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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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zuerst nur mit einem Blick gestreift, doch nun starrte er ihn an. Der Mann zwinkerte verwirrt in die vielen unerwarteten Gesichter und machte ein verlegenes Gesicht. In seiner wachsenden Erregung hob Doyle so rasch die Hand, daß der Wirt mitten im Satz abbrach, und er verbeugte sich und sagte zu dem Mann neben Lawrence: »Mr. Coleridge, wenn ich nicht irre?«
    »Ja«, sagte der Mann, »und ich bitte Sie alle um Verzeihung für...«
    »Entschuldigen Sie mich.« Doyle wandte sich zu Lawrence. »Der Junge sagte, es gebe einen freien Speisesaal.«
    »Nun, gewiß, das ist richtig, aber er ist nicht gefegt, und es ist kein Feuer im Kamin, und außerdem hat Mr. Montagu...«
    »Montagu wird es nichts ausmachen.« Er wandte sich zu Darrow, der seine Farbe wiedergewann. »Sicherlich werden Sie etwas Bargeld mitgebracht haben, um in Notfällen einzuspringen, Mr. Darrow«, sagte er. »Und ich denke mir, daß dieser Mann rasch ein Feuer in Gang bringen und uns in diesem Speisesaal bewirten wird, wenn Sie ihm genug dafür bieten. Schließlich muß auch Mr. Coleridge geglaubt haben, daß der Vortrag heute abend stattfinden sollte, und da wir es auch dachten, ist nicht einzusehen, daß wir ihm draußen auf der Straße zuhören sollten, wenn es Wirtshäuser mit ungenützten Räumen gibt. Ich bin sicher«, sagte er zu Lawrence, »daß selbst Mr. Montagu nichts daran auszusetzen haben wird.«
    »Nun«, sagte der Wirt zögernd, »es wird bedeuten, daß ich mehrere meiner Leute von ihren eigentlichen Pflichten werde abziehen müssen... es werden besondere Anstrengungen nötig sein...«
    »Hundert Goldsovereigns!« rief Darrow.
    Lawrence glotzte. »Gemacht«, schnaufte er. »Aber sprechen Sie leise, bitte.«
    Coleridge machte ein entsetztes Gesicht. »Sir, ich kann nicht gestatten...«
    »Ich bin ein abscheulich reicher Mann«, sagte Darrow, der seine Fassung wiedergewonnen hatte. »Geld bedeutet mir nichts. Benner, holen Sie es aus der Kutsche, während Mr. Lawrence uns zum Speisesaal führt!« Er legte Coleridge einen und Doyle den anderen Arm um die Schultern und folgte der katzbuckelnden, geschäftigen Gestalt des Wirtes.
    »Aus Ihrem Akzent schließe ich, daß Sie Amerikaner sind?« sagte Coleridge, ein wenig bestürzt. Doyle bemerkte, daß er die r's betonte; es mußte der Dialekt von Devonshire sein, der nach all diesen Jahren noch herauszuhören war. Irgendwie verstärkte es den Eindruck von Verletzlichkeit, der von Coleridge ausging.
    »Ja«, antwortete Darrow. »Wir sind aus Virginia. Richmond.«
    »Ah. Ich hatte immer den Wunsch, die Vereinigten Staaten zu besuchen. Einige Freunde und ich planten einmal eine Reise dorthin.«
    Der Speisesaal, im rückwärtigen Teil des Gebäudes gelegen, war dunkel und sehr kalt. »Das Ausfegen können Sie sein lassen«, sagte Darrow und machte sich energisch daran, die Stühle von dem langen Tisch zu heben und auf den Boden zu stellen. »Machen Sie Licht hier drinnen, und ein Feuer, und schaffen Sie eine Menge Wein und Branntwein herbei, und es wird uns an nichts fehlen.«
    »Sofort, Mr. Darrow«, sagte Lawrence und stürzte eilfertig hinaus.

    Coleridge nahm einen weiteren Schluck vom Branntwein und stand auf. Er blickte über die Zuhörer hin, deren Zahl jetzt einundzwanzig betrug, weil drei Speisegäste aus einem der anderen Räume gehört hatten, was geboten wurde, und sich der Gruppe angeschlossen hatten. Einer hatte ein Notizbuch aufgeschlagen und hielt erwartungsvoll einen Bleistift bereit.
    »Wie Sie alle mindestens so gut wissen wie ich«, begann der Dichter, »erfuhr der ganze Ton der englischen Literatur mit dem Machtantritt von Cromwells Parlamentspartei, und vor allem, nachdem es den Rundköpfigen trotz der ›Göttlichen Rechte des Königs‹ gelungen war, Karl I. zu enthaupten, eine Veränderung und nahm eine düstere und elegische Note an. Der athenische Glanz der Elisabethanischen Zeit, die eine in unserem Land bis dahin nie gekannte Entfaltung aller Künste umfaßte, machte der Nüchternheit der Puritaner Platz, welche die Extravaganzen ihrer historischen Vorgänger ebenso scheuten wie deren gescheite Einsichten. Nun war John Milton bereits vierunddreißig Jahre alt, als Cromwell an die Macht gelangte, und so kam es, daß seine Denkgewohnheiten, obwohl er die Parlamentspartei unterstützte und die neue Betonung strenger Disziplin und Selbstbeherrschung begrüßte, während des Dämmerlichts der vorausgegangenen Periode ihre Ausprägung erfahren hatte...«
    Im Fortgang seiner

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