Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
dass ich ein Mensch bin, oder? Ich bin wirklich nicht sicher, wie ich diese Bemerkung auffassen soll.«
»Immerhin ist keiner der Menschen, die ich mag, gestorben.« Sie folgte seinem Blick, der sich auf die benommene Quillian richtete, die inzwischen aufgetaucht war, um Asper zu helfen. »Im Gegenteil, es haben etliche Menschen, die ich nicht mag, überlebt.« Sie hielt die Nase in den Wind und schnüffelte, dann kratzte sie sich. »Trotzdem, es war ein guter Tag.«
Vermutlich.
Er nahm an, dass er ihr zustimmen sollte; ein Tag, der damit endete, dass jemand anders gestorben war als er selbst, fiel für einen Abenteurer wohl in die Kategorie »gut«. Wahrscheinlich hätte sein nächster Gedanke ihn mehr beunruhigen sollen, als er es tatsächlich tat.
Diesmal sind Tote aber nicht genug.
Wäre das ein willkürlicher Überfall gewesen, ein einfacher Akt der Piraterie, wie er es ursprünglich angenommen hatte, wäre er natürlich stolz darauf gewesen, dass er immer noch Leute niederstechen konnte und von daher noch zu gebrauchen war. Nur war das kein willkürlicher Überfall gewesen; dafür kündeten zu viele Faktoren lautstark von etwas anderem, Schlimmerem.
Das gelassene Verhalten einer für ihren Blutdurst und ihren Wahnsinn berüchtigten Brut von Mördern, ein Mann, der nichts in der Gesellschaft solcher hünenhaften, wilden Kreaturen verloren hatte, eine Glocke, die sang, statt einer Schleuder, die Wurfgeschosse feuerte.
Es lief ihm kalt über den Rücken.
»Sie starrt …«
Er spürte es sofort, konnte beinahe hören, wie ihr Blick sich verhärtete, als er sich in ihn bohrte, unter seine Haut drang, suchend, prüfend. Er knirschte mit den Zähnen und bemühte sich, unter diesem Blick nicht zusammenzuzucken. Aber etwas in seinem Inneren mangelte es an Willenskraft. Er fühlte, wie sich etwas unter seiner Haut bewegte.
»Sie soll damit aufhören.«
»Du machst dir Sorgen.«
Als er sich umdrehte, war ihr Lächeln verschwunden. Jetzt sah er sie ohne die Hitze des Gefechts, die sein Hirn umnebelt hatte. Sie war müde; Schweiß überzog ihre Haut und drang in die Schnitte auf ihrem muskulösen Körper ein. Ihr Haar hing in schmutzigen Strähnen herunter, und die Federn, die sie hineingeflochten hatte, tanzten wie wild um ihren Kopf. Sie war die Verkörperung der Wildheit, das Abbild dessen, was Leute vor Augen hatten, wenn sie den Namen »Shict« ausspien.
Und sie sah ihn mit einem bekümmerten Blick an.
»Du denkst.« Ihre Ohren zuckten, als könnte sie seine Gedanken vernehmen.
Diese Vorstellung verschlug ihm den Atem. »Wir haben gewonnen!«, stieß er keuchend hervor. »Und sie haben verloren.«
Sie nickte nachdrücklich.
»Aber sie haben nicht geflucht. Sie haben nicht geschrien. Hättest du das nicht getan?«
»Wenn wir verloren hätten und ich nicht tot wäre, vermutlich, ja.«
»Sie waren vollkommen ruhig.« Er drehte sich um und blickte finster auf das Meer. »Sie hätten nicht ruhig sein dürfen.«
Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Er fühlte sie durch das Leder ihres Handschuhs und den Stoff seines Wamses, fühlte ihren Herzschlag, so wie sie den seinen hören konnte, das wusste er. Ihm war klar, dass er sie hätte wegstoßen sollen, wusste, dass sie Menschen nur berührte, wenn sie ihre Pfeile aus den Leichen zog.
Und er wusste, dass er ihr nicht ausweichen konnte.
Alles in ihm wurde still. Das jammernde Dröhnen ebbte ab, das Lächeln verschwand aus seinem Verstand. Er fühlte, wie ihm wieder warm wurde, fühlte das Blut durch seinen Körper pumpen, sich unter ihrer Berührung beschleunigen.
Sie drehte ihn zu sich herum, und er widersetzte sich nicht. Ihre Augen waren nicht sanft, aber auch nicht hart. Er hatte keine Ahnung, was hinter diesen grünen Seen lauerte, als sie in seine Augen sah, und er hatte nicht den geringsten Schimmer, was er tun sollte.
»Es ist vorbei«, sagte sie mit einer Zuversicht, die er noch nie aus ihrem Mund gehört hatte. Sie lächelte. »Hör auf zu grübeln.«
Er beobachtete sie, wie sie den Bogen über die Schultern legte und einen Arm hindurchschob. Ihr Haar wehte im Wind und trug den Duft ihres Schweißes in seine Nase, als sie davonging. Ihr Geruch erfüllte seinen Atem, der jetzt wieder tief und regelmäßig ging, während er ihre beruhigenden Worte wiederholte.
»Es ist vorbei.« Er rieb sich die Augen, stellte sein Schwert an die Reling und lehnte sich zurück. »Es ist vorbei.«
Da hörte er die Stimme. Sie war leise, wurde schwächer,
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