Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
Wind.«
»Mmh.«
Sie blieben einen Moment nebeneinander stehen. Lenk konnte nicht wegsehen, als der Wind auffrischte und die Federn der Shict um ihre Wangen spielten. Sie liebkosten ihre Haut, so wie die goldenen Locken, die in der Brise wehten. Er biss die Zähne zusammen und machte ein Gesicht wie damals, als er einen Pfeil aus seinem Schenkel gezogen hatte.
»Kat, ich möchte …«
»Ich lieber nicht«, antwortete sie.
Damit entfernte sie sich und kehrte zu ihrem Platz zwischen Asper und Gariath zurück. Lenk sah ihr einen Moment nach, bevor er sich zwang, sich umzudrehen. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, ihr hinterherzugaffen. Er beugte sich über die Reling und spähte nach Norden.
Merkwürdig, dachte er, dass Ktamgi, eine Insel, die kaum mehr als ein ferner schwarzer Punkt am Horizont ist, sich so drohend vor uns erheben kann.
Das Beiboot durchpflügte die Wellen wie ein übereifriges Kind. Sein Segel knatterte im Wind, und es glitt anmutig und elegant über Wellen und Gischtkronen.
Lenk nahm sich vor, es später zu genießen.
Im Augenblick bestand seine Welt nur aus Holz. Er umklammerte mit schmerzhaftem Griff die Reling des Bootes, und seine Knie zitterten in ekelhaftem Einklang mit seinem sich verkrampfenden Magen. Sein Mittagessen kam ihm jetzt protestierend zum sechzehnten Mal hoch, und er konnte es gerade noch zurückhalten, als sie über die nächste Welle kippten. Einer Ohnmacht nahe wurde ihm das Wiederkäuen von Dörrfleisch und Früchten erspart, als ihn eine Gischtwolke mitten ins Gesicht traf.
»Das passiert dir jetzt schon zum vierten Mal!«
Lenk richtete seinen finsteren Blick, der durch nasse silberne Haarsträhnen verdeckt wurde, zum Bug des Beibootes. Dort stand Kataria perfekt ausbalanciert auf dem Rand, und ihr aufreizendes Grinsen strahlte mit der drückenden Sonne um die Wette.
»Halt’s Maul!«, antwortete Lenk gereizt.
»Du würdest nicht so oft nass gespritzt werden, wenn du dein Gesicht nicht ständig über die Seite halten würdest«, tadelte sie ihn. »Obwohl ich nicht wirklich erwarte, dass du verstehst, dass Wasser nass ist.«
»Wenn du gern mein Mittagessen aufwischen willst, nachdem ich es auf den Planken verteilt habe, bist du herzlich eingeladen.« Er sah sie höhnisch an, vor allem, um seine elende Miene zu verbergen. »Vielleicht findest du sogar noch einen Moment Zeit, um dich erst darin zu wälzen.«
»Ich habe nicht gewusst, dass du seekrank wirst.« Die Shict ließ sich nicht anmerken, ob sie die Beleidigung gehört hatte. Sie legte den Kopf auf die Seite. »Wo war denn diese innige Liebe zur Seefahrt, als wir auf der Gischtbraut waren?«
»Unter Deck begraben«, erwiderte Lenk scharf. »Da ich hier jedoch keinerlei Privatsphäre habe, ist mir das große Vergnügen beschieden, dir zuhören zu müssen, während ich …«
Sein Sarkasmus blieb ihm im Hals stecken, erstickt von einer wahren Flut von halb verdautem Fleisch. Reaktionsschnell beugte er sich über Bord.
»Wenn du dich etwas angegriffen fühlst, könnte ich Dreadaeleon bitten, die Geschwindigkeit zu verringern«, meinte Kataria. Es hörte sich nicht sonderlich freundlich an.
»Ich bezweifle, dass er auf dich hören wird.«
Sie blickten beide zum Heck und musterten die dürre Gestalt, die in einen Mantel gehüllt auf der einzigen Bank saß. Der Jüngling hatte die Beine gekreuzt und die Finger zu einer Geste verschlungen, die zu schmerzhaft aussah, als dass man den Wunsch verspürt hätte, sie nachzuahmen. Dreadaeleon hatte die Augen fest zusammengekniffen, und seine Lippen bewegten sich, während er unverständliche Worte murmelte.
Über seinem Kopf schimmerte die Luft, und die Segel blähten sich bei jedem Zucken seines Mundes. Hinter ihm versuchten Denaos und Gariath mit vereinten Kräften, trotz der Wucht des künstlichen Windes die Kontrolle über die Ruderpinne zu behalten. Der Assassine wirkte alles andere als erfreut über diese Aufgabe; vielleicht lag es an der Nähe zu dem Drachenmann, möglicherweise aber auch daran,
dass ihm die Mantelschöße des Jünglings ins Gesicht schlugen.
»Ein Glück, dass dieses Beiboot so klein ist, dass er es bewegen kann.« Kataria lächelte den Magus an. »Ich wette, nicht mal das Abysmyth kann so schnell schwimmen.«
»Ja … ein Glück.« Lenk gelang es nur knapp, der nächsten Welle auszuweichen. »Umso schneller werden wir von ihm gefressen.« Seine Wangen blähten sich auf. »Und ich werde derweil in meine eigenen Säfte
Weitere Kostenlose Bücher