Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
und das leise Klicken der Füße von Ungeziefer, das über den Strand huschte, würden das Dahinscheiden des letzten Rhega begleiten. Vielleicht war es wirklich ganz passend, dass er auf diese Weise ging. Der Tod lastete schwer auf seinen Schultern, und er beugte sich endlich unter dem Gewicht seiner eigenen Sterblichkeit. Nur die knopfähnlichen, funkelnden Augen der Krabben würden sehen, wie das vornehmste aller Geschöpfe verschwand und diese Welt den schwächlichen rosahäutigen Seuchen überließ.
Die Akaneed summte in der Ferne. Das vibrierende helle Geräusch erreichte den Strand und verscheuchte die Insekten. Die Wellen schienen tief Luft zu holen, zogen sich weit ins offene Meer zurück und hielten ihren gischtigen Odem an, als die See ruhig und friedlich wurde. Die Geräusche starben, das Meer starb, und Gariath entschloss sich, mit ihm zu sterben.
In dieser Stille war der Lärm ohrenbetäubend.
Und er erkannte sofort, dass ihn Schritte erzeugten, die im Sand knirschten. Jemand schritt langsam und gelassen über den Strand, vollkommen gleichgültig gegenüber dem Versuch des Drachenmannes zu sterben.
Vielleicht war es ein alter Feind, einer der vielen gesichtslosen Knochensäcke, die er zerfetzt, zerschmettert, aber nicht getötet hatte, und der jetzt mit gezücktem Schwert Vergeltung suchte. Vielleicht war es auch ein neuer Feind, irgendeine verängstigte Kreatur, die langsam und zögernd ging, bereit, ihn mit einer Waffe zu durchbohren, die sie in zitternden Händen hielt.
Oder aber, wenn die Götter wirklich Wert darauf legten, ihre Existenz zu beweisen, könnte es auch einer seiner früheren Gefährten sein. Vielleicht hat ja einer von ihnen überlebt, dachte er, und will sich jetzt rächen. Er lauschte aufmerksam auf das Geräusch.
Die Schritte waren zu schwer, als dass sie der spitzohrigen Menschenfrau gehören konnten. Außerdem würde sie ihn nicht angreifen, solange er ihr den Rücken zukehrte. Und die Schritte waren zu entschlossen, als dass sie dem ungeschickten dürren Menschen mit den feurigen Händen gehören konnten. Der würde ihn einfach aus der Ferne umbringen.
Er hoffte sehr, dass es nicht die große braunhaarige Menschenfrau war. Sie würde wahrscheinlich in Tränen aufgelöst erscheinen, schluchzend Erklärungen verlangen, während sie selbstgerecht behauptete, dass die anderen den Tod nicht verdient hätten. Da war ihm schon die Ratte lieber. Ja, die Ratte würde zu ihm kommen und ihm ein Messer in die Gurgel rammen; das würde ganz sicher selbst einen Rhega töten, der unter einem schweren Anfall von Ironie litt.
Es schmerzte ihn, sich vorzustellen, dass die Füße, die diese Schritte erzeugten, Lenk gehören könnten. Denn der Tod, den er, Gariath, so sehr verdient hatte, würde ihm aus den Händen des jungen Mannes niemals zuteilwerden.
Die anderen wussten alle, wie man tötet. Lenk allein wusste, wie man verletzte.
Die Schritte verstummten direkt neben seinem Kopf. Gariath hielt den Atem an.
Kein Schlag, kein Stahl, keine Rache. Der Schatten, der über ihn fiel, war eher warm als kalt. Selbst im Vergleich zu der untergehenden Sonne war diese Hitze eindeutig vertraut und willkommen, als sich schwere Arme sanft um ihn schlangen.
Er hatte eine solche Wärme nicht mehr empfunden, seit...
Fast fürchtete er sich davor, seine Nüstern zu blähen und tief einzuatmen. Es durchzuckte ihn, und er riss die Augen weit auf, als er einen Duft wahrnahm, der seine Sinne überwältigte und den Geruch des Meeres übertönte. Er öffnete den Mund, sog den Duft ein und konnte es kaum glauben, dass er seinen Körper erfüllte.
Flüsse und Felsen.
Er blickte hoch in schwarze Augen, die ihn unter einem Paar Hörner anstarrten, von denen eines kürzer war und einen zackigen Rand hatte, dort, wo es abgebrochen war. Die Schnauze, über welcher ihn diese Augen anstarrten, war runzlig und vernarbt, aber straff. Jede Runzel war ein Zeichen von Stolz und Weisheit. Die Hautfalten an beiden Seiten der Schnauze fächerten sich auf, blutrote Blütenblätter einer verwelkenden Blume, die schon seit langer Zeit keinen Regen mehr gesehen hatte.
Allein die vom Alter unberührten Augen zogen Gariaths Blick an. Sie wirkten sanfter als seine, was ihre Tiefe umso mehr betonte. Waren seine Augen harte, gnadenlose und durchsichtige Türen, schienen die Augen, die auf ihn herabblickten, Fenster zu sein, die sich in eine endlose Nacht öffneten.
Der alte Rhega lächelte und zeigte abgenutzte Zähne.
»Weißt
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