Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
Silberhaarigen umbringen wollte? Warum hast du die beiden Frauen gerettet, die du angeblich hasst?«
»Um zu töten, zu kämpfen.«
»Zu welchem Zweck? Nur weil du wusstest, dass du ebenfalls sterben würdest, wenn sie sterben. An irgendeinem hässlichen Ort in dir, Weisester, weißt du es. Folge den Menschen. Lebe, Weisester. Die Shen können dir nichts geben.«
Gariath wartete einen Moment, bevor er sich umdrehte und davonging. »Sie können mir Antworten geben.«
»Das können sie nicht!«, rief der Ältere ihm nach.
»Wir werden es herausfinden. Ich werde die Shen aufsuchen, Großvater. Wenn ich zurückkehre, werde ich dir sagen, was ich von ihnen erfahren habe.«
»Du wirst nicht zurückkehren, Weisester!«, kreischte der Geist ihm nach. »Weisester!«
Er drehte sich nicht um.
»Gariath!«
Er blieb nicht stehen.
»SIEH MICH AN, JUNGE!«
Er blieb stehen.
Er drehte sich um.
Eine Faust flog ihm entgegen.
Das Brüllen des Älteren war genauso kräftig wie sein Schlag. Gariaths Zähne klapperten unter diesem Hieb, den er im ganzen Körper spürte. Jetzt war die Stille fort. Nach dem wütenden Schrei des Älteren wehte der Wind und schüttelte die Bäume. Der Teich wogte und rauschte zustimmend. Vierhundertneunundneunzig Stimmen vereinten sich in einer kurzen, geräuschlosen Antwort.
Gariath konnte sie hören, allerdings nur schwach. Das Gebrüll des Älteren schien alle anderen Geräusche zu übertönen. Die Fäuste bearbeiteten seine Sinne, als sie ihm einen Schlag nach dem anderen versetzten, als würde der Geist hoffen, dass irgendeine tiefere Wahrheit, die auf seine Knöchel geschrieben stand, sich in Gariaths Hirn prägen würde.
Aber Gariaths Schädel war sehr hart, und seine Hörner waren noch härter.
Was der Ältere feststellte.
Gariath durchbrach den Hagel aus Faustschlägen, und eine Wolke aus rotem Sprühnebel zischte aus seinem Mund, kündigte sein Gebrüll an, als er seinen Kopf gegen den des Geistes rammte. Sie krachten zusammen, und sein Vorfahre taumelte zurück. Gariath setzte nach und packte den Geist um die Taille.
Krallen zerfetzten seine Haut, doch er ignorierte sie. Fäuste hämmerten auf seinen Schädel, er achtete nicht darauf.
Mehrmals landete ein Fuß an einer höchst unangenehmen Stelle, und er bemühte sich nach Kräften, auch das zu ignorieren, als er den Älteren in die Luft hob und ihn dann zu Boden schleuderte.
So hart er konnte.
Gariath keuchte. Der Ältere brauchte nicht zu atmen. Der Geist schlug mit einer Wucht und einem Hass zu, der auch einem Jüngeren gut angestanden hätte. Oder einem Rhega. Gariath verspürte den Drang zu grinsen. Aber seine Bewunderung hielt nur so lange an, bis er den Unterschied zwischen ihnen erkannte. Er selbst blutete, und seine Knochen schmerzten. Der Ältere schien nur aus Flüssen und Felsen zu bestehen. Das Ende dieses Kampfes war Gariath vollkommen klar.
Und sein Herz schmerzte, weil er ihn beenden musste.
»Du bist müde, Großvater«, sagte er.
Der Geist riss die Augen auf. Er hörte nicht auf zu kämpfen; im Gegenteil, die Wildheit seiner Schläge nahm noch zu, und in sein Brüllen mischte sich eine neue, wilde Verzweiflung.
»Nein, Gariath!«, schnarrte er. »Ich bin nicht müde. Ich werde so lange gegen dich kämpfen, wie es nötig ist. Ich kann nicht zulassen, dass du alles wegwirfst. Ich kann dich nicht so enden lassen wie...«
»Geh schlafen, Großvater.«
Blut tropfte von einem Riss in einer Augenwulst und lief ihm in die Augen. Er kniff sie fest zu.
Als er sie wieder öffnete, war um ihn herum nichts anderes als Spritzer seines eigenen Blutes.
Er rappelte sich auf. Sein Körper protestierte trotz der Schmerzen nicht. Seine Muskeln schienen lediglich zu seufzen, und sein Fleisch schien sich leise zu beschweren. Schmerzensschreie waren für stolze Kämpfe reserviert, für Wunden, deretwegen man zu Recht laut schrie. Dies hier war kein solcher Kampf gewesen.
Blutend und übel zugerichtet schleppte er sich davon, um
sich zu erholen. Er war nicht sicher, woher die Shen gekommen waren, aber ihm schwante, dass er stark sein musste, wenn er diesen Ort erreichen wollte. Die Shen waren stark, letztlich und endlich. Sie waren Shen.
Und er war Rhega.
So wie jene, die hinter ihm im See ruhten. Jetzt waren ihre Schreie verstummt. Dieser kurze Funken von Leben, der sie durchzuckt hatte, war erstorben und die Welt mit ihnen. Der Wind hatte sich gelegt. Die Erde war still. Das Wasser war ruhig.
Stille legte sich erneut
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