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Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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sie sich, sie läge regungslos und steif zwischen den anderen Toten an Deck des Schiffes.
    Asper hatte ihr zugehört. Sie wusste um die Qualen, die sie erlitten hatte, wusste um die Ketten um ihre Handgelenke, um all die Male, in denen sie versucht hatte, sich gegen ihn zu wehren. Und sie wusste um all die Male, in denen sein Lächeln nur strahlender geworden war, während er sie zu Boden zwang.
    Jedes Wort des Mädchens wühlte ihre Gefühle auf, brannte in ihrem Magen, schnürte ihr das Herz zusammen. Jedes Wort kündete von den Schrecken und Qualen durch Sheraptus’ Hände, Qualen, denen sie selbst nur mit knapper Not entkommen war. Und mit jedem Wort klang Nais Stimme ferner, während Asper gegen den Drang ankämpfte, die Ohren zu verschließen und einfach zusammenzubrechen.
    Aber sie hielt ihre Tränen zurück. Und sie schloss auch Nais Stimme nicht aus. Sie lauschte. Nicht, um zu erfahren, was man ihr antun würde, oder um sich eine Möglichkeit auszudenken, ihm und seinem lüsternen Grinsen aus dem Weg zu gehen. Nein, sondern nur deshalb, weil Nai nichts als Worte geblieben waren und das Mädchen sie aussprechen musste.
    Asper hörte zu.
    Und betete.
    In Demut bete ich, und voller Bescheidenheit bitte ich Dich, dachte sie, formte die Worte lautlos mit den Lippen in der Dunkelheit, ich weiß, dass ich schwach bin und nichts zu geben habe, aber ich gebe aus vollem Herzen, so wie Du es einst für uns getan hast.
    »Und manchmal nimmt er dich nur«, fuhr das Mädchen fort. Seine Stimme wurde von Schluchzen erschüttert. »Mitten in der Nacht … oder auch am Tage. Ich weiß es nicht. Ich kann die Sonne nicht mehr sehen. Er kommt, dann nimmt er dich, und du kämpfst gegen ihn … und du schlägst ihn … und du beißt ihn und er … er …«
    Aber so, wie Du aus vollem Herzen gibst und wie Du uns befohlen hast, unsere Zeit und unsere Liebe und unseren Leib zu geben, flehe ich Dich an, betete Asper, mir die Gunst zu gewähren, den Willen aufzubringen zu heilen, was verloren ist. Bitte, ich flehe …
    »Er lacht nur. Als wäre es das Komischste von der Welt. Er packt dich mit seinen Händen und drückt dich auf den Boden und …«
    Im Namen von …
    »Er sagt Dinge. Worte. Sie ergeben keinen Sinn. Und da ist ein Licht. Du kannst seine Zähne sehen, er lächelt, und seine Augen sind groß und weiß, und er ist so glücklich und … und …«
    Bitte, Talanas, bitte … gib mir einfach die Kraft …
    »Er bringt dich dazu zu schreien.«
    Bitte … gib mir nur …
    Doch so endete das Gebet nicht. Nicht darum sollte sie bitten. Sie hob die Hand, langsam, damit Nai es nicht merkte, und wischte sich die Tränen aus den Augen.
    Keine Tränen. Das sagte sie Talanas und auch sich selbst. Sie braucht Hilfe. Ich habe um Hilfe gebeten. Du kannst mir keine Tränen geben. Ich kann ihr keine Tränen geben.
    Worte mussten genügen, so schwach sie auch sein mochten.
    Sie öffnete den Mund, um zu sprechen, schwache, erbärmliche Worte zu äußern, als ihr etwas zuvorkam. Ein langes, unmenschliches Klagen drang aus der Ferne zu ihnen, wie eine Hand, die sich verzweifelt aus der Dunkelheit zum Licht streckte.
    Die Schreie kamen stoßweise, manchmal viele, manchmal nur wenige. Manchmal war es nur ein langer, einsamer Schrei aus einem dunkleren, tieferen Ort. Asper fragte. Nai drückte sich die Hände auf die Ohren und schüttelte den Kopf. Asper fragte noch einmal.
    Nicht nach dem Wesen, das diese Schreie ausstieß. Sie konzentrierte sich auf die Opfer, mit denen sie sprechen konnte.
    Unwillkürlich glitt Aspers Blick zu einem weiteren Mädchen in der Zelle. Jedenfalls vermutete sie, dass es sich um ein Mädchen handelte. In der Dunkelheit konnte sie das unmöglich feststellen, aber Nai sprach gelegentlich als »sie« von dem zerlumpten Bündel aus strähnigem Haar und zerfetzter Kleidung.
    »Sie« hatte kein Wort gesagt, seit die Tür mit einem metallischen Knall hinter Asper verriegelt worden war.
    »Wie heißt sie?«, erkundigte sich Asper jetzt.
    »Ich weiß es nicht, ich weiß nicht. Sie war schon hier, als man mich hierhergebracht hat. Ich habe gefragt. Ich habe sie gefragt. Aber sie hat es mir niemals gesagt. Sie hat mich nur angesehen und gesagt, ich wäre jetzt dran. Sie sagte, ich müsste gehen, wenn er käme, und dass sie es nicht mehr tun könnte und dass es ihr leidtäte und dass ich niemals aufhören sollte zu schreien, wenn ich überleben wollte …«
    »Sie« rührte sich nicht einmal bei dieser Erklärung und bewegte

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