Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
sich trotzdem kaum bewusst, was da geschah. Als er es dann endlich begriff, hatte sein Körper längst reagiert. Er hatte seinen Arm um sie geschlungen, spürte die Anspannung in ihr, als er sie fest an sich zog. Seine andere Hand hatte er in ihre Locken gegraben, drückte ihren Mund fester auf seinen, und ein wildes Verlangen, von dem er nicht einmal gewusst hatte, dass es in ihm lauerte, schien aus seinem Mund zu strömen. Es war ebenso stark wie ihre Gier, wie seine Qual. Er hatte ihr Haar gepackt, während ihre Finger sich tiefer in seine Haut gruben, als er sie
immer fester an sich zog, während sie mit tierischer Wut an ihm zerrte.
Und als er endlich dazu kam, einen Gedanken zu fassen, war es ein Gedanke ohne Worte: ein kurzes, flüchtiges Gefühl einer überwältigenden Befriedigung, das ihn fast auf die Knie gezwungen hätte.
Und es wurde noch dadurch verkürzt, dass sie ihren Griff lockerte, die Hände zwischen sie schob. Die Wucht, mit der sie ihn zurückstieß, hätte ihm fast die Brust zerfetzt. Er landete mit dem Hintern im Sand. Dann starrte er zu ihr hoch, unerträglich angespannt und mit offenem Mund, nur um denselben Ausdruck auf ihrem Gesicht zu sehen.
»He ...« Ihre Stimme klang weich. »Das tut mir leid.«
»Nein, ist schon... das war nicht ...«
»Doch, war es«, unterbrach sie ihn und schüttelte den Kopf. »Das ... das war es wirklich, wirklich. Tut mir leid. Tut mir wirklich leid.« Ihr Gesicht verzerrte sich vor Qual, als sie herumwirbelte und an den Echsenmännern vorbeiraste, vorbei an den glühenden Feuern in die Nacht hinein. »Verdammt, verdammt, verdammt, verdammt ... !«
Er saß auf seinem Hintern im Sand und starrte in die Dunkelheit, in der sie verschwunden war, und konnte endlich einen klaren Gedanken fassen.
Gut gemacht, wirklich toll.
»Das ist nicht fair, nicht fair, nicht fair.«
Dreadaeleons Worte brannten wie Galle in seinem Mund. Sein Atem stank nach Säure; sein Mund schien fast vollkommen von einer Zunge ausgefüllt zu werden, die zweimal so groß war wie seine eigene. Und mit jedem Schritt, mit dem er hinter Togus Steinhaus lief, zog sich der Knoten in seinem Magen ein bisschen fester zusammen.
Er redete trotzdem weiter.
»Sie wollte gerade ... wollte ...« Er brach neben der Wand der Hütte zusammen und rang nach Luft, während er spürte, wie ihm die Galle in die Kehle stieg. »Sie wollte irgendetwas tun. Und dann muss das passieren? Ausgerechnet jetzt?«
Seine Entrüstung darüber wurde von einem schmerzlichen Krampf in seinem Bauch bestraft. Er stützte die Hände auf die Erde und öffnete den Mund, während er so stark würgte, dass es ihm fast die Kehle zerfetzte. Etwas braute sich in ihm zusammen, kämpfte sich mit dicken, klebrigen Fäusten durch seinen verknoteten Magen. Seine Augen traten aus ihren Höhlen, geblendet von Tränen. Er riss den Mund so weit auf, dass es schmerzte, in Erwartung dessen, was sich da den Weg aus seinem Hals brannte.
Das Erbrochene ergoss sich mit einem gurgelnden Schwall aus seiner Kehle, riss sich förmlich von ihm los und spritzte auf einen Strauch. Draedaeleon wusste nicht, wie lange es dauerte; seine Aufmerksamkeit war vollkommen davon in Anspruch genommen, alle anderen Körperöffnungen geschlossen zu halten.
Aber irgendwann hörte es auf, und schließlich lag Dreadaeleon keuchend im Sand. Die Galle tropfte über seine Lippen und bildete eine Pfütze auf der Erde. Der Schmerz ebbte langsam ab, aber nicht langsam genug, dass er ihm seine Gedanken, sein Bedauern und seine Wut erspart hätte.
Das hier war Grund genug, sich Sorgen zu machen. Es war sogar etwas, wovor er Angst haben sollte. Diese Reaktionen waren nicht normal, nicht für jemanden, der nicht am Zerfall litt, der Magierkrankheit. Jetzt war es Zeit für kluge Gedanken, für umsichtige Sorge. Ganz bestimmt jedenfalls sollte er nicht solche Wut fühlen, wie er sie empfand.
Aber er war so dicht dran gewesen.
Natürlich war es ein vollkommen unwürdiger Abgang; andererseits gab auch keine elegante Möglichkeit, davonzustürzen und sich die Eingeweide auszukotzen. Er wäre viel lieber geblieben, hätte weiter mit Asper über Philosophie diskutiert. Sie war so offen gewesen, offen genug, dass auch er sich öffnen konnte. Er hatte noch niemandem von seinen Eltern erzählt, von seiner Initiation ins Venarium. Sie hatte so
nachdenklich zugehört; sie hatte ihn so eifrig angesehen; sie hatte ihn sogar berührt. Er konnte immer noch ihre Finger auf seiner
Weitere Kostenlose Bücher