Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
Vom Netzwerk:
verschwommen, und sämtliche Geräusche verstummten vor dem Klingeln in seinen Ohren.
    Alle Geräusche.
    Bis auf eines.
    Zunächst war es ganz schwach, ein langsames, sanftes Wiegen des Windes, eine Stimme, die auf einer Brise herangetragen wurde, die er nicht spürte. Langsam wurde sie lauter, schien seine Ohren zu versengen, als sie das Klingeln in seinen Ohren übertönte.
    So vertraut . Er konnte den Gedanken kaum formulieren, gefangen zwischen der Sinfonie und dem Chaos, das in seinem Hirn murmelte. Ich habe es schon einmal gehört, das weiß ich.
    Es kam näher und wurde stärker, war etwas zwischen einem Summen und einem Schnurren, wurde zu einem leisen Pfeifen und einem atemlosen Keuchen. Kurz darauf begann es zu klimpern, als wäre es ein Edelstein aus Klang, der in winzige euphorische Kristalle geschnitten wurde.
    Ein Lied ohne Worte, dachte er, so hübsch … so hübsch …
    Sein ganzer Körper war jetzt gefühllos. Es schmerzte nicht mehr, wenn er blinzelte; dass er nicht mehr atmen konnte, bekümmerte ihn nicht weiter. Er verlor sich in dem Lied und vergaß die Qualen, während er der entzückenden Stimme lauschte.
    Ah, jetzt erinnere ich mich. Er nickte schwach. Im Boot … sie ruft mich erneut.
    Und er ließ sich rufen, glitt in die Finsternis. Sein Blickfeld wurde dunkel, er schloss die Augen, damit nichts anderes auf der Welt noch eine Rolle spielen konnte, nicht einmal der Schatten, der sich über ihn schob, oder die kalte hellhäutige Hand, die nach ihm griff, während er regungslos im Sand lag.

»Sie spricht jetzt so klar.«
    Wäre er noch zu erschüttern gewesen, hätte Lenk zweifellos bei dem nahezu orgiastischen Seufzer des Abysmyth die Nerven verloren. Doch jegliche Empfindung war schon lange abgestumpft, erstickt von dem Schwarm der Omen, die eifrig an den Leichenteilen zerrten, die auf dem Boden verstreut lagen. Sie zerfetzten sie mit ihren Zähnen, schlürften mit ihren inneren Lippen lange Streifen fettigen Fleisches auf, während sie schnatternd ihren Dank über das großartige Mahl äußerten, das ihnen serviert worden war.
    »Wir können Sie hören«, sangen sie zwischen den Bissen, »und deshalb sind wir gesegnet. Wir hören Sie.«
    Das Abysmyth schüttelte daraufhin seinen kolossalen Schädel.
    »Aber dennoch liegt keine Tugend darin, Ihren Namen vom Chor gesungen zu hören.« Langsam richtete es den Blick seiner großen, leeren Augen auf Lenk. »Und du? Hörst du Sie ebenfalls, mein Sohn? Sind deine Ohren befreit worden?«
    »Antworte nicht!«, stieß die Stimme in seinem Kopf hervor. »Denn es will eine Antwort.«
    »Warum?« Er konnte seinem unsichtbaren Gefährten die Frage nur mit Mühe zuflüstern.
    »Es ist eine Missgeburt, und wie alle Missgeburten weiß es,
dass es nichts ist. Es ist ein Prediger, und wie alle falschen Prediger giert es nach Wertschätzung. Es gehört nicht in diese Welt. Also braucht es einen Grund für seine Existenz.«
    »Und wir«, murmelte Lenk, »sind dieser Grund?«
    »Nein«, antwortete die Stimme. »Wir sind der Grund dafür, dass es heute stirbt. «
    »Das sagst du dauernd, aber wie? Wie sollen wir es töten?«
    »So, wie wir alles andere ebenfalls töten.«
    Lenks Blick glitt zu dem armlosen Mann, der immer noch von den Klauen des Abysmyth herunterbaumelte; seine Lider zuckten, als er versuchte, die Augen durch den Schmerz hindurch lange genug offen zu halten, um sein lautloses Flehen an Lenk zu unterstreichen: Töte mich, töte mich, töte mich. Sein wortloser Gesang glich dem der Omen: sich wiederholend, monoton und schmerzhaft anzuhören beziehungsweise anzusehen.
    »Können wir …?«
    »Er ist verloren« , unterbrach die Stimme ihn hochmütig. »Und außerdem ist er für uns nutzlos.«
    »Aber wir können nicht einfach …« Lenk versuchte, einen Schritt zu machen.
    »Doch, genau das werden wir.« Er spürte, wie das Bein unter ihm gefühllos wurde.
    »Ich werde nicht …« Er packte sein Schwert fester.
    »Wir werden.« Die Waffe fühlte sich wie ein Bleigewicht an, während sie nutzlos an seiner Seite herunterhing.
    »Mein Sohn«, gurgelte das Abysmyth beinahe mitfühlend. »Fürchte nicht, was deine Augen heute mit ansehen mussten.« Es hob einen Finger mit Schwimmhäuten und wackelte damit. »Denn die Augen sind es, die dich schwächen. Durch deine Ohren wirst du deine Erlösung finden.«
    »Nein …«
    Das Wort kam zu leise aus Lenks Mund; seine Zunge war vor Furcht wie gelähmt, als er sah, wie der Dämon den Arm zu seinem

Weitere Kostenlose Bücher