Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
in Recht und Ordnung erneuert.«
»Bis sie ermordet wurde«, sagte Bralston. »Ihr Ehemann und ihr Kind sind wahrscheinlich ebenfalls tot.«
»Wahrscheinlich?«
»Sie sind verschwunden.«
»Verschwunden, Sir? Oder geflohen?«
»Was meinst du damit?« Rote Glut flammte in Bralstons Augen auf. »Was weißt du?«
Als Rashodd schwieg, trat er vor, ohne auf seine brennende, finstere Miene zu achten. »Ihr Mörder hat die Aufstände angezettelt, hat über tausend Menschen getötet. Also, was weißt du?«
»Nur was ich gelesen habe, Sir«, antwortete Rashodd. »Nur was ich gesehen habe, Sir.« Mit jedem geflüsterten Wort schien er schwächer zu werden. »Ich habe Gerüchte gehört, Schilderungen ... Ihr Ratgeber ...«
»Ein Sainite«, antwortete Bralston. »Ich habe ihn kennengelernt, als die Hundeherrin diplomatische Beziehungen mit den Karnerianern aufnahm. Ein großer Mann, rotes Haar, dunkle Augen.« Er starrte den Klippenaffen eindringlich an. »Du ... hast ihn gesehen?«
»... ihn gesehen«, wiederholte Rashodd. »Ja, ich sah ihn...« Er fuhr sich mit der zerstörten Hand über sein zerstörtes Gesicht. »Und ich habe nicht geschrien.«
Noch bevor der Bibliothekar seinen Fuß auf die Pier gesetzt hatte, spürte Argaol bereits die Präsenz des Mannes. Ein unsichtbares Zittern fegte über den bescheidenen Hafen von Port Yonder, kräuselte das Wasser und vertrieb die Katzen von der Mole. Etliche Seeleute und Fischer zuckten zusammen, als wären sie geschlagen worden.
Sie teilten sich vor dem Hexer wie eine Woge aus gebräunter Haut. Keiner wollte ihm in die Quere kommen, als er sich zielstrebig und unbeugsam dem Kapitän näherte. Er richtete einen kalten, gnadenlosen Blick auf den Mann.
»Was ist passiert?« Noch während er die Frage stellte, schoss Argaol durch den Kopf, ob es wirklich klug war, sich danach zu erkundigen.
»Vieles«, erwiderte Bralston. »Ktamgi. Wie weit entfernt liegt das?«
»Was?«
»Ich bin mit dieser Gegend nicht vertraut. Erleuchte mich.«
»Ihr sucht nach den Abenteurern?« Argaol schüttelte den
Kopf. »Sie sind dorthin gesegelt, aber wenn sie überlebt haben sollten, dürften sie mittlerweile in Teji sein.«
»Wie weit entfernt von Ktamgi befindet sich Teji?«
»Eine Tagesreise mit dem Schiff«, erwiderte Argaol. »Meine Mannschaft ist bereits in der Stadt, aber ich kann die Gischtbraut wieder startklar machen, falls Ihr dorthin müsst...«
»Muss ich«, gab Bralston zurück. Dann schob er den Mann nachdrücklich zur Seite und ging zum Ende der Pier. »Aber so lange kann ich nicht warten.«
»Was habt Ihr vor?«
»Ich reise ab.«
»Was? Warum? Was ist passiert?«
»Diese Information geht nur das Venarium etwas an.«
»Und was soll ich dem Lord Emissär sagen?«, erkundigte sich Argaol hitzig. »Er hat mir aufgetragen, Euch zu helfen!«
»Das hast du. Was du als Nächstes tust, mag angehen, wen es will, nur nicht das Venarium.« Er drückte seinen breitkrempigen Hut fester auf seinen Kopf und zog den Umhang etwas enger um seinen Körper. Dann warf er Argaol einen kurzen Blick zu und nickte knapp. »Kapitän.«
Bevor Argaol auch nur eine Frage stellen konnte, zuckte der Umhang des Hexers, und die Luft schien sich mit einem Knall zu teilen, als das Leder sich innerhalb eines Lidschlages verdrehte. Zwei große, vogelähnliche Schwingen spreizten sich hinter Bralstons Rücken und stießen Argaol zu Boden. Dann erhob sich der Hexer mit so wenig Aufsehen in die Luft, wie es einem Mann mit einem geflügelten Umhang möglich war, sprang vom Rand der Pier und segelte bereits hoch über dem Hafen, bevor einer der Seeleute oder Fischer auch nur einen Fluch ausstoßen konnte.
Rashodd merkte, dass draußen irgendetwas passierte. Die Leute schrien aufgeregt wegen etwas, was am Himmel geschah. Auch wenn er außer den dicken Wänden seiner Gefängniszelle nichts sehen und außer dem lauten Rauschen des Ozeans, dessen Wogen unter ihm gegen die Klippen
schlugen, nichts hören konnte, wusste er es. Denn er wusste, dass der Hexer reagieren würde.
»Und zwar genauso, wie ihr es vorher gesagt habt...«, flüsterte er in die Dunkelheit.
»Die ohne Glauben sind von ihrer Rechtschaffenheit überzeugt«, antworteten zwei Stimmen von einem Ort tief unten. »Glaube ist Sinn. Einen Mangel an Sinn einzuräumen bedeutet zuzugeben, dass sie keinen Ort in dieser Welt besitzen. Wenn man das begreift, werden die Ungläubigen zu Vieh, das man dressieren und beherrschen kann. «
»Mit
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