Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
ihm. Trotzdem hatte sie das Bedürfnis, nach dem Grund dafür zu fragen.
»Wieso interessiert dich das?« Sie kauerte auf dem Boden, wie eine Wildkatze, die bereit ist, anzugreifen, und hatte die Ohren aggressiv an ihren Kopf gepresst. »Bist du wütend, dass du nicht derjenige bist, der sie umbringt?«
»Sie spielen keine Rolle.« Er erhob sich wie ein roter Monolith, seine Muskeln zuckten, und seine Krallen krümmten sich. »Ich spiele keine Rolle.« Seine Beinmuskeln spannten sich an, und er kniff die Augen zusammen. »Du spielst keine Rolle!«
Er wirbelte eine Staubwolke auf, als er sich auf sie stürzte. Ihre Ohren klangen unter seinem wütenden Gebrüll; sie spürte, wie die Haare auf ihrem Hals sich unter seinem heißen Atem kräuselten, als sie geduckt unter ihm durchhuschte. Ihr Rückgrat zitterte, als seine Kiefer sich mit einem vernehmlichen Schnappen eine Haaresbreite darüber schlossen.
Sie hörte, wie er krachend ins Unterholz brach, aber sie drehte sich nicht um. Sie kroch über die Steine, während ihr
Verstand sich ebenso schnell bewegte wie ihre Beine und Arme, als sie nach Fluchtmöglichkeiten suchte und feststellte, dass sie ausgesprochen dünn gesät waren.
Kämpfen war unmöglich, wäre es sogar gewesen, wenn sie ihren Bogen und ihr Messer gehabt hätte. Sich zu verstecken war ebenfalls sinnlos, denn seine Nase führte ihn ebenso sicher, wie ihre Ohren sie selbst führten. Verhandeln ... das schien an diesem Punkt ihrer Meinungsverschiedenheit ziemlich aussichtslos zu sein. Da ihr nichts anderes übrig blieb, drehte sie sich zu ihm herum, als er sich in einer Explosion aus Erde und Blättern aus dem Dickicht befreite.
Sie schleuderte das Fürsprech nach ihm.
Er senkte den Kopf und ließ zu, dass der Stock gegen seinen Schädel prallte. Solche Hiebe von Grünshict waren berüchtigt, und ihre Stöcke zertrümmerten Schädel ebenso leicht wie Melonen. Aber was auch immer sie sein mochte, eine Grünshict war sie nicht. Ihr Stock krachte gegen seine Stirn und fiel harmlos klappernd auf die Felsen.
Er trat darüber hinweg. Sein Schweif zuckte hinter ihm herunter, riss den Stock hoch und schleuderte ihn in den Fluss, wo er im Wasser verschwand. Kataria sah ihm fassungslos nach, als er davonschwamm; die weiße Feder war einen langen, schrecklichen Moment noch zu sehen. Sie zwang sich, den Blick davon loszureißen, zwang ihre Furcht aus ihrem Gesicht und ersetzte sie durch knurrende, zähnefletschende Wut.
»Also, was soll das?«, fauchte sie. »Warum kämpfst du gegen mich? Du bekommst nicht mal einen Kratzer, geschweige denn, dass du stirbst!«
»Sterben ist nicht von Bedeutung ... nicht mehr«, knurrte er. »Sondern leben.«
»Du erwartest doch hoffentlich nicht, dass ich glaube, du hättest dir das alles allein ausgedacht.«
»Ich erwarte von dir nur, dass du stirbst.« Er näherte sich ihr vorsichtiger, als sie erwartet hatte. Oder zögerte er etwa? »Und außerdem interessiert es mich nicht, ob ich lebe. Wichtig ist, dass er lebt.«
»Wer? Lenk?«
»Ich brauche ihn.«
Sie hielt inne und blinzelte. »Du ... ihn ... wofür ...?«
»Ich weiß es nicht!« Er brüllte, zum größten Teil aus Wut, aber es mischte sich auch ein Unterton von Schmerz darunter. »Einige Leben ... sind mehr wert als andere.«
»Was ist mit meinem Leben?« Sie wich zurück, als er weiter auf sie zukam. »Ich habe neben dir getötet. Ich habe gekämpft. Ich dachte, du würdest das respektieren.«
»Ich mochte es, ja. Respektiert habe ich es nie.« Er zog seine dünne rote Lippe verächtlich hoch. »Du bleibst trotzdem ein spitzohriger Mensch. Bleibst dumm, schwach und musst irgendwann sterben.«
»Und wann bist du zu diesem Schluss gekommen?«, erkundigte sie sich. »Vor diesem weiteren vergeblichen Versuch, dich umzubringen? Oder nach einem gescheiterten Versuch, diese dumme, schwache Shict zu töten?«
»Halt den Mund.« Seine Ohrlappen zuckten. Sein Blick wanderte von rechts nach links, bevor er sich auf sie richtete. »Du hättest auf dem Meer sterben sollen. Ich nicht. Das ist mir jetzt klar.«
»Und was ist mit Lenk? Wenn er nun dort gestorben ist?«
»Er lebt.«
»Woher weißt du das?«
»Und du?«
Sein Angriff kam schnell, wurde jedoch irgendwie halbherzig ausgeführt, nur von Wut geleitet, nicht voller Hass. Kataria wich aus, flüchtete jedoch nicht. Vielleicht wollte er ihr ja die Möglichkeit geben, genau das zu tun? Nein. Das würde er für feige halten. Der Wahnsinn, der ihn in seinen
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