Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
heilig. Sie würden den Zorn von Zamanthras fürchten.«
»Zamanthras wird nichts dagegen unternehmen.«
Sie folgte ihm, als er aus dem Portal des Tempels in den strömenden Regen trat und in den ohnmächtigen, wütenden Qualm von Feuern, die gelöscht wurden.
»Wie ist dein Name?«, fragte sie schließlich.
Er wartete einen Herzschlag lang, bevor er antwortete.
»Hanth«, sagte er dann. »Der Name meiner Tochter war Hanta.«
Sie grunzte. Zusammen gingen sie in die Stadt, suchten die am Boden Liegenden nach Lebenszeichen ab. Hanth starrte auf ihre Brust, suchte nach ihrem Atem, weil er ihr Stöhnen
und Flehen nicht hören konnte. Er konnte gar nichts mehr hören.
Donnernder Herzschlag in seinen Ohren übertönte jedes andere Geräusch.
Togu stand am Strand und starrte aufs Meer. Er erinnerte sich an prachtvolle Sonnenuntergänge, als er kleiner gewesen war und an der Seite seines Vaters hier gestanden hatte. Das Meer hatte sich durch die langsam untergehende Sonne in einen riesigen See aus glitzerndem Gold verwandelt. Dieser Anblick hatte ihn immer ermutigt, er hatte ihn als einen Blick in die Zukunft betrachtet, in seine Zukunft als Anführer.
Das waren schöne Zeiten gewesen.
Doch seit dem Tag, an dem sein Vater gestorben war, hatte er sehr viel gelernt. Gold verlor seinen Glanz. Schätze konnte man nicht essen. Und die Sonne, das schwor er jedenfalls, hatte ihr Licht immer mehr gedämpft, nur um ihn zu ärgern, sodass er nie wieder auf den Ozean blicken konnte, ohne die Welt in Flammen zu sehen.
Und auch Feuer hatte einst eine gänzlich andere Bedeutung gehabt.
Er blickte auf den gewaltigen Scheiterhaufen, der nur wenige Schritte von ihm entfernt loderte, und leckte sich die Augen, damit sie nicht austrockneten. Noch in der Nacht zuvor war dieser Scheiterhaufen ein Leuchtfeuer des Jubels gewesen. Sein Volk hatte sich darum versammelt, getanzt und gesungen und die Gohmns gegessen, die sie darauf geröstet hatten. Letzte Nacht hatte er in dieses Feuer gestarrt und sich ein zaghaftes Lächeln erlaubt.
Heute konnte er es kaum ertragen, länger als einige müde, tiefe Atemzüge hineinzublicken.
Er hatte es vor über zwei Stunden entzündet. Und erst jetzt hörte er die schweren Schritte auf dem Sand. Als er sich zu dem Geräusch umdrehte, stand Yaike bereits vor ihm, mit verschränkten Armen, hatte den Blick seines einen Auges auf den kleinen Echsenmann gerichtet.
»Du bist gekommen«, murmelte Togu.
»Du hast das Feuer entzündet«, erwiderte Yaike in ihrer rauen, zischenden Sprache.
»Das habe ich.« Togu zuckte zusammen. Die Sprache fühlte sich unnatürlich in seinem Mund an, seit er die menschliche Sprache gelernt hatte. Vielleicht lag es ja daran, dass Yaike ihn jetzt so verächtlich betrachtete.
Zumindest war es vielleicht ein Grund.
»Ich habe erwartet, dass Mahalar kommen würde«, murmelte Togu und wandte sich ab.
»Mahalar hat auf Jaga zu tun.«
»Dann Shalake. Shalake kam oft.«
»Shalake organisierte die Verteidigung von Jaga. Sprich mit mir, oder sprich mit niemandem.«
»Ich habe viele Jahre lang mit niemandem gesprochen!«, fuhr Togu ihn an. »Ich habe viele Feuer entzündet.«
»Die Nächte sind lang und gefährlich«, erwiderte Yaike. »Die Langgesichter durchpflügen die Wellen; die Dämonen schreiten darunter einher. Die Zahl der Shen ist begrenzt, und unsere Zeit ist es noch mehr. Wir brauchen uns bei niemandem mehr zu entschuldigen.« Er kniff das Auge zusammen. »Und ganz bestimmt nicht bei denen, die Fremde beherbergen.«
Togu drehte sich wieder zum Meer herum, wandte sich von Yaikes finsterer Miene ab. »Die Fremden sind tot.«
Er spürte Yaikes Blick wie einen Pfeil in seiner Schulter. Das war schon immer so gewesen. Dass der Shen nur ein Auge hatte, konnte die Intensität seines finsteren Blickes nicht mindern; im Gegenteil, sie schien ihm eine feine, verletzende Schärfe zu verleihen.
»Sie alle«, setzte Togu hinzu.
»Wie sind sie gestorben?«
Die meisten von ihnen sind ertrunken«, antwortete Togu. »Aber das wusstest du ja bereits. Du hast schließlich das Schiff versenkt, auf dem sie waren.«
»Du sagtest ›die meisten‹.«
»Eine von ihnen ist wieder an den Strand gekrochen.« Er drehte sich zu dem Shen herum und sah ihn fröhlich an. »Ich habe ihr die Gurgel durchgeschnitten.«
»Sie...«, flüsterte Yaike.
»Ja. Sie.«
Er war nicht daran gewöhnt, dass Yaike grinste. Es war ein höchst unerfreulicher Anblick. Vor allem als der Shen die Ecke seines
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