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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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sprach Schwarz-Tuch weiter.
    »Nein, ich kann deine Gedanken nicht lesen. Jedenfalls nicht diejenigen, die du für dich behältst. Aber immer, wenn du den Kopf senkst und anfängst zu denken ... nun, das ist so laut, dass ich kaum noch etwas anderes hören kann. Selbst dann jedoch verstehe ich nur allgemeine Informationen, meistens in Fragmenten. Ich weiß, dass du uns hasst, aber
das kann nicht weiter überraschen, da du ja schließlich unser Gefangener bist und dergleichen. Ich weiß, dass du versuchst, die Menschen zu töten ... entschuldige, zu ›heilen‹, aber wer will das nicht? Und ich weiß, dass du mich verstehen kannst, auch wenn du nichts sagst.«
    Naxiaw spürte, wie seine Augenlider ihn anflehten, blinzeln zu dürfen, wie seine Lungen ihn baten, mehr Luft zu holen, aber er war geistesgegenwärtig genug, keins von beidem zu tun.
    »Nein, es kümmert mich wirklich nicht besonders. Wenn du sie töten willst, dann töte Yldus und Vashnear, töte Xhai ... töte selbst mich. Ich könnte dem augenblicklich ein Ende bereiten, weißt du? Andererseits wäre das nur eine weitere vorhersehbare Schlussfolgerung, oder? Mir gefällt die Idee, dass etwas Neues und Interessantes passiert, wenn ich dich am Leben lasse. Wenn du ein paar Frauen tötest, schon recht. Ich habe mehr als genug übrig. Aber wirst du auch mich töten?«
    Er lachte erneut.
    »Ich möchte wirklich gern sehen, ob du es schaffst, auch nur in meine Nähe zu kommen. Alles, was ich von dir lerne ... von deinem Volk und deiner strahlenden gelben Sonne fasziniert mich. Deine Lügen, dein Kampf gegen die Wahrheit, die Gegenwehr gegen das, was du weißt. Ich muss einfach mehr erfahren... Vielleicht magst du es mir ja irgendwann erzählen?«
    Naxiaw konnte nicht antworten, weil seine Stimme ihm nicht gehorchen wollte.
    »Irgendwann, selbstverständlich. Im Augenblick jedoch bin ich an nichts anderem interessiert... außer an der Stimme. Du hast sie auch gehört, stimmt’s? Dieses Jammern, Klagen, und dann... die Schreie. Was war das eigentlich? Jemand von deinem Volk? Aber niemand, den du versucht hast zu erreichen... so viel kann ich spüren. Aber irgendetwas hat versucht, dich zu erreichen, obwohl es das nicht wusste. Wie merkwürdig das war. So verloren, so allein, so blind. Ich weiß
nicht, ob du das erkennen konntest oder nicht, aber meiner Meinung nach klang es merkwürdig, einzigartig ... weiblich .«
    Die Worte wurden von seiner Zunge wie Dolche geschleudert, flogen durch die Luft, ihr Echo war eine glatte und gnadenlose Schneide, die Naxiaws Herz durchbohrte. War die Stimme, diese verlorene, wimmernde Stimme die einer Frau? Er wusste es nicht. Aber jedenfalls war es ein Shict, das war klar, und es war ein Shict, den er warnen musste. Doch wie? Wenn er das Heulen nicht benutzen konnte, ohne dass dieses Langgesicht es registrierte, was sollte er dann tun?
    »Ein wahrhaft verwirrendes Dilemma, stimmt’s?«, erkundigte sich Schwarz-Tuch. Langsam drehte er den Kopf zu dem Shict herum und grinste ihn strahlend mit seinen weißen Zähnen an. »Aber ich habe vielleicht die Antwort darauf. Dieses Ding, das du benutzt, deine lauten Gedanken. Es kann nicht so schwer für mich sein, das herauszufinden. Warum entspannst du dich also nicht einfach ...«
    Naxiaw schluckte schwer, als er in die Augen des Langgesichts sah, die rot glühten und wie Scheiterhaufen loderten.
    »... und lässt mich einen Blick hineinwerfen?«
    Etwas zuckte vor, glitt durch Naxiaws Stirn hindurch und in sein Hirn. Er warf den Kopf zurück und spitzte die Ohren. In einem Wort ohne Klang, einem Geräusch ohne Sprache stieß er einen langen, bedeutungslosen Schrei aus.

»Sie hat es schon wieder gemacht. «
    Die Stimme klang diesmal subtil, ohne Kälte, ohne Finger aus Reif. Sie klang diesmal so leise wie Schnee, der auf seine Stirn fiel, sich dort sammelte und immer schwerer wurde.
    »Sie glaubt, du könntest sie nicht sehen .«
    Und sie war zunehmend schwieriger zu ignorieren.
    »Sie glaubt, wir sehen sie nicht .«
    Trotzdem versuchte es Lenk.
    Um sich abzulenken, konzentrierte er sich auf andere Dinge. Zum Beispiel auf den beklemmenden Schweiß, der über seinen Körper glitt, die abgestandene, feuchte Luft, die durch das Dach aus getrocknetem Schilf drang, das Summen, das Zirpen und das Rascheln von Blättern.
    Und auf sie.
    Er konnte sie fühlen, so deutlich wie den Schweiß. Er spürte, wie ihr Körper bei jedem flachen Atemzug vibrierte, spürte, wie ihr Blick gelegentlich

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