehoben und hinausgetragen, denn mit den einheimischen Jungen wurde er leicht fertig. Aber diese Strolche hätten ihn ihm bestimmt abgenommen, und ein Glücksfall wie dieser kam vielleicht nur einmal im Leben: ein Leinensack, den offenbar einer der Arbeiter verloren hatte, die letzte Woche hier das große Schiff neu verschalt hatten, angefüllt mit neuen Kupfernägeln!
    Der bloße Gedanke an das Geld, das er beim Trödler für die Ausbeute bekommen würde - mindestens acht Pence, eher aber einen Shilling und noch etwas - machten dem Jungen den Mund wäßrig, und er beschloß, daß, sollte er ihn finden und nicht mit den Füßen den Schlickhang hinaufbefördern können, er sich auf die Gefahr hin, daß der Ebbstrom ihn mitziehen würde, einfach bücken und ihn aufheben wollte. Es würde das Risiko lohnen, denn von einem Shilling könnte er sich ein paar Tage ein bequemes Leben machen, und wenn die um wären, würde er bereit sein, seine übliche frühwinterliche List anzuwenden und sich beim Kohlendiebstahl aus einer der Barken oben in Wapping erwischen zu lassen, um in die Besserungsanstalt geschickt zu werden, wo er einen Mantel und Schuhe und Strümpfe und für mehrere Monate regelmäßige Mahlzeiten bekommen würde und nicht an den Wintermorgen halbnackt in den kalten Schlick hinauswaten müßte, um nach verwertbaren Abfällen zu suchen.
    Er richtete sich auf, und ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln, denn die Zehen seines linken Fußes hatten unter der lockeren obersten Schlammschicht Stoff berührt. Er wandte sich um und versuchte mit dem anderen Fuß heranzukommen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren.
    »Kann«, blubberte eine Stimme einige Klafter weit draußen im Wasser, »kann jemand mir helfen?«
    Nachdem er erschrocken zusammengefahren war, fand der Junge seine Fassung wieder und erkannte verspätet, daß einige der Flußgeräusche, auf die er in seinen Gedanken vertieft nicht geachtet hatte, das Plätschern und Schnaufen eines ermatteten Schwimmers gewesen sein mußten.
    Es spritzte, als ob jemand seine nassen Haare aus den Augen schüttelte. »He... Junge! Ist das ein Junge da? Hilf mir!«
    »Ich kann nicht schwimmen«, sagte Fennery.
    »Du stehst da, nicht? Ist das Ufer so nahe?«
    »Ja, gleich hinter mir.«
    »Dann kann ich... es selbst schaffen. Wo bin ich?«
    »Das sag ich Ihnen, wenn Sie kommen und diesen Sack Nägel für mich aufheben.«
    Nun war im zunehmenden Dunkel der Kopf des Schwimmers zu erkennen, wie er auf ihn zuhielt, und bald fand er Grund am Schlickhang unter Wasser. Eine gute Weile stand er bis zum Bauch im Wasser und schüttelte sich, schnaufte, hustete und spie. Fennery war froh, daß er stromaufwärts von dem Mann war.
    »Gott«, schnaufte der andere endlich. Er spülte sich den Mund und spuckte wieder aus. »Ich muß die... die halbe Themse geschluckt haben. Hast du vorhin eine Explosion gehört?«
    »Nein, Sir«, sagte Fennery. »Was ist hochgegangen?«
    »Ich glaube, ein Häuserblock in der Bond Street. Einen Augenblick war ich...« Er würgte und erbrach schleimiges Flußwasser. »Bäh. Gott schütze mich. Ich war fechten bei Angelo, und einen Augenblick später lag ich mit leerer Lunge am Grund der Themse. Ich glaube, es kostete mich fünf Minuten, bis ich mich an die Oberfläche gekämpft hatte. Kann mir nicht vorstellen, daß ich es geschafft hätte, wenn ich kein trainierter Athlet wäre - und trotz zusammengebissener Zähne und eines festen Entschlusses versuchte ich unterwegs zur Oberfläche den Fluß einzuatmen. Kann mich nicht mal erinnern, an die Luft gekommen zu sein. Wahrscheinlich war ich ohnmächtig geworden, und die kalte Luft brachte mich wieder zu mir.«
    Der Junge nickte. »Könnten Sie hinunterlangen und mir meinen Sack heraufziehen?«
    Der Mann bückte sich in benommenem Gehorsam, tauchte mit dem Kopf unter, tastete nach dem Beutel und zog ihn aus dem Schlamm. »Da hast du, Junge«, sagte er, als er sich aufgerichtet hatte. »Herr im Himmel, bin ich schwach! Konnte ihn kaum heben. Und ich fürchte, meine Ohren sind geschädigt - die Stimme klingt so komisch. Wo sind wir hier?«
    »Limehouse, Sir«, sagte Fennery fröhlich. Er machte kehrt und watete, den Beutel an sich

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