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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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in der Wildnis lebten, teilten ihre Umgebung mit Raubtieren; und jene, die wussten, wie man mit ihnen umzugehen hatte, besaßen auch das Talent dafür. Jene, die es nicht wussten, hatten keinen Instinkt, folglich hatte Riffid ihnen die Gabe nicht gegeben, folglich waren sie keine Shict.
    Kataria war eine Shict.
    Sie rief es sich ins Gedächtnis. Sie atmete langsam und gleichmäßig, hatte die Furcht tief in sich vergraben, hielt sie aus ihren Augen fern. Sie hockte gerade da, auf den Knien, mit steifem Rücken: Diejenigen, die eine schwächliche Haltung einnahmen, waren leichte Beute; diejenigen, die Aufmerksamkeit auf sich zogen, provozierten den Biss scharfer Zähne. Ihre Handgelenke in den Bändern aus ungegerbtem Leder waren entspannt: Ein Kampf ließ auf Schwäche schließen, Schwäche zog Aufmerksamkeit an. Sie zwang sich, ruhig zu sitzen, wagte keine Bewegung außer ihren raschen Atemzügen und schnellen, kurzen Blicken.
    Sie sah zu Asper, die neben ihr kniete, auf ähnliche Weise gefesselt. Die Priesterin hatte erst aufgehört, sich gegen ihre Häscher zu wehren, als man sie in die Kabine geschleppt hatte, in die Ecke neben Kataria. Als sie keinen Zorn mehr aufbringen konnte, hinter dem sie ihre Furcht hätte verbergen
können, wurde sie rasch davon überwältigt. Sie kauerte auf dem Boden, in Fesseln und mit gesenktem Kopf, atmete ruhig und unterdrückte ihr Schluchzen.
    »Talanas hilf mir«, flüsterte sie. »Ich habe so viel angezweifelt, ich habe mich vor allem gefürchtet, ich kann es nicht mehr ertragen, ich habe dir mein ganzes Leben gewidmet, bitte lass nicht zu, dass er das tut, bitte, bitte, bitte...«
    »Bleib ruhig«, murmelte Kataria. »Ruhig. Sprich nicht.«
    »Halt die Klappe!«, wimmerte Asper. »Halt den Mund, halt den Mund, halt den Mund. Du weißt nicht, was passieren wird. Das kannst du nicht wissen.«
    Kataria kniff die Augen zusammen und faltete ihre Ohren übereinander. Sie versuchte, das fiebernde Flüstern der Priesterin zu ignorieren, die Wahrheit ihrer Worte, jedoch vergeblich. Sosehr sie sich auch ins Gedächtnis rief, dass sie eine Shict war, dass sie wusste, wie man mit Raubtieren umgehen musste, konnte sie den Zweifel nicht ganz abschütteln, ebenso wenig wie die Angst.
    Und auch nicht das Geräusch von langen purpurnen Fingern, die auf Holz trommelten. Ebenso wenig konnte sie sich an ein Raubtier erinnern, dessen Augen wie Flammen gelodert hatten.
    Raubtiere waren Geschöpfe mit einfachen Trieben: Furcht, Hunger, Wut, all das sah man in ihren Augen. Nichts an Sheraptus jedoch war einfach, schon gar nicht seine Augen, aus denen Feuer loderte. Ihre Instinkte sagten ihr, dass sie ihn fürchten musste, aber er hatte sie noch nicht einmal angesehen, seitdem er sie auf das große schwarze Schiff hatte bringen lassen. Seine Macht war offenkundig, aber bislang hatte er nichts getan, um sie unter Beweis zu stellen, außer dass er seinen Niederlingen leise Befehle zugeflüstert hatte.
    Das Einzige, dessen sich Kataria bei ihm sicher sein konnte, war, dass sein von Flammen lodernder Blick nicht ihr galt. Und dafür war sie dankbar.
    Er lümmelte faul in einem schweren Stuhl aus Mangrovenholz, neben dem ein passender Tisch stand, hielt die Fibel in
den Händen und starrte desinteressiert darauf, während er nachdenklich mit den Fingern auf die Armlehne trommelte. Gelegentlich hob er die Hand und fuhr mit einem Finger über die Krone aus schwarzem Eisen auf seiner Stirn, entspannte sich, sobald er sie berührte, offenbar um sich zu überzeugen, dass sie noch dort war.
    Diese Krone war seine einzige Ablenkung, alles, was er in diesem Raum wirklich wahrzunehmen schien. Und sie schien seine Begeisterung zu teilen, denn ihre drei roten Juwelen glühten heller auf, sobald er sie berührte, sprachen in einer wortlosen, lodernden Sprache, die nur er verstand. Kataria bemerkte, wie er häufig über einen unhörbaren Scherz der Krone grinste, und die Falten an seinen Lippen vermittelten den Eindruck, dass sich sein Mund weiter dehnen konnte, als irgendein Mund das eigentlich können sollte.
    In diesen Momenten gelang es Kataria nur mit Mühe, ihre Furcht zu unterdrücken.
    »Woraus wird Papier eigentlich hergestellt?« Kataria zuckte zusammen, überrascht von der plötzlichen Frage und von dem aufrichtig neugierigen Tonfall seiner Stimme.
    »Holz«, knirschte eine Stimme.
    Sie hörte, wie sich Sheraptus auf seinem Stuhl bewegte, und wagte es aufzusehen. Er schien von der anderen Stimme etwas

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