Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
Augen hinter den Helmschlitzen war nicht zu erkennen, und seine Stimme hallte metallisch.
»Ich erinnere mich durchaus sehr gern an eine Zeit, in der dies hier ein respektables Geschäft gewesen ist. Eine gewisse Nostalgie durchströmt mich, wenn ich daran denke, dass zwei Kapitäne ihre Geschäfte ohne Blutvergießen erledigen konnten und den Gästen stets ein Willkommenstrunk angeboten wurde.« Er seufzte. »Wo ist mein Trunk, Argaol? Wo bleibt die Höflichkeit, die man einem Mann meines besonderen Ansehens erweist? Ich würde Euch meine ganze Barmherzigkeit zeigen, wenn Ihr mir nur mit einem bisschen mehr Anstand begegnet wärt, wie es mir unbestreitbar zusteht.«
Lenk nutzte sein Schwert als Krücke, zog sich hoch und lehnte sich Halt suchend an das Ruder.
Rashodd nickte ihm respektvoll zu. »Ihr scheint noch der anständigste Bursche in diesem Pöbelhaufen zu sein, mit dem wir das Vergnügen haben, Geschäfte zu machen.« Er legte eine Axt über seine breite Schulter. »Ich kann nicht behaupten, dass ich Eure, verzeiht mir den Vergleich, kakerlakenartige
Zähigkeit nicht bewundern würde. Ich habe selten einen Mann getroffen, der so viel Widerstand im Angesicht des gesunden Menschenverstandes leistet.« Er hob eine große graue Braue unter dem Augenschlitz des Helms. »Söldner?«
»Abenteurer.«
»Ah, das erklärt alles. Ich hege keine negativen Vorurteile gegen dieses Gewerbe, versteht mich nicht miss, aber ich hatte schon immer den Eindruck, ein Abenteurer wäre nichts anderes als ein Pirat, der nur nicht zugeben kann, dass er Abschaum ist.«
»Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung.«
»Mag sein, aber es drängt mich, Euch zu fragen«, er sah kurz zu Argaol herüber, »Euch beide, warum Ihr einen solchen Kampf aufnehmt? Ich würde so etwas zwar in vornehmer Gesellschaft nicht unbedingt als Makel bezeichnen, aber … seid Ihr blind, guter Mann? Seht Ihr nicht, in welch fröhlicher Gesellschaft wir unterwegs sind?« Er deutete über die Schulter auf die blassen Froschwesen, die über die Reling kletterten, um die Reihen der Piraten zu verstärken. »Seid ehrlich … wie viele Piraten kennt Ihr, die über solche Bestien befehlen?«
»Ich bin in meinem Leben mehr als nur ein paar Bestien begegnet«, knurrte Lenk, der sich so gerade hielt, wie er konnte. »Und ich bin nicht beeindruckt.«
»Sehr bedauerlich.« Rashodd schüttelte traurig den Kopf und drehte sich zu Argaol herum. »Dann appelliere ich an Eure Vernunft, werter Kapitän. Ist es zu spät, eine Waffenpause auszurufen, damit wir uns wie anständige Männer unterhalten können? Muss es immer zu Gewalttätigkeiten kommen?«
»Die Gewalttätigkeiten haben schon vor Jahren begonnen«, knurrte Argaol, »als Ihr angefangen habt, meine Leute zu massakrieren.«
»Die fröhliche Mannschaft der Kettenhexe ist in der Tat nicht ohne Grund für ihre Tollkühnheit berühmt.«
»Ihr seid berüchtigte Vergewaltiger, Mörder und Sklavenhändler.«
»Ihr erweist mir mit Euren Schmeicheleien keine Ehre, edler Herr. Und es mangelt mir außerdem an Geduld, diesen Disput fortzusetzen. Gebt uns einfach, was wir haben wollen, dann könnt Ihr Euch weitere Aufräumarbeiten ersparen.«
Argaol betrachtete den Mann abschätzend. »Und was, sagt an, wollt Ihr?«
»Ich bin eigentlich in der Absicht gekommen, Euch um Eure Fracht zu erleichtern, aber ich denke, das wäre etwas unhöflich«, der Kapitän der Klippenaffen räusperte sich, »da Ihr vermutlich den größten Teil des Erlöses Eurer Ladung benötigen werdet, um Seeleute anzuheuern, die jene Männer ersetzen, die Ihr auf so unglückliche Weise verloren habt.«
»Dass Ihr sie in Stücke gehackt habt, war tatsächlich ein wenig unglücklich.«
»Kinkerlitzchen. Wir werden jedenfalls Eure Kabinen durchsuchen und zwei Eurer vornehmen weiblichen Passagiere mitnehmen.« Er hob zwei Finger. »Eine könnt Ihr aussuchen, eine wählen wir aus.«
Argaol zögerte. Lenk vernahm das Geräusch nur schwach und wie aus weiter Ferne, gedämpft von dem hämmernden Donnern in seinem Kopf. Doch obwohl er nur verschwommen sehen konnte, registrierte er, wie der Blick des Kapitäns zum Krähennest zuckte. Kataria und Quillian waren beide verschwunden. Was vielleicht auch besser ist, dachte Lenk.
Die Gedanken des Kapitäns waren beinahe zu hören. Lenk sah, wie Argaol überlegte; alle möglichen denkbaren Szenarios schienen ihm durch den zur Seite geneigten Kopf zu gehen. Warum nicht, fragte sich Lenk. Warum sollte man
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