Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
seinem Gefährten dafür gedankt, dass er Hilfe abgelehnt hatte, wenn dieser es aus Großmut getan hätte. Sie hatten nicht mehr viele medizinische Vorräte, um Verletzungen zu behandeln.
Asper hatte viele Verbände für seinen Arm und viel Salbe für Denaos’ Kratzer gebraucht. Doch die meiste Hilfe hatte die Priesterin der Person angedeihen lassen, die diesen Schiffbruch überhaupt verursacht hatte. Lenks Augen zogen sich vor Wut zu schmalen Schlitzen zusammen, als er ein Stück weiter den Strand heruntersah.
Dreadaeleon saß mit dem Rücken an einen Felsen gelehnt. Er hatte eine Platzwunde an der Schläfe, und Asper hockte neben ihm und wickelte ihm einen Verband um den Kopf. Einen sehr dicken Verband, dachte Lenk grimmig, viel zu groß, um ein so kleines Hirn zu schützen.
Selbst jetzt noch hielt der Magus seinen Kopf zwischen
den Händen, während er wie ein verwöhnter Säugling an dem Felsen lehnte. Lenk biss die Zähne so fest zusammen, dass sie fast Funken schlugen. Er spürte, wie er die Hände zu Fäusten ballte, ungeachtet des Schmerzes, den das in seinem verletzten Arm auslöste. Kataria bemerkte, wie sein Zorn anschwoll, und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
»Beruhige dich«, sagte sie tröstend. »Er hat dir doch schon gesagt…«
»Er hat mir gar nichts gesagt«, unterbrach Lenk sie schneidend. »Wenn wir seinetwegen schon auf einer gottverdammten Insel festsitzen und verhungern müssen, will ich wenigstens wissen, warum!«
Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern stürmte mit großen, wütenden Schritten zu dem Felsen, an dem der Jüngling hockte. Neben Dreadaeleon blieb er stehen, verschränkte die Arme und richtete seinen finsteren Blick auf den Magus. Asper sagte nichts, sondern beendete ruhig die Behandlung ihres Patienten, obwohl ihre Hände unter Lenks eisigem Blick etwas zitterten.
»Also?«, schnarrte Lenk nach kurzem Schweigen.
»Also was?« Dreadaeleon hielt die Augen geschlossen.
»Also, wie geht es deinem kleinen Kratzer, du armes kleines Lämmchen?«, fragte Lenk mit beißendem Hohn. »Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?«
»Also, ich weiß nicht«, schoss der Magus giftig zurück. »Ich dachte wohl: Ich wette, Lenk wird es komisch finden, wenn ich das Boot zerlege.« Er schnaubte. »Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich nicht weiß, was passiert ist!«
»Wie kann das sein?«, stieß der junge Mann hervor. »Wie kannst du nicht wissen, was du tust?«
»Die Komplexität meines Geistes ist so ungeheuerlich, dass sie sehr gut bewirken könnte, dass dein Verstand explodiert, dir aus den Ohren läuft und eine Pfütze vor deinen Füßen bildet.« Er hob die Nase. »Es genügt zu sagen, dass ich sehr genau wusste, was ich tat, dass ich mir nur nicht sicher war, warum ich es tat.«
»Oh, also, Khetashe sei Dank für diesen bedeutsamen Unterschied!«
»Lenk.« Kataria trat vorsichtig neben ihn. »Du weißt doch, dass Dread so etwas nicht absichtlich machen würde.«
»Ich würde gern wissen, aufgrund wessen Absicht er es dann getan hat«, knurrte der junge Mann und warf der Shict einen kurzen Seitenblick zu.
Trotz der Proteste seines Gewissens war seine Wut bar jeden Mitgefühls und jeder Logik. Es kostete ihn seine ganze Willenskraft, dem Magus nicht bei lebendigem Leib die Haut abzuziehen und damit das Loch des Beibootes zu reparieren.
»Ich bin nicht sicher, was geschehen ist«, sagte Dreadaeleon und öffnete endlich die Augen, um Lenk anzusehen. »Ich habe mich darauf konzentriert, das Schiff zu bewegen, wie du es von mir verlangt hast, als ich plötzlich … etwas hörte.«
»Du hast etwas gehört?« Lenk verzog verwirrt das Gesicht. »Wenn du dich konzentrierst, hörst du nicht einmal ein Massaker, das zwei Zentimeter vor deiner Nase stattfindet!« Er sog scharf die Luft durch die Nase ein und sah Kataria an. »Das weiß ich aus eigener Erfahrung.«
»Waschlappen«, knurrte Kataria.
»Es war kein Geräusch in meinen Ohren«, sagte Dreadaeleon leise. »Es war … in meinem Kopf.«
»Du bist also einfach nur verrückt geworden?«
»Nein, Lenk.« Asper blickte hoch. »Ich … ich habe es auch gehört.«
»Tatsächlich?«, fragte Lenk, mehr aus Sarkasmus als aus echter Neugier. »Dann erklär mir, warum du nicht verrückt geworden bist.«
»Sie ist für Magie nicht empfänglich«, antwortete Dreadaeleon an ihrer Stelle. »Ich schon.«
»Wenn sie nicht empfänglich für Magie ist, wie konnte sie es dann überhaupt hören?«
»Das weiß ich nicht.«
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