Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
das ruhig weiter ein, dachte er. Irgendwann wirst du es glauben. Er beugte sich vor und achtete darauf, dass die Shict seine verbitterte Miene nicht sah, sein Seufzen nicht hörte. Dreh dich nicht um!, ermahnte er sich. Dreh dich nicht um. Sie verdient keinen zweiten Blick. Keiner von ihnen hat einen verdient. Du hast es ihnen gesagt, du hast sie gewarnt. Sie haben nicht auf dich gehört, und jetzt ist es genauso gekommen.
Es ist nicht deine Schuld.
Er blieb am Rand des Wassers stehen und wurde blass, als er sah, wie schwarz es war. Allerdings war es nicht annähernd schwarz genug, um das finstere Gesicht zu verbergen, das es reflektierte.
Nein … ich glaube es immer noch nicht.
Seine Gedanken wurden von dem singenden Geräusch einer Bogensehne unterbrochen, die gespannt wurde. Denaos musste zugeben, dass ihn der Anblick von Kataria, deren Augen ihn wie giftige Schlitze über einer funkelnden Pfeilspitze anstarrten, nicht unerwartet traf.
»Kein Clanmitglied wird zurückgelassen«, schnarrte sie. »Niemals!«
Immer ruhig, mein Alter, sagte er sich und hob friedfertig die Hände. Sie hat offenkundig den letzten Rest ihres ohnehin winzigen Verstandes verloren.
»Müssen wir das ausgerechnet jetzt besprechen?«, erkundigte er sich jammernd.
Brillant!
»Wir hätten das bereits vor langer Zeit regeln sollen«, zischte sie und zog das gefiederte Ende des Pfeils an ihre Wange. »Ich habe viel zu lange unter deiner kranken Spezies gelebt. Ich wollte unbedingt glauben, dass die Geschichten, die mein Vater mir erzählt hat, nicht stimmen.« Denaos bemerkte eine winzige Träne, die sich in ihren Augenwinkel stahl. »Ich wollte es unbedingt glauben.«
Süßer Silf, sie ist vollkommen verrückt geworden. Verrückt, dachte er, und sehr aufmerksam. Seine Hände zuckten, und er tastete nach dem Dolch in seinem Gürtel. Sie reagierte, spannte den Bogen noch stärker und biss die Zähne zusammen.
»Aber jedes Mal, wenn ich es versuche, erweisen sich die Legenden als wahr, jede einzelne Geschichte über eure Feigheit und Perversion …« Sie riss voller Panik die Augen auf. »Alles stimmte.«
Vielleicht ist es ja die Trauer, dachte er. Gott weiß, dass Lenk ein anständiger Mann gewesen ist, aber eine solche Reaktion ist doch ein bisschen übertrieben. Er bemerkte das getrocknete Blut auf ihrer Schläfe. Vielleicht war der letzte Schlag ja zu viel … Seine Aufmerksamkeit wurde wieder von dem Pfeil angezogen. Wie dem auch sei …
»Wenn ich nichts für Lenk tun kann…«, sie knurrte, und ihre Finger zuckten nervös, »muss ich einfach etwas anderes tun.«
»Er ist kein Shict.«
Ihre Finger zuckten erneut, und die Sehne entspannte sich einen Millimeter. Das genügt, dachte er, während seine Hand näher zu seinem Gürtel glitt.
»Wa … was?« Ihr Gesichtsausdruck schien zu besagen, dass sie darüber seit einiger Zeit nicht mehr nachgedacht hatte.
»Er ist ein Mensch, weißt du?«, fuhr der Assassine fort und deutete mit einem Daumen auf seine Brust. »Wie ich. Nicht wie du.« Er wedelte mit einer Hand, um so ihre Aufmerksamkeit von der anderen abzulenken. »Du nennst ihn Clanmitglied, als würde ihm das etwas bedeuten… oder uns. Aber es hat nur Gewicht in langen, gezackten Ohren.«
Es gibt vielleicht noch eine andere Lösung, sagte er sich, du musst sie nicht unbedingt töten. Doch als seine Finger über den Griff des Dolches strichen, schienen sie zu sagen: Aber für alle Fälle …
»Lenk … ist nicht wie du«, erwiderte sie wenig überzeugt.
»Das stimmt. Was würde er dir denn vorschlagen, hm?« Der Assassine zuckte mit den Schultern. »Hier herumzusitzen? Darauf zu warten, dass das, was da draußen vor sich geht, den Weg hierher findet?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, Lenk ist vielleicht nicht wie ich. Er ist vernünftig. Er ist vorsichtig.« Er sah sie gelassen an. »Er würde weglaufen … aber er würde wollen, dass du mit ihm gehst.«
Und ich kann es mir wirklich im Moment nicht leisten, diese Art von Entscheidung zu treffen, setzte er in Gedanken hinzu. Es tut mir leid, Kat. Der Dolch glitt in seine Handfläche. Das ist nicht mein Fehler.
Aber er glaubte es selbst nicht.
Etwas Schweres krachte gegen den Quader, und gleichzeitig schoss Wasser hinter ihm hoch.
Er fuhr herum und sprang mit einem Satz zurück, als die große weißäugige Kreatur aus der Dunkelheit stürmte. Das Abysmyth bahnte sich mit Klauen und Krallen den Weg in den Gang. Wasser troff von seiner Haut, und schwarze
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