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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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irgendwo jenseits seines Verstandes, spürte er, wie sich etwas regte.
    Das Heulen hatte ihn gehört.
    Das Heulen hatte ihn gefunden.
    Hätte er das Bewusstsein besessen zu spüren, wie sein Herz aufhörte zu schlagen, hätte er trotzdem keine Angst davor gehabt. Das Heulen war schon seit langer Zeit nicht mehr fremdartig und mystisch für ihn, hatte vor langer Zeit sogar schon aufgehört, das instinktive Wissen zu sein, das alle Shict teilten. Er hatte viele Jahre darin verbracht, darauf gehört, es erlernt. Es war ein Teil von ihm, so wie es ein Teil aller Shict war. So wie er eins mit dem Heulen war, war er auch eins mit allen Shict.
    Und sie würden ihn hören, so wie sie ihre eigenen Gedanken hörten.
    Die Leere verschwand von einem Moment auf den anderen; dann füllte sich sein Kopf. Bilder von Sand und Blut verzehrten ihn, vermischten sich mit dem Meer, mit Schiffen, mit purpurnen Gesichtern, zusammengebissenen Zähnen, rot glühendem Stahl, blutenden Körpern, stürzenden Bäumen. Krieg, Seuche, Mutation, Gefahr, Ärger, Hass. Durch diese Dinge, die wie Blut durch seine Gedanken strömten, wurde seine Botschaft deutlich, verbreitete sich.
    Suchen.
    Retten.
    Töten.
    Ernten.
    Seine Botschaft perlte durch das Nichts wie Tau auf den Blättern einer Blume. Sie würde die Mitglieder seines Volkes erreichen als Flüstern in ihren Ohren, als kalter Schauer, der ihnen über den Rücken lief, wenn sie innerhalb eines Moments wussten, was er wusste. Sie würden ihn hören, sie würden ihn fühlen, und sie würden kommen, mit ihrem Blut, ihren Fürsprechs, ihrem Hass und ...
    Warte.
    Seine Ohren versteiften sich ohne sein Zutun, als sie etwas spürten, wofür er nicht empfänglich war. Ein Geräusch ohne Bedeutung? Nein, registrierte er, sondern ein Geräusch, das nach Bedeutung gierte. Es klang wild, wimmerte in einem Moment leise, fauchte wütend im nächsten, stieß dann ein entsetztes Heulen aus und suchte nach einer Antwort außer seinem eigenen Echo.
    Er konnte ihm unmöglich zuhören. Zu laut, zu schmerzhaft .
    Gleichzeitig war es unmöglich, es zu ignorieren. Zu nah, so vertraut.
    Sein Volk? Nein.
    Kein s’na shict s’ha. Aber was dann?
    »Oh! Sieh nur, sieh doch, sieh hin! Er macht es schon wieder!«
    Eine andere Stimme, entfernt, bedeutungslos.
    »Was macht er denn?«
    Worte für jene ohne Verstand, jene, die Angst vor der Leere hatten.
    »Keine Ahnung. Aber er macht es immer. Er sagt kein Wort, sondern ... sitzt einfach nur da.«
    Worte für jene ohne Gedanken, jene, die Angst vor der Stille hatten.
    »Das ist langweilig. Weck ihn auf.«
    Eine Explosion von Geräuschen.
    Er riss die Augen auf, als die Blume der Leere in seinem Verstand verwelkte; er drehte sich herum und sah die eiserne Klinge, die klappernd über die Stäbe seines Käfigs fuhr. Dahinter sah er weißes Haar, weiße Augen und scharfe Zähne in einem langen purpurnen Gesicht. Er erkannte sie, hatte ihren Namen vor langer Zeit erfahren und ihn mit ihrem stets gegenwärtigen, stets unangenehmen Grinsen verbunden.
    Qaine.
    Die Langgesichter hinter ihr, den Mann mit dem spärlichen Haar unter der Unterlippe, den Mann mit der langen Nase und der roten Robe und die Frau mit den langen, spitzen weißen Borsten, die ihr als Haar dienten, erkannte er ebenfalls.
    Yldus, Vashnear, Dech.
    Hinter ihnen stand mit verschränkten Armen eine Gestalt vor seinem Käfig, größer und mächtiger als jeder Mann oder jede Frau, eine Gestalt, deren Gesichtshaut sich so straff über ihre Knochen zog, dass sie jeden Augenblick zu reißen und die schimmernden Muskeln darunter zu entblößen drohte ... Sie kannte er auch, aber nur wegen der Galle, mit der die anderen ihren Namen ausspien.
    Xhai. Erste der Carnassiae.
    Er wiederholte die Namen leise, wann immer er spürte, dass sein Ärger auf sie nachließ. Er sammelte ihre Namen wie Blumen und trug sie um seinen Hals geschlungen wie etwas Zartes, das er pflücken konnte, Blütenblatt um blutiges
Blütenblatt, und unter seinen sechs Zehen zermalmen konnte. Namen für jetzt, Ziele für später. Sobald sein Volk es hörte, sobald sie es wussten ...
    »Ist das wirklich notwendig?«, erkundigte sich derjenige, den sie Yldus nannten, mit missbilligender Miene.
    »Das ist nicht fair«, antwortete Qaine und warf einen Seitenblick in den Käfig. »Ich habe ihn gefangen, ich sollte ihn auch töten dürfen.«
    »Und ich habe ihn gefrieren lassen, vielen Dank. Ich nehme an, du begreifst die Ironie nicht, dass wir uns hier

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