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Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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absichtlich neben den großen Gruben stehen geblieben waren, aus denen bestialisches Gelächter drang, untermalt von dem Krachen von Knochen und dem Schmatzen, mit dem Fleisch verschlungen wurde, hatte sie nicht ein einziges Mal zum Himmel emporgeblickt.
    Jedenfalls nicht zum Firmament. Sie hatte allerdings einmal den Blick gehoben. Er war fast magnetisch von der Terrasse angezogen worden, von der aus man den schwarzen blutgetränkten Strand überblicken konnte.
    Augen, in denen rotes Feuer loderte, hatten ihren Blick erwidert.
    Sheraptus hatte sie nur dieses einen Blickes gewürdigt. Er hatte ihr nicht zugelächelt, sie nicht lüstern betrachtet, hatte nicht damit geprahlt, was er ihr angetan hatte oder ihr noch antun würde.
    Er stand einfach nur da und starrte sie an. Das allein genügte, dass sie ihren Blick in die Grube richtete und dachte, es wäre vielleicht einfacher, sich hineinzustürzen, in die Kiefer der dort lauernden Kreaturen.
    Die Niederlinge hatten sie gepackt, bevor sie diesen Gedanken ernsthaft erwägen konnte. Sie hatten ihr die Arme hinter den Rücken gebogen, sie an Leichen, Flammen, Rauch und Blut vorbeigezerrt in etwas Riesiges, Dunkles.
    Trotz alldem, trotz der Leichen, des Leids, das so fühlbar in der Luft lag, dass sie kaum Luft bekam, des keckernden Gelächters dieser Kreaturen in den Gruben undtrotz seiner Anwesenheit hatte sie nicht gebetet. Nicht einmal, als die Zellentür mit einem Knall hinter ihr zugeschlagen wurde. Es gab kein Licht in der Zelle außer dem, was vom weit entfernten Eingang der Höhle hereinfiel. Sie kam nicht einmal auf den Gedanken zu beten.
    Nicht, bis sie wahrgenommen hatte, dass sie nicht allein in der Zelle war.
    Nicht, bis sie Sheraptus’ andere Opfer kennengelernt hatte.
    Danach war es einfacher.
    Heiliger Talanas, der Du Deinen Leib geopfert hast, auf dass wir erkennen … Die alten Worte strömten in ihr Hirn, als sie sich bemühte, sich trotz des Schluchzens in der Dunkelheit zu konzentrieren, wisse dies und wisse immer, dass ich Dich niemals um etwas für mich selbst gebeten habe, sondern immer nur darum, dass es mir vergönnt sein möge, Schmerzen zu lindern und Wunden an Körper und Seele zu heilen.
    »Er kommt nicht immer«, flüsterte das Mädchen. »Nicht immer. Manchmal kommt er hierher und starrt uns durch die Gitterstäbe an. Ich kann in der Dunkelheit nur … nur seine Augen sehen.«
    Sein Name war Nai. So viel hatte Asper nach einigen Stunden in der Finsternis aus dem Mädchen herausbekommen. Der Anfang war zäh gewesen. All ihre Fragen nach dem Ort, an dem sie sich aufhielten, oder danach, was die Niederlinge mit ihnen vorhätten, wurden nur von einem leisen Wimmern beantwortet.
    Asper drängte es nicht. Sie hatte schon häufiger mit Opfern zu tun gehabt, mit Ehefrauen, die von ihren Männern geschlagen worden waren, mit Kindern, die Leid erfahren hatten, wie erwachsene Männer es nicht kannten, mit Menschen, für die selbst das Sprechen eine Qual war. Menschen, die nicht einmal daran erinnert werden wollten, dass sie noch Menschen waren.
    Asper hatte stets abgewartet.
    Schließlich hatte das Mädchen geredet.
    »Manchmal, manchmal tut er auch gar nichts. Er …« Als Nai fortfuhr, zitterte ihre Stimme so sehr, dass sie ihr immer wieder den Dienst versagte. »Er steht einfach nur da und beobachtet mich, und dann … dann … dann dreht er sich um, verschwindet und sagt nichts. Nichts. Gar nichts.«
    »Aha«, erwiderte Asper.
    Worte, nur Worte, aber mehr hatte Asper nicht zu bieten, wie sie sehr wohl wusste. Sie hatte keine Ahnung, wie Nai aussah, dafür war es zu dunkel. Insgeheim war Asper dafür dankbar. Denn das bedeutete, Nai konnte auch nicht sehen, wie die Heilerin zitterte, als das Mädchen mit der Schilderung seiner Gefangenschaft fortfuhr.
    Offenbar war Nai von einem gekaperten Handelsschiff entführt worden. Die Niederlinge waren während einer Flaute neben sie gerudert, hatten das Schiff geentert und dann das gemacht, was sie am besten konnten. Sie hatten nichts geraubt; das Massaker an Deck war offenbar nur deshalb veranstaltet worden, damit sie auf die aufgeschlitzten Leichen spucken konnten.
    Nai hatte nicht die geringste Ahnung gehabt, warum man ausgerechnet sie verschont hatte. Nicht, bis man sie auf diese Insel verschleppt hatte, vorbei an den Gruben mit den lachenden Kreaturen und den Gonwa, die am Strand verbluteten, um sie in diesen finsteren Kerker zu werfen. Als ihr schließlich alle Gebete ausgegangen waren, wünschte

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