Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
hinüber, der seinen Blick auf den Dschungel richtete, die Schnauze hob und mit geweiteten Nüstern witterte.
»Vier Stunden, seit sie hineingegangen sind«, wiederholte sie.
Gariath bemerkte offenbar, dass sie sich nicht damit zufriedengeben würde, ihre Fähigkeit, die Zeit zu berechnen zu zeigen, fächerte seine Ohrlappen gereizt auf und musterte sie wütend.
»Und?«
»Sollten sie nicht längst wieder hier sein?«, erkundigte sie sich.
»Wäre ich mit ihnen gegangen, wären sie es«, schnaubte er. »Da ich jedoch hier bin, werden ihre Leichen vielleicht in ein oder zwei Tagen an den Strand gespült.«
»Bist du höhnisch«, Asper funkelte ihn an, »oder nur gefühllos?«
»Mir war nicht bewusst, dass ich zwischen diesen beiden Eigenschaften zu wählen habe«, antwortete er und konzentrierte sich wieder auf den Dschungel.
Sie hätte gern vorgeschlagen, dass sie ihnen in die Festung folgten, schließlich waren sie Gefährten, aber sie behielt diese Worte klugerweise für sich. Warum auch immer Lenk beschlossen hatte, nur mit Kataria und Denaos als Verstärkung in den Turm zu gehen, den beiden möglicherweise am wenigstens verlässlichen Gefährten, er hatte gewiss einen Grund dafür.
Und es erschien ihr auch nachvollziehbar, da die beiden anderen Mitglieder ihrer kleinen Truppe noch weniger interessiert zu sein schienen. Dreadaeleon saß etwas weiter weg am Strand und unterhielt sich angeregt mit Grünhaar, die bis jetzt ebenfalls nicht die geringste Sorge gezeigt hatte, obwohl sie am besten zu wissen schien, was in dem Turm vorging. Ihre Teilnahmslosigkeit schien den Jüngling infiziert zu haben; er hatte sich nicht gerührt, seit er die Omen mit seinem Glamer lange genug weggelockt hatte, dass Lenk und die anderen unbemerkt in die Festung gelangen konnten.
Was dagegen Gariath anging, musste Asper zugeben, dass es sie ein wenig überrascht hatte, wie ruhig er es aufnahm, zurückgelassen zu werden. Dennoch wirkte der Drachenmann noch gleichgültiger als die anderen. Das war eigentlich verblüffend, wenn man seine Gier zu töten in Rechnung stellte. Doch selbst diese Mordlust schien gedämpft zu sein, während er in den Dschungel starrte und tief inhalierte.
In den ersten drei Stunden hatte sie sich damit zufriedengegeben, ihm alle Eigenheiten zuzubilligen, die einem auf zwei Beinen laufenden Reptil zustehen mochten, aber nachdem er sich die ganze Zeit nicht gerührt hatte, hielt sie es nicht mehr aus.
Sie ging einen Schritt auf ihn zu. »Was machst du eigentlich da?«
»Ich versuche, dich zu ignorieren«, antwortete er ruhig. »Aber ich nehme an, die Geister lieben mich heute wohl nicht.«
»Erlauben es dir diese Geister auch, so gelassen zu bleiben,
während deine Freunde im Turm möglicherweise gerade niedergemetzelt werden?« Sie deutete nachdrücklich auf Eisentrutz. »Ich muss zugeben, dass mich das schon neugierig macht.«
»Erstens sind sie nicht alle meine Freunde«, erwiderte er grollend. »Zweitens haben die Geister nicht viel für schwache und hässliche Kreaturen übrig.« Er rollte die Schultern. »Die Geister beschützen die Starken. Lenk ist stark. Er wird überleben.«
»Und die anderen?«
»Tot«, gab er zurück. »Die Spitzohrige stirbt vielleicht schneller als die Ratte, falls die Geister ihr wohlgesinnt sind.«
»Ich … verstehe. Also…« Sie beschloss, das Thema zu wechseln, und sei es nur, um ihre Gedanken davon abzulenken, welche Körperteile ihren Freunden vielleicht gerade aus ihren Leibern gerissen wurden. »Sind es … die Geister, die du witterst?«
»Sei nicht dumm«, sagte er und inhalierte. »Ich rieche eine Erinnerung.«
»Oh … klar, ich nehme an … das ist … logisch.« Sie kratzte sich den Kopf. »Was sind diese Geister überhaupt?«
»Das würdest du nicht verstehen.«
»Nein, selbstverständlich würde ich das nicht.« Sie verdrehte die Augen. »Vielleicht bin ich die einzige Person von weltlichem Glauben unter dieser ganzen gottlosen Bande von Heiden, und natürlich kann ausgerechnet ich niemals die Religion einer auf zwei Beinen laufenden blutrünstigen Echse verstehen.«
»Genau, kannst du nicht.« Der Tonfall des Drachenmannes war angesichts Aspers Beleidigung vergleichsweise gelassen.
Vielleicht ist er ja auch abgelenkt, dachte die Priesterin. Jedenfalls unterdrückte sie den Impuls, wegzulaufen.
Gariath atmete tief ein. »Es ist keine Religion.«
»Was ist es dann?«
»Lebe gut, beschütze die Familie«, knurrte Gariath. »Und ehre die
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