Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
nachdem sie ihn zehn Tage gefangen hielten. Er wurde nie müde zu beobachten, wie sie auf dem Sand wimmelten.
Die Frauen waren die dominierende Infektion, die wahren Wüteriche gegen Fleisch und Blut. Das wurde schon offenkundig, indem er sie nur beobachtete. Sie waren groß und muskulös, stampften über den Boden, färbten den Sand rot mit dem Blut ihrer Sklaven und ihresgleichen und erfüllten die Luft mit ehernen Herausforderungen und knirschenden Lauten, die sie sich gegenseitig wie Speere zuschleuderten.
Sie waren die Krankheit, welche die grünen Echsendinger zwang zu tun, was sie taten, waren das Fieber, das in ihrem Verstand kochte und sie dazu brachte, sich höchst unklug zu verhalten. Unter dem Knallen ihrer knotigen Peitschen und der Bedrohung durch ihre gezackten eisernen Zähne schufteten die erbärmlichen schuppigen Kreaturen mit gebeugtem Rücken und schleppenden Füßen, während die Frauen sie antrieben. Sie fällten die Bäume in den Wäldern, die den Strand säumten, schleppten die Stämme heran, damit ihr Holz die Essen speiste, und zimmerten die großen schwarzen Schiffe, die bereits halb fertig in der wogenden Dünung dümpelten.
Das Land war von Eisen durchsetzt; und der Himmel war von Rauch geschwärzt. Die Frauen an den Essen waren vom
Feuer gezeichnet und hatten geschorene Haare. Sie hämmerten unaufhörlich auf glühenden Eisenstangen herum, die sie in der Glut drehten, formten sie unermüdlich zu grausamen, scharfen Keilen mit brutalen, spitzen Dornen, deren Klingen sie zu scharfen Zähnen schliffen.
Kein Sandkorn blieb von dieser Aktivität verschont. Diese Seuche überzog das Land, während die Frauen unablässig arbeiteten. Sie schufteten in gut aufeinander eingespielten Abteilungen, befehligt von brüllenden weißhaarigen Vorgesetzten. Ihre Kämpfe untereinander um die Vorherrschaft endeten schnell tödlich. Die Leichen jener schuppigen Sklaven, die zu erschöpft gewesen waren, um arbeiten zu können, schleppten sie zu einer riesigen Grube, die von Eisenstäben umringt war, und warfen sie hinein. Die lauten Schreie der Bewohner dieses riesigen Lochs gingen rasch in dem unheimlichen Keckern aus ganz offenkundig vollen Mündern unter.
Naxiaw beobachtete sie die ganze Zeit, studierte sie, merkte sich alles.
Es war nicht das erste Mal, dass er Zeuge einer solchen Szene wurde. Unersättliche Gier, rücksichtslose Produktion, der starke Geruch von Blut und Schweiß, der die Gewalt wie einen kollektiven Hunger bei jeder anwesenden Frau auslöste. Er hatte diese Empfindungen schon häufig bei den Rundohren erlebt, wenngleich auch nie in diesem extremen Maße.
Und ihm war klar, dass dies hier Krieg bedeutete.
Worum es ging, wusste er nicht, und auch das Warum spielte keine Rolle. Diese Kreaturen, diese Evolution der Seuche, bereiteten sich darauf vor, ihre Infektion weiterzuverbreiten.
Der einzige Trost, der ihm blieb, war ihre Zahl. Seit er in diesen Käfig gesteckt worden war, hatte er nie mehr als zweihundert von ihnen gezählt. Das war nichts gegen die wimmelnde Masse ihrer kleineren rosafarbenen Verwandten.
Und, dachte er, während er den Kopf senkte und die Ohren
spitzte, es obliegt den Shict, dafür zu sorgen, dass sie niemals so viele werden.
Er schloss die Augen. Seine Ohren wurden hart. Er versuchte, trotz des Gemetzels dort unten etwas zu hören.
Es begann schnell, wie immer, mit einer plötzlichen Wahrnehmung von Geräuschen ohne Bedeutung: Füßen auf Land, Wind am Himmel, Luft in den Lungen, Grollen in Kehlen. Sein Bewusstsein verstärkte sich, suchte den Lärm zu spezifizieren: Bäume, die unter stumpfen Äxten erzitterten, Schiffe mit schwarzen Rümpfen, die in der Dünung dümpelten, Muskeln unter purpurner Haut, die sich dehnten und zusammenzogen.
Sein Bewusstsein näherte sich seinem Ziel, drängte weiter, reduzierte die Welt auf jene wenigen Geräusche, die Bedeutung hatten, die Essenz des Lebens. Splitter, die in leisem Wispern in winzigen Tropfen von verschwitztem Blut zu Boden sanken. Atem, der mit Rauchwolken kollidierte. Der Panzer einer Krabbe, der sich an Sandkörnern rieb, als das Tier sich träumend unter der Erde bewegte.
Und dann... Stille. Das Geräusch mit der größten Bedeutung. Das Gefühl seines eigenen Verstandes, der zu einer riesigen, formlosen Blume in seinem Kopf erblühte. Keine Geräusche, keine Gedanken. Die Blume erstreckte sich lautlos, instinktiv, dehnte sich aus, murmelte klanglose Worte, flüsterte ungehörte Reden. Und dann,
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