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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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zuckten, beide schon tot, aber noch aufrechtgehalten von den Geschossen, die sie von beiden Seiten trafen... ein flüchtiger Blick in ein Gesicht hinter einer der Schießscharten, ein Gesicht, das ruhig auf die ordentliche Erledigung eines mäßig schwierigen Auftrags konzentriert war... ein Mamelucken-Bey, blind und tödlich getroffen von einem Querschuß, der bei einer Schläfe hinein und zur anderen hinausgefahren war, der aber noch auf dem Pflaster stand und wilde Säbelhiebe in die Luft schlug, bevor er niederstürzte.
    Doyle wimmerte und drückte seine Stirn gegen den staubigen Stein des Türrahmens, was einen Jungen, der eine Ziegenhaut voll Wasser durch die Gasse trug, zu einem weiteren Ausruf »Melbus!« Anlaß gab.
    Doyle konnte wegen des Rauschens in seinen Ohren nicht viel hören, aber er sah den Jungen aus der Straßenmitte springen und sich drüben gegen eine Wand drücken, und einen Augenblick später kam ein Dutzend Söldner in weißen Röcken durch die Gasse geritten und musterte jede Person; und alle zwölf blickten aufmerksam zu dem unglaublich schmutzigen alten Bettler mit den furchtbar verklebten Wunden an Arm und Bein und Bauch hin, der wimmernd in einem Hauseingang kauerte und einen Stock an sich drückte. Ein paar der Söldner lachten, und einer warf dem Elenden eine Münze zu, aber keiner von ihnen hielt an.
    Als sie um die nächste Ecke geritten waren, hob Doyle die Münze auf, erhob sich und winkte dem kleinen Wasserträger, der herübertrottete und ihn aus dem Hals der Ziegenhaut trinken ließ. Obschon warm und stinkend, spülte das Wasser den Geschmack von Schießpulver aus Mund und Rachen und ließ die gräßlichen Erinnerungen weit genug in den Hintergrund treten, daß er an etwas anderes denken konnte.
    Nun, Amin, dachte er benommen, du hattest in zwei Punkten recht: Ali hatte tatsächlich die Absicht, die Macht der Mamelucken drastisch zu beschneiden, und er hatte nicht vor, vierhundertachtzig bis an die Zähne bewaffnete Mameluckenbeys festnehmen zu lassen Aber du irrtest dich, wenn du dachtest, es sei darum sicher, seiner Einladung zum Bankett Folge zu leisten.
    Er fröstelte und schwitzte zugleich, und sein Arm blutete nach wie vor. Er brauchte Kleider und ärztliche Behandlung - und vielleicht ein wenig Vergeltung. Unten am Nil war ein Mamelukkensitz, das Sommerhaus des Mustafa Bey, wo Mustafas Söhne und Frauen den Tag in Müßiggang verbringen würden. Doyle machte sich dorthin auf. Er hatte ihnen Neuigkeiten mitzuteilen und einen Vorschlag zu machen.

    Obwohl die Sonne gerade erst hinter den Höhen des Mokattam untergegangen war und der Mond wie ein mit Asche bestäubter Penny aus dem tiefblauen Samt des Osthimmels leuchtete, waren die Spitzen der Pyramiden auf der anderen Talseite noch vom Rotgold direkten Sonnenlichts beschienen, und die farbigen Laternen an dem schwerfälligen Fuhrwerk, das eben die Altstadt verließ, waren, zumindest für die nächste halbe Stunde, mehr schmückendes Beiwerk als Notwendigkeit. Die fröhlichen Bänder und Glocken, mit denen das Fuhrwerk großzügig ausgeschmückt war, paßten wenig zu den Mienen der sechs Männer, die darauf saßen - ihre schmallippigen Gesichter waren wie erstarrt, durchzogen von den harten Falten der Müdigkeit, des Kummers und eines tiefen inneren Zornes, dem man nicht durch Rede oder Gebärde Luft machen konnte. Und trotz seines festlichen Äußeren hätte ein scharfäugiger Palastwächter das Fuhrwerk angehalten, denn die rückwärtigen Räder, die am üppigsten mit eingeflochtenen Girlanden verhüllt waren, schnitten eine überraschend tiefe Spur in den Staub, während die vorderen Räder fast darüber hinglitten, und der Teppich, der hinten von der Ladefläche hing und mit seinen Fransen den Boden streifte, schien etwas zu verbergen. Aber kein Wächter würde es sehen, denn die sechs vorgespannten Pferde bogen nach rechts auf die alte Straße zum Karateh, der Nekropole, statt links auf der neuen Straße zu bleiben, die zur Zitadelle führte.
    »Yeminak«, sagte der Mann, der unter der Sonnenabdeckung auf der teppichverhüllten Ladung saß, und der Wagenlenker zog die Pferde auf einen Nebenweg, der rechts abzweigte. »Langsam jetzt. Ich werde es erkennen, wenn ich es sehe.« Mit konzentrierter Aufmerksamkeit betrachtete er die Gräber und Steine, die über das unebene Gelände verstreut lagen. »Dort«, sagte er endlich. »Das mit der Kuppel. Und wie ich gerade sagte, Tewfik, es scheinen keine Wächter dazusein.

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