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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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zumindest auf ihre Anhänger aufpassen. Warum umgebe ich mich dann mit Leuten, die förmlich besessen davon sind, anderen Verletzungen zuzufügen, die ich kurieren soll? Und die dann auch noch die Hälfte der Zeit mir Verletzungen zufügen! Ich habe gründlich darüber nachgedacht und mich gefragt, ob das alles eine Prüfung ist. Aber was ist das für eine Prüfung, die nie endet? Und was ist mit den Göttern, deren Botschaften mit denen der anderen Götter in Konflikt stehen? Wenn es so viele Götter gibt, und nicht alle von ihnen recht haben können, wer hat dann recht?«
    Sie seufzte, rieb sich die Augen und hörte, wie er tief und bebend Luft holte.
    »Du hast darüber wahrscheinlich schon nachgedacht, hab ich recht? Ich meine, vielleicht hast du dich ja sogar gefragt, ob es außerdem noch etwas gibt. Also, wenn irgendjemand eine Erkenntnis hat, dann vermute ich, dass du derjenige ...«
    Als sie den Kopf hob, sah sie nur Leere. Der Jüngling tauchte gerade in der Menge unter.
    »... bist.«
    Sie seufzte nicht; sie hatte keine Kraft mehr dazu und wusste auch fast nicht mehr, an wen sie sich wegen einer Antwort wenden sollte. Sie knurrte ärgerlich, streckte die Hand aus und schnappte sich einen mit Mangwo gefüllten, ausgehöhlten halben Kürbis von einem Owauku, der an ihr vorbeiging und es nicht einmal bemerkte. Dann starrte sie den Kürbis weit nachdenklicher an, als es Schnaps vermutlich verdiente.
    Fast, dachte sie, als sie den Kopf in den Nacken legte und die Kürbishälfte in einem Zug leerte, aber noch nicht ganz.
     
    Feste, Bälle und Feiern waren trübe Erinnerungen in Lenks Gedächtnis. Er konnte sich an Essen, Lichter und Menschen erinnern. Aber nicht an Geschmack, Wärme und Gesichter. Das war beunruhigend, wie ihm bewusst war, ein Grund zur Sorge, aber er brachte es einfach nicht fertig, sich damit ernsthaft zu beschäftigen. Im Moment gab es keinen Platz auf der Welt für kalte Erinnerungen oder kalte Furcht. Die Freudenfeuer loderten fröhlich; der Schnaps hatte schon lange jede Besorgnis ertränkt, die ihn umgetrieben hatte, der Schweiß perlte von seinem Körper, und der Lendenschurz um seine Hüften hatte sich gefährlich gelockert.
    Es hat keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen , sagte er sich. Nach dem Kampo würde es niemals mehr eine ähnliche Feier geben. Selbst wenn er sich daran hätte erinnern können, waren die bescheidenen Feste von Steedbrook nicht
im Geringsten mit dem Wahnsinn der Owauku zu vergleichen.
    Und nach dem, was sie so sagte, war dieser Kampo auch etwas völlig anderes als die Festlichkeiten der Shict.
    »Jedenfalls«, Katarias Stimme klang erstickt vor unterdrücktem Gekicher, »gibt es letztlich nur drei Sachen, die zu feiern sich lohnen.« Sie zählte sie an ihren Fingern ab. »Geburtsfälle, Todesfälle und Überfälle.«
    »Überfälle.« Lenks Verstand schien seiner Zunge zu folgen statt andersherum. »Bei diesen Überfällen tötet ihr normalerweise Menschen, stimmt’s?«
    »Klar, manchmal, aber nur, weil sie am zahlreichsten sind. Aber wir töten auch Tulwar und Vulgores und Couthi ... das heißt Couthi nicht mehr, logisch, aber nur, weil wir sie schon erledigt haben.«
    »Also feiert ihr Geburt, Tod ... und noch mehr Tod?«
    »Wenn du es so blöd ausdrücken willst wie ein Blödmann... ist blöd, ja.« Ihre Worte klangen ein wenig undeutlich. »Aber es ist die ganze Atmosphäre, die es so besonders macht. Siehst du, wir bringen die ganze Beute ... ich meine, unser zurückerobertes Eigentum ins Lager und essen und trinken und singen, und wenn jemand besonders schwierig zu töten war, zerren wir seinen Leichnam ins Lager, wir nehmen nie einen Lebendigen, weißt du, und machen einen Weißbaum. Dabei packen wir sie an ihren Beinen und ... und...«
    Sie blickte hoch. Ihre glühenden grünen Augen bildeten einen seltsamen Kontrast zu dem fast schüchternen Lächeln, das sie ihm zuwarf.
    »Ist eine Tradition«, sagte sie glucksend. »Und obwohl sie brutal ist, steht es dir nicht zu, sie zu verurteilen.«
    »Das habe ich noch nie getan.« Er grinste sie ebenfalls an.
    »Schon, aber du hast daran gedacht.« Sie trat einen Schritt näher und wäre beinahe kopfüber hingefallen. Ihr Gesicht war nur eine Haaresbreite von seinem entfernt. »Das weiß ich. Ich kann dein Gehirn riechen.«
    In diesem Moment war diese Bemerkung das am wenigsten Ekelhafte an ihr, und ganz gleich, was sie roch, der Geruch ihres Gehirns war ganz gewiss nicht das, was in Lenks Nase

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