Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
Wahrsagerei.« Seine Stimme klang so stolz, dass Gariath förmlich spürte, wie das Lächeln des Jünglings seinen Rücken versengte. »Du weißt schon, die Kunst des Suchens. Bei den Magiern des Venarium wird das nur ein paar Wochen studiert, weil sie es nicht sonderlich hoch achten, aber es ist durchaus nützlich.«
Gariath blieb stehen, und seine Ohrlappen zuckten leicht.
»Magie«, fragte er, »kann verlorene Dinge finden?«
»Die meisten verlorenen Dinge, ja.«
Als der Drachenmann sich zu Dreadaeleon herumdrehte, sah der Jüngling plötzlich einen vollkommen anderen Gariath vor sich. In diesem einen Moment hatte sich das Gesicht des rothäutigen Hünen dramatisch verändert. Die Falten, die auf ewig in ein Gesicht eingegraben zu sein schienen, das eine permanente Wut ausdrückte, hatten sich geglättet. Seine Lippen hatten sich entspannt und bedeckten seine Zähne.
Und bis jetzt hatte Dreadaeleon noch nie etwas in den
Augen seines Gefährten erkennen können, so schmal und schwarz waren sie gewesen. Jetzt waren sie groß, weit aufgerissen, und in ihnen glitzerte etwas anderes als mühsam beherrschte oder unbeherrschte Wut, als ihr Blick sich mit einem Fingerbreit Abstand zwischen ihren Gesichtern in Dreadaeleons Augen bohrte.
»Wie funktioniert das?«, knurrte Gariath.
»Also… ja …« Der Jüngling suchte nach Worten, angesichts dieser neuen, weniger reptilienhaften Miene. »Es ist eine relativ einfache Kunst, was, wie ich sagte, der Grund dafür ist, dass sie eine so niedrige Stellung in der Hierarchie der Magie einnimmt.« Er zählte an seinen dünnen Fingern ab. »Den ersten Rang nehmen die fünf Edlen Schulen ein: Feuer, Eis, Elektrizität, Kraft und …«
»Sag mir, wie es funktioniert.«
Gariath stellte keine Forderung, jedenfalls nicht sonderlich nachdrücklich. Sein Ton war so sanft und liebenswürdig, dass Dreadaeleon vollkommen verblüfft blinzelte.
»Ich brauche nur einen Fokus«, antwortete er so zuversichtlich, wie er konnte. »Etwas, das ein Teil der Rhega ist.«
In Gariaths Gesicht zuckte es. »Etwas, das Teil der Rhega ist.«
»Genau.« Dreadaeleon nickte und riskierte ein Lächeln. »Wenn ich etwas habe, worauf ich meinen Fokus richten kann, etwas, das die Signatur der Rhega trägt, sollte es uns zu weiteren Rhega führen.«
»Einfach so?«
»Einfach so.«
Dreadaeleon hatte kaum Zeit, die Augen zu schließen, als die Faust auch schon in sein Gesicht krachte. Seine Zähne krachten aufeinander wie ein herabsausendes Fallgitter. Seine Mantelschöße flatterten hinter ihm her wie schmutzig braune Schwingen, als er durch die Luft flog, bevor er im Sand landete und durch die Wucht seiner Landung eine flache Furche hinterließ, bevor er schließlich recht unwürdig zum Stehen kam.
Er hörte den Donner von Gariaths Schritten, noch bevor er die Klauen spürte, die um seinen Hals griffen und ihn hochhoben. Ihm schwindelte, und in seinen Ohren klingelte es, sowohl von der Magier-Migräne als auch von Gariaths wuchtigem Schlag. Seine Augen rollten in ihren Höhlen, sodass er den riesigen rot-weißen Fleck vor sich kaum erkennen konnte.
»Es gibt keine weiteren Rhega «, knurrte Gariath. »Dafür hat deine widerliche Brut gesorgt.« Sein heißer Atem, mit dem er die wütenden Worte hervorstieß, hätte Dreadaeleon erstickt, wenn er hätte Luft holen können. »Und jetzt willst du mit deiner schwächlichen, dreckigen Magie auf ihr Andenken pinkeln? EINFACH SO? «
Der Schrei des Jünglings erstickte im Sand, in den Gariath ihn schleuderte. Bei dem Schmerz, der wie Alarmglocken durch seinen Körper hallte, wirkte der boshafte Tritt, den der Drachenmann ihm in die Flanke versetzte, nur noch wie ein blutiges Komma in einem wütenden Satz.
»Es gibt keine weiteren Rhega «, wiederholte Gariath. »Einfach so.«
Die Schritte des Drachenmannes klangen in seinen Ohren schwach wie die eines Geistes, und Gariaths Umriss wirkte vor den Augen des Magus undeutlich. Dreadaeleon versuchte, etwas zu sagen, versuchte, die Frage herauszuquetschen, womit er diese Prügel verdient hatte, irgendeine Entschuldigung zu äußern oder vielleicht nur ein Flehen um Hilfe hervorzustoßen, als er spürte, wie etwas in ihm schrumpfte, während die Luft aus seinen Lungen wich, ohne zurückzukehren.
Er hatte nicht mehr genug Kraft, zu fragen oder zu flehen. Die Gestalt des Drachenmannes verschwand in der Ferne, während er davonmarschierte. Seine Schritte waren geräuschlos, so wie alles andere auch. Die Welt wurde
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