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Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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während sie das Wort aussprach, aber er hörte sie. Er hörte, wie sie dieses eine Wort äußerte, eine Frage stellte.
    »Vorbei?«
    Dann hörte er sie lachen.

Als Lenk die Treppe zum Ruder hinaufstieg, war der Jubel bereits abgeebbt. Einige Seeleute hatten ihm vor lauter Begeisterung darüber, dass sie nicht gestorben waren, auf den Rücken geklopft, allerdings nicht, bevor Kataria verschwunden war; offensichtlich hatten sie ihren Mut erst wiedergefunden, nachdem seine boshafte Gefährtin gegangen war. Ihre Freude legte sich jedoch sehr rasch, als sie einen Blick über das Deck warfen und sahen, welche Arbeit dort auf sie wartete.
    Sie mussten sich um die Toten kümmern.
    Lenk ersparte sich einen Blick auf die Männer unten auf dem Deck. Einige von ihnen waren erfahrene Veteranen, die schon vorher Kameraden verloren hatten, aber wahrscheinlich nicht auf eine so grausame Art. Die meisten jedoch waren junge Männer, die dem Tod nur bei Älteren begegnet waren, die auf dem Sterbebett entschlummerten. An der letzten Stufe zum Ruder zögerte er, als sein Blick auf einen jungen Mann fiel, der einen der Toten vom Deck zerrte.
    Er wäre am liebsten umgekehrt, hätte dem jungen Mann die Hand auf die Schulter gelegt und ihn unter Deck geschickt, wo Asper sich um die Sterbenden und Verwundeten kümmerte. Der Seemann war ungefähr in Lenks Alter. Hände, die sich tröstend auf Schultern legen, sollten faltig sein, dachte Lenk, gezeichnet von Alter und Erfahrung und
geprägt davon, Kinder und Frauen zu umarmen. Junge, schwielige Hände waren nicht dafür gemacht, sich auf eines anderen Mannes Schulter zu legen.
    Alte Hände packen Leute. Junge Hände packen Schwerter.
    Das hatte sein Großvater einmal gesagt. Die Hände seines Großvaters waren jung gewesen, bis zu seinem Todestag. Lenk blinzelte und holte tief Luft. Er erinnerte sich plötzlich an etwas: das Fauchen von Feuer, Schatten, die vor einem orangefarbenen Hintergrund tanzten, Menschen, die unter silbrigen Blitzen fielen, Lächeln, das sich in Schreie verwandelte. Sein Großvater …
    Nein! Er zwang sich, diese Bilder aus seinem Kopf zu verdrängen. Nicht heute. Nicht jetzt!
    Er kehrte dem Deck den Rücken zu. Auf diesem Schiff segelten genügend Männer mit wettergegerbten, faltigen Händen. Seine Hand umfasste noch ein Schwert.
    Am beeindruckenden Ruder des Schiffes stand Kapitän Argaol, der weit weniger erschüttert wirkte, als man es angesichts der Toten auf seinem Deck hätte vermuten sollen. Sein dunkles Gesicht wirkte streng, sein Blick war starr geradeaus gerichtet, und er würdigte den jungen Mann keines Blickes. Er bewegte sich nur, wenn er die Hand auf seine Brust legte und die Orden an der Schärpe glättete, die ihm seine diversen Auftraggeber verliehen hatten.
    Sein Maat Sebast hatte so viel Zeit unter der Sonne verbracht, dass er wie ein Stück Dörrfleisch aussah und auch so roch. Als Lenk das Quarterdeck betrat, machte er respektvoll Platz. Der Maat schnüffelte, tauchte einen Wischmopp in einen Holzeimer und widmete sich weiter der Aufgabe, das Blut von den Planken zu wischen. Er ging dem so beiläufig nach, wie er das Mittagessen weggewischt hatte, das Lenk einige Tage zuvor dort verteilt hatte.
    Lenk nickte ihm flüchtig zu, bevor er neben den Kapitän trat.
    »Wir haben es geschafft.« Seine Stimme klang fremd in seinen Ohren.
    »Was geschafft?« Die Stimme des Kapitäns war viel tiefer, als man angesichts seiner Größe hätte annehmen können. Argaol war nur wenige Fingerbreit größer als Lenk, wirkte jedoch kleiner, ein Eindruck, der möglicherweise durch den Mangel an Haupthaar hervorgerufen wurde.
    »Wir haben die Piraten zurückgeschlagen.«
    »Und?«
    »Ich dachte, Ihr würdet das gerne wissen.«
    »Ich kann von hier oben das ganze gottverfluchte Schiff überblicken, Junge. Glaubst du, ich hätte das nicht gesehen?« Er warf dem jungen Mann einen verächtlichen Blick zu. »Also? Willst du ein Lob, weil du die Kette gelöst hast? Das war ein kluger Schachzug … ich wünschte nur, du hättest früh genug daran gedacht, um meinen Männern den Tod zu ersparen.«
    »Es war ein Kampf«, erwiderte Lenk kühl. »Dabei sterben Leute.«
    »Welch ein Glück, dass wir dich haben, um so beiläufig darüber zu sprechen. Ich bin schon eine Weile in diesem Geschäft, Junge. Ich weiß, was passieren kann.«
    »Dann wisst Ihr auch, dass Ihr Eure Beleidigungen etwas sorgfältiger wählen solltet. Ohne uns wären noch viel mehr Eurer Leute gestorben.«

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