Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
wir mehr gemein haben«, er hob die Hand und wackelte mit seinen Fingerstümpfen, »als Euch lieb ist.«
»Was ich feststelle, ist, dass meine unglaubliche Geduld mit deiner irreführenden Eloquenz langsam, aber endgültig zur Neige geht.« Bralston ließ eine genau bemessene Portion Zorn in seine Stimme sickern, und Feuer funkelte in seinen Augen. »Meine Mission, mein Orden und meine Pflicht dulden nicht, dass du meine Zeit durch deine Neigung zu
ausschweifenden Verklausulierungen verschwendest. Meine Fragen sind kurz und präzise. Du wirst sie entsprechend beantworten.«
»Es sind traurige Tage, wie ich sie immer wieder aufs Neue erleben muss, an denen die Sprache von Dichterfürsten als ausschweifend und irreführend bezeichnet wird«, antwortete Rashodd verächtlich. »Aber ich werde Eure Fragen mit so viel offenem Eifer und versteckter Verachtung beantworten, wie ich es vermag.«
Das genügte, befand Bralston, um auf den Einsatz von nachdrücklicheren Mitteln zu verzichten. »Ich wurde mehr oder weniger über die Natur deiner ›Verbündeten‹ informiert. Ich bin keineswegs der Meinung, dass diese Berichte wirklich den Tatsachen entsprechen.«
»Tatsachen, Sir? Man sollte annehmen, dass Ihr das zurücknehmen würdet, wenn Ihr auch nur einen Bruchteil von Informationen über meine früheren Geschäftspartner erhalten hättet.« Er senkte seinen massiven Schädel. »Habt Ihr das, Sir?«
»Sechsunddreißig Seeleute der Gischtbraut haben diese Begegnung bezeugt.«
»Und Ihr könnt der Aussage von sechsunddreißig guten und ehrenwerten Männern nichts Vertrauenswürdiges abgewinnen?«
»Es hat schon zuvor Massenhalluzinationen gegeben, und häufig auch in weit größerem Umfang.«
Rashodds Lachen hatte einen schrecklichen, fast schon hysterischen Unterton. »Natürlich. Die unerschütterliche Haltung des Venarium, alle Götter in Misskredit zu ziehen und anständige Frauen und Männer mit ihrer Selbstgefälligkeit zu ersticken, ist mir nicht unbekannt. Erspart mir die Rhetorik, Sir. Ich bin über dieses Thema sehr gut informiert, und ich möchte Eurer Theorie höchst demütig widersprechen.«
»Du bist gut genug informiert, um auf unsere Haltung bezüglich der Vorstellung der Existenz von Dämonen zu schließen?« , erkundigte sich Bralston streng. »Selbst wenn wir die
Vorstellung ignorieren würden, dass Geschichten von Priestern erfunden wurden, um das Volk zu unterjochen, können und werden wir nicht die Vorstellung akzeptieren, dass es eine Inkarnation des Bösen gibt, ebenso wenig wie wir die Vorstellung des ›Bösen‹ oder ›Guten‹ an sich akzeptieren. Wir erkennen nur die menschliche Natur an.«
»Verstehe ... und was glaubt Ihr, Sir?«
Die Worte des Klippenaffen hätten andere Männer verärgert, sodass sie ihre Fassung verloren hätten. Bibliothekare waren keine Männer, rief sich Bralston ins Gedächtnis. Bibliothekare waren höheren Autoritäten verantwortlich. Bibliothekare mochten die Macht besitzen, mithilfe von Feuer oder Eis, durch Zerschmettern oder Stromstöße die Wahrheit zu erfahren, aber das wäre eine so ungeheuerliche, verschwenderische Demonstration von Überlegenheit, die zu realisieren offensichtlich nicht notwendig war.
Trotzdem wäre es höchst befriedigend ...
Und darüber hinaus weit befriedigender, als einfach nur kalt zu antworten: »Es gibt keinen Glauben. Nur Wissen.«
»Und Ihr wisst, dass Euer Wissen dem Wissen von sechsunddreißig Menschen überlegen ist? Also wisst Ihr, dass Dämonen nicht existieren?«
»Ich akzeptiere, dass es immer Unbekanntes gibt, das normalerweise von frivolen Fantasien erklärt wird, die es als ›Dämonen‹ brandmarken. Aber, wie ich bereits sagte, bin ich nicht gekommen, um einen Diskurs darüber zu führen.«
»Selbstverständlich nicht, Sir«, antwortete Rashodd. »Ihr seid gekommen, weil Ihr purpurhäutige Langgesichter sucht, eingefleischte Feinde von höchst theoretischen Dämonen. Erstere verfolgen Letztere aus gänzlich unbekannten Gründen, während die Dämonen ihnen aus vollkommen unverständlichen Gründen entkommen. Ihr hofft also Erstere zu finden, indem Ihr Letztere aufspürt. Und um Letztere aufzuspüren sucht Ihr einen Sucher.
Und da Ihr schon so weit gekommen seid, ein Mann von Anstand und Ehre, wie es Eurer Ausbildung entspricht, wisst
Ihr zweifellos auch, wen Ihr sucht. Sechs Mitglieder einer höchst mörderischen Bande, die, wie ich vermute, das zweite Objekt Eurer Suche ist, würden diesen Zweck wunderbar
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