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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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mit einem Trupp Bewaffneter werden sie sich nicht einlassen.«
    Doyle blickte mit argwöhnischem Interesse umher, sah die engen Seitengassen und Höfe, die meistenteils in tiefer Dunkelheit lagen, bisweilen aber auch vom Widerschein rauchiger Laternen hinter einer Ecke erhellt waren. Hier gab es viel mehr Straßenverkauf, zumindest zu beiden Seiten der Hauptstraße, und die Kutschen passierten Dutzende von Kaffeebuden, Verkaufsständen mit alten Kleidern und Gemüsekörben, die von furchteinflößenden alten Frauen bewacht wurden, welche Tonpfeifen rauchten und aus schmalen Augen die Menge beobachteten. Manche Leute riefen den vorüberrollenden Kutschen etwas zu, aber der Dialekt war so stark, daß Doyle nur ein gelegentliches »verdammt« oder »verflucht« auffangen konnte, doch hörte sich der Tonfall eher scherzhaft als drohend an.
    Er blickte zurück, dann zupfte er Benner am Arm. »Wollte Sie nicht erschrecken«, sagte er schnell. »Sehen Sie das Fuhrwerk hinter uns - hinter dem Kartoffelkarren? Das Ding mit dem Verdeck. Es ist hinter uns, seit wir in die Bayswater Road eingebogen sind.«
    »Wir sind seitdem nur einmal abgebogen, in Gottes Namen«, knurrte Benner ungeduldig. Aber er wandte den Kopf. »Nanu, das ist...« Plötzlich machte er ein nachdenkliches Gesicht. »Ich glaube, es ist ein Zigeunerwagen.«
    »Wieder Zigeuner«, sagte Doyle. »Die waren nicht - ich meine, gewöhnlich kommen sie nicht oft in große Städte, nicht?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Benner. »Ich bin nicht einmal sicher, daß es ein Zigeunerwagen ist, aber ich werde Darrow davon unterrichten.«
    Die Straße wurde schmaler und dunkler, als sie die St. Martins's Lane hinunterratterten und an der hohen alten Kirche vorbeifuhren, und die Gruppen von Männern, die sie aus niedrigen, trübe beleuchteten Hauseingängen beobachteten, bewirkten, daß Doyle über Benners Bewaffnung froh war; dann wurde die Straße breiter und mündete wieder in Licht und Festlichkeit, als sie auf den Strand kamen, einen breiten Boulevard. Benner steckte seine komplizierte Pistole wieder in ihren Beutel.
    »Unser Ziel ist gleich um die Ecke«, sagte er. »Und ich habe Ihren Zigeunerwagen seit einer Weile nicht mehr gesehen.«
    Zwischen zwei Gebäuden gewann Doyle einen flüchtigen Blick auf die im Mondlicht glitzernde Themse. Es schien ihm, daß eine Brücke fehlte, die er dort bei seinem Besuch im Jahre 1979 gesehen hatte, aber ehe er Zeit hatte, sich einigermaßen zu orientieren, waren sie in eine kleine Nebenstraße gebogen und hielten vor einem zweistöckigen Fachwerkgebäude, über dessen offenem Eingang ein Wirtshausschild hing. Zur Krone und Anker, las Doyle.
    Regentropfen aus einer unbemerkt aufgezogenen Wolke zerplatzten auf den staubigen Pflastersteinen, als die Gäste aus den Kutschen kletterten. Darrow, die Hände in einem Pelzmuff vergraben, ging zum Kutscher des vorderen Wagens und nickte ihm zu. »Stellen Sie die Wagen in der Nähe ab! Die Kutscher bleiben draußen, alle anderen gehen mit hinein. Vorwärts!« Und er führte den stattlichen Trupp von siebzehn Personen in die Wärme des Wirtshauses.
    »Großer Gott, Sir«, rief der Junge aus, der ihnen entgegengeeilt kam. »Sind Sie alle zum Abendessen gekommen? Hätten uns im voraus benachrichtigen sollen, die Herren, dann hätten wir den rückwärtigen Speisesaal geöffnet. Aber sehen wir, ob genug Stühle im Schankraum sind, und...«
    »Wir sind nicht zum Abendessen gekommen«, sagte Darrow ungeduldig. »Wir sind hier, um Mr. Coleridge zu hören.«
    »In der Tat?« Der Junge wandte sich um und rief durch den Gang: »Mr. Lawrence! Hier sind noch eine Menge Leute, die dachten, daß der Dichterkerl diesen Samstag hier sprechen sollte!«
    Jegliche Farbe wich aus Darrows Gesicht und plötzlich war er ein sehr alter Mann in lächerlichem Aufputz. Der Muff fiel ihm von den Händen auf den Hartholzboden. Niemand sprach, aber Doyle spürte, wie unter dem Schock und der Enttäuschung ein Anfall hysterischen Gelächters in ihm zu kritischer Masse anschwoll.
    Ein verhärmt aussehender Mann, gefolgt von einem dicklichen älteren Knaben mit langem grauen Haar, eilte herbei. »Ich bin Lawrence, der Wirt«, sagte er. »Mr. Montagu hat den Vortrag auf nächsten Samstag, den 8. Oktober festgesetzt, und ich kann nichts dafür, daß Sie alle heute abend gekommen sind. Mr. Montagu ist nicht hier, und er wird außer sich sein, wenn...«
    Doyle hatte den untersetzten, kränklich aussehenden Mann an Lawrences Seite

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