Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
bewegten, aber er sah, wie seine Finger von jemandem geführt wurden, der nicht er selbst war. Sie glitten mit konzentrierter Genauigkeit zur Seite des Hais, gruben sich tief in etwas Weiches, Fleischiges. Er kannte die Schwäche dieser Bestie nicht, aber was immer seine Gliedmaßen kontrollierte, wusste sehr genau darum, packte zu, gnadenlos.
»TÖTE!«
Lenk spürte plötzlich, wie seine Hände sich in die Kiemen gruben. Er spürte die leidenschaftslose, gefühllose Kraft seines Griffs. Er spürte, wie Haut und Fleisch zerfetzten.
Eine rote Wolke ergoss sich in das Dunkel. Der Hai stieß ein langes Stöhnen aus, das durch die Dunkelheit hallte. Die Köpfe über ihm wanden sich in Todesqual und zischten in der Blutwolke, die ihnen ins Gesicht getrieben war. Die Kiefer öffneten sich und ließen ihn frei. Er beobachtete, wie die Bestie scharf abdrehte und sich in die Dunkelheit zurückzog.
Er erinnerte sich an Luft, an ihren Geschmack in seinen Lungen. Er sah das grüne Licht über sich schimmern. Aber die Kraft, die ihn durchströmte, die Flüsse aus Eis, die sein Blut verdrängt hatten, wollten ihn nicht auftauchen lassen.
Stattdessen wurden seine Beine schwer wie Blei und zogen ihn auf den Grund hinab. Er widersetzte sich nicht, fürchtete sich nicht einmal davor, hörte den Schrei seines Körpers nach Luft nicht. Alle Gedanken waren ausgelöscht, waren vor der Stimme gewichen, die in seinem Hirn murmelte, verborgen in einem vergessenen Winkel seines Verstandes.
Seine Augen wurden in ihren Höhlen herumgerissen und ihr Blick auf ein metallisches Schimmern in der Dunkelheit gerichtet. Er schwamm darauf zu, ohne darauf zu achten, dass er blutete, ohne auf sein Bedürfnis nach Atemluft zu reagieren. Er spürte, wie der gewaltige Dämon über ihm hinwegglitt, hörte ihn schreien, ignorierte ihn jedoch. Nur das silberne Schimmern existierte.
Mit den Fingern tastete er den felsigen Boden des Beckens ab, und das silberne Leuchten erlosch, als sein Schatten darüberfiel. Er fühlte etwas in der Dunkelheit, eine Art Riemen. Ohne nachzudenken, packte er ihn und tastete weiter. Seine Hand berührte etwas Vertrautes, einen ledergebundenen Griff.
Lenk erinnerte sich an sein Schwert.
»Und jetzt sind wir stark.« Die Stimme schien ihn beruhigen, mit Zuversicht erfüllen zu wollen. Normalerweise wäre Lenk bei ihrem Klang zusammengezuckt, hätte er nicht grinsen müssen. »Töte«, befahl sie.
Und in dem lautlosen Moment, in dem er die Klinge von dem felsigen Boden aufhob und seine Hand ihren Griff fest umfasste, antwortete Lenk.
Ja.
Im selben Moment verließ ihn die Wesenheit. Er spürte sofort, wie das Blut in seinen Armen pochte, aus der Wunde an seinem Bein strömte. Er fühlte, wie das Herz in seiner Brust schlug. Er erinnerte sich an sein Bedürfnis nach Luft.
Strampelnd und um sich schlagend schwamm er nach oben. Aus dem Winkel eines jetzt wieder vor Furcht aufgerissenen Auges sah er, wie Machtwort auf ihn zuschoss. Sein
Maul war weit aufgerissen, sechs goldene Augen waren wütend zusammengekniffen. Lenk trat schneller im Wasser, strebte der Oberfläche zu.
Das Wasser unter ihm wogte, und er hörte im Dunkeln das Knacken von Knochen, als sich Zähne um leeres Wasser schlossen. Es fegte dicht unter ihm vorbei. Er fühlte, wie drei Paar Reißzähne nach ihm schnappten, das Leder seiner Stiefel furchten, und hörte frustriertes Kreischen.
Lenk tauchte keuchend auf und schwamm so schnell er konnte zu dem Felsvorsprung. Er knurrte, packte den Fels und zog sich hinauf. Die muffige Luft fühlte sich gut in seinen Lungen an, so gut wie der unnachgiebige Granit unter seinem Körper. Er hob das Schwert vor sein Gesicht und lächelte den starken Stahl an wie einen guten Freund.
In der spiegelnden Klinge lächelte ein alter Bekannter zurück.
Erst als er sich erhob, nahm er das Gewicht in seiner anderen Hand wahr, den Lederriemen, den er um die Finger gewickelt hatte. Ein Beutel, von dessen glattem schwarzem Leder das Wasser troff. Die Öffnung war gelockert und gewährte einen Blick auf seinen Inhalt. Gelbes Pergament, stellte er mit großen Augen fest, gebunden zwischen zwei feste Lederdeckel, die keinerlei Licht reflektierten.
Als er darauf hinunterstarrte, erwiderte das Buch mit papiernen Augen seinen Blick und lächelte.
»Das kann nicht …«
»WIDERLICHER LANDGEBORENER ABSCHAUM!«
Er blickte hoch und schleuderte gleichzeitig den Beutel hinter sich, bevor er sein Schwert mit beiden Händen packte. Drei
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