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Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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sich auch nicht, als Asper sanft eine Hand auf sie legte. Sie reagierte nicht auf Berührungen und leistete auch keinen Widerstand, als Asper sie auf den Rücken drehte. Sie blinzelte nicht einmal, als Asper in ihre Augen blickte. Es waren Augen, die zerbrochenem Glas ähnelten: zersplittert, glänzend und vollkommen leer.
    »Was ist ihr geschehen?«, fragte Asper.
    »Sie hat aufgehört zu schreien.« Nais Stimme war ein leises ersterbendes Flüstern.
    Niemand im Himmel oder auf der Erde hätte ihr Vorwürfe machen können, wenn sie jetzt zusammengebrochen wäre. Niemand würde ihr verdenken, wenn sie anfing zu weinen, zu kreischen oder zu flehen. Aber als Asper »sie« anstarrte, diese junge Frau, die nur atmete, mehr nicht, drängte sich ihr unwillkürlich eine Frage auf.
    Was ist er?
    Sie wusste nicht, wen sie fragte oder wer ihr antworten sollte. Ebenso wenig war ihr klar, warum sie erst jetzt fragte. Aber sie musste es wissen. Sie überlegte, wer zu so etwas fähig war. Nicht im moralischen Sinne, sondern rein körperlich. Wer konnte so einfach ein menschliches Wesen wie einen Becher in die Hand nehmen, es umdrehen und alles ausgießen, was in ihm war, um es dann fallen und auf dem Boden zerspringen zu lassen?
    Was für eine Art von Kreatur hatte eine solche Macht?
    Ein Gott, dachte sie. Sie behandeln ihn wie einen Gott. Die Niederlinge zittern vor ihm. Nai spricht nur flüsternd von ihm. Und sie … Asper blickte auf das Mädchen herunter, das zu Asper hochsah, durch Asper hindurchblickte. Er hat sie genommen. Er hat ihr alles genommen.
    Nur gab es keine Götter.
    Denn niemand hatte ihre Gebete erhört.
    Sie war immer noch hier, in der Finsternis, mit einer leeren, zerschmetterten gläsernen Hülle und einem Mädchen, dem nichts mehr geblieben war als Worte. Niemand kam. Nicht vom Himmel. Nicht von der Erde. Es gab keine Antwort auf ihre Gebete.
    Es gab nur sie.
    Es gibt keine Götter, sagte sie sich. Und wenn es keine Götter gibt, dann gibt es niemanden, der so etwas tun kann. Niemand kann mir so etwas antun. Und auch niemand anderem. Es gibt keine Götter.
    Sie blickte auf ihre linke Hand, die sie zu einer Faust geballt hatte. Unter dem Ärmel ihres Gewandes, unter ihrer Haut spürte sie es. Sie trug die Qual wie einen Handschuh, während der Schmerz in ihr aufstieg, ein vertrauter Schmerz, ein sehr willkommener Schmerz. Einer, den sie hoffentlich nur allzu bald weitergeben konnte.
    Er kann es.
    Etwas bewegte sich unter ihrer Hand, als »sie« scharf den Atem einsog.
    Es war eine winzige Regung, die bei jedem anderen unbeachtet geblieben wäre. Doch bei einer Frau, deren einzige Bewegung bisher darin bestanden hatte, gelegentlich zu blinzeln, war es mehr als genug, um Aspers Aufmerksamkeit zu erregen.
    Kaum hatte sie registriert, dass sich Schritte von eisernen Stiefeln auf dem steinernen Boden näherten, flog auch schon die Tür der Zelle auf. Sie konnte die großen, muskulösen Frauen nicht sehen, die in ihr Verlies strömten. Aber sie spürte ihre Hände, das kalte Eisen ihrer Handschuhe, als sie sie hochrissen, ihr die Arme auf den Rücken drehten und sie aus der Zelle zerrten.
    Asper hätte vielleicht geschrien, wäre vielleicht versucht gewesen, sich auf die Qualen in ihrem Arm zu konzentrieren, sie zu beschwören und sie gegen die Niederlinge einzusetzen. Sie war sich nicht schlüssig, was sie tun sollte. Es war schwierig, etwas zu hören, und noch schwieriger, einen klaren Gedanken zu fassen, solange Nai schrie.
    »Nein, nein, nein, nein, neinneinnein!«, kreischte das Mädchen. Asper hörte, wie es von ihnen wegkrabbelte, sich aus ihrem Griff riss, mit den Fingerspitzen über den Boden kratzte, als die Niederlinge es kurzerhand an den Knöcheln packten und hinausschleiften. »Nein, bitte nicht noch einmal, nicht schon wieder, nicht schon wieder, ich war brav, ich habe das nicht verdient, bitte, bitte, bitte, bitte …!«
    Bitten, Tränen, Schreie. Ein einziges Geräusch der Verzweiflung, das durch die Zelle hallte. Dazu gesellten sich die Schreie aus dem Inneren der Höhle, eine endlose, unablässige Kakofonie, die Asper begleitete, als sie gewaltsam zu einem fernen Lichtkreis am Ende des gewundenen Korridors gezerrt wurde.
    Sie sah die Gestalt in diesem Ring aus Licht stehen. Ein großer Schatten, der seine Hände hinter dem Rücken gefaltet hatte.
    Und im Schatten sah sie sie. Zwei Lichter, blutrot und glühend heiß. Sterne in der Hölle.
    Die Furcht, die sich über sie gelegt hatte, seit sie

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