Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
Hand zur Seite gerissen und aus dem Kreis zur Reling gezerrt. Dort drehte er sich um und sah sich Argaol gegenüber. Die Miene des Kapitäns war grimmig.
»Hör zu«, murmelte er, »du weißt, dass ich kein Blasphemiker bin.«
»Ja …?«
»Und du weißt auch, dass mir nicht sonderlich viel an dir liegt.«
»Oh … Ja.«
»Aber ich wäre kein Anhänger von Zamanthras, wenn ich dich losschicken würde, ohne dir zu raten, einen klügeren Kurs einzuschlagen.« Er deutete zu dem dümpelnden Beiboot hinab. »Ich habe den Jungs befohlen, euch die Seekarten mitzugeben. Es gibt etliche Inseln, die sicherer sind als Ktamgi, und wo ihr an Land gehen könnt.«
»Aber auf Ktamgi ist …«
»Ich bin kein Idiot, Junge! Ich weiß sehr genau, was auf Ktamgi ist.« Er seufzte und legte dem jungen Mann eine Hand auf die Schulter. »Genau darauf will ich ja hinaus. Niemand könnte es euch verübeln, wenn ihr euch einfach nur einen anständigen Platz sucht, wo ihr euch hinhockt und die sechs Tage abwartet, bevor ihr nach Teji segelt. Geht diesem Dämon aus dem Weg, vergesst die Fibel und rettet euer Leben.«
»Das klingt ein bisschen sentimental für einen Mann, der mir vorher noch den Tod gewünscht hat.« Lenk hob fragend eine Braue.
»Und wenn ihr es schafft, durch eure eigene Idiotie zu verrecken, wird die Welt weder einen noch sechs Abenteurer vermissen«, gab Argaol zurück. »Aber…« Er biss die Zähne zusammen. »Ich konnte gestern Nacht nicht schlafen. Ich habe ständig Mossud vor mir gesehen, immer wieder, das, was aus ihm geworden ist.« Seine Augen waren rot gerändert, und er hatte dunkle Tränensäcke. »So ein Los wünsche ich niemandem, schon gar nicht jemandem, der, das muss ich zugeben, mir in der Vergangenheit geholfen hat. Wir wären vielleicht versenkt worden, wenn du und deine Jungs nicht gewesen wären.«
Lenk war sich unschlüssig; sein erster Impuls war, die
Hand des Kapitäns wegzuwischen, irgendetwas Schlaues zu erwidern und dann in dem Bewusstsein, das letzte Wort zu haben, davonzugehen. Sein zweiter Impuls war zu nicken, dem Kapitän für seinen Rat zu danken und genau diesen Rat später in die Tat umzusetzen.
Er entschied sich für den dritten und am wenigsten befriedigenden Impuls.
»Ich habe nicht viele Möglichkeiten, Kapitän«, sagte er leise, damit seine Gefährten ihn nicht hören konnten. »Ich habe kein Schiffsunternehmen, keinen Hof, kein Geschäft, nichts, was mir auch nur im Entferntesten ein anständiges Leben ermöglichen würde, wenn ich nicht das Gold für dieses Abenteuer bekomme.«
»Keine Summe Goldes kann einen Tod wie den von Mossud aufwiegen.«
»Es geht nicht um das Gold.« Lenk antwortete so schnell, dass es ihn selbst überraschte. »Jedenfalls … nicht nur um das Gold. Es geht auch um den Dämon. Ich muss … ich muss ihn aufspüren. Ich muss ihn töten.«
»Du hegst da gefährliche Gedanken, Junge.« Der Kapitän verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Willst du wirklich behaupten, dass du diesem Dämon nur aus Spaß nachjagst und dir dabei nicht in die Hosen machst?«
Lenk wollte antworten, aber ihm fiel nichts auch nur halbwegs weniger Verrücktes ein. Also seufzte er nur, rollte mit den Schultern und grinste den Kapitän schief an. Argaol starrte ihn einen Moment lang entsetzt an.
»Ich sage das nur noch einmal, weil ich stark vermute, dass du deine Meinung ändern wirst, wenn dir deine Lage wahrhaftig bewusst wird, Junge«, zischte er. »Wenn du weißen Sand siehst, kehr um, und zwar schleunigst.«
Argaol vergeudete keine weitere Sekunde an eine Unterhaltung, die offenkundig vollkommen verrückt war, machte auf dem Absatz kehrt und ging zu seinen Männern zurück.
»Worum ging es?«
Der junge Mann schrak beim Klang der Stimme nicht zusammen;
er hatte Katarias Blick auf sich gespürt, seit Argaol ihn zur Seite genommen hatte.
»Gute Wünsche«, antwortete er, ohne sich umzudrehen.
»Beleidige mich nicht«, knurrte Kataria.
»Du hast recht, entschuldige.« Lenk seufzte und ließ den Kopf hängen. »Argaol hatte noch ein paar letzte Worte für mich.« Er blickte hoch. Kataria stand bereits neben ihm und sah zum Horizont. Er folgte ihrem Blick.
»Kannst du Ktamgi wirklich sehen?«
»Ganz schwach.« Ihre Pupillen weiteten sich und dehnten sich über ihre ganzen Augäpfel aus, als sie die Insel suchte. »Sie ist wirklich sehr weit entfernt. Bei dem Wind werden wir ein paar Tage bis dorthin brauchen.«
»Wir haben unseren eigenen
Weitere Kostenlose Bücher