Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
vielleicht sogar verängstigt. Er hätte vielleicht geschrien, wäre sein Mund nicht plötzlich und unerwarteterweise vollkommen voll gewesen.
Und hätte sich dann entleert.
Erbrochenes spritzte aus seinem Mund und breitete sich in der Luft aus wie ein schimmernder gelblich grüner Drachen. Dann landete es platschend auf den Schultern der Bestie sowie auf den Händen und dem Gesicht der Reiterin. Diese zeigte keinen Ekel, sondern schien nur verärgert. Doch das änderte sich einen Herzschlag später. Auf ihrem Gesicht erschien ein anderer Ausdruck.
Schmerz.
Die Kotze fing an zu brodeln, zu dampfen, bösartig zu zischen. Was auch immer der Zerfall ihm und seinen Körpersäften antat, fügte er auch der Kreatur und ihrer Reiterin zu, als er sich innerhalb von Sekunden in ätzende Säure verwandelte.
Das Sikkhun stieß einen gequälten Schrei aus und bockte. Reiterin und Magus flogen durch die Luft. Dreadaeleon war kaum auf der Erde gelandet, als ihn Hände an den Armen packten und hochrissen. Während er halb geblendet vor Schmerz war, endete das Lied der Sirene in seinen Ohren, und er stöhnte.
»Denaos?«
»Nein«, antwortete Asper, als sie ihn wie einen besonders schimmeligen Kartoffelsack über ihre Schulter warf. »Tut mir sehr leid. Er versucht, das Boot flottzumachen.«
»Ich habe Euch gerettet, das wisst Ihr.«
»Mit Kotze. Ich hab’s gesehen. Sehr beeindruckend.«
»Das solltet Ihr eigentlich nicht sehen. Entschuldigung.«
»Schon gut.«
»Eigentlich sollte ich der …«
»Kannst du vielleicht einen Moment den Mund halten?«, fragte sie. »Bitte.«
Auch gut, dachte er. Das nächste Wort in seinem Satz wäre sowieso etwas gewesen, das er bereits zuvor verdaut hatte. Allerdings machte das die Demütigung, hochgehoben und in das Boot geschoben zu werden, nicht erträglicher. Denaos und Hongwe stießen sich mit den Rudern von den Felsen ab, versuchten, das Schiff freizubekommen.
Grünhaars Lied erklang wieder, das Wasser um ihre Knöchel stieg an. Sie lockte das Wasser, ermunterte es, zum Boot zu fließen, ebenso wie sie Klarheit in Dreadaeleons Verstand gelockt hatte.
Sie kann Wasser bewegen, dachte er. Im Blut, im Verstand und in den Lenden. So also bewerkstelligt sie das, was sie tut. Ein guter Trick. Ich sollte sie fragen, wie er funktioniert. Er richtete seinen Blick auf den Strand. Vorausgesetzt allerdings, das da ist nicht das, wonach es aussieht .
War es aber.
Die Niederling hatte sich aufgerappelt und stand neben ihrem wild um sich schlagenden Reittier, das sich allerdings schlagartig beruhigte, als sie ihm mit der Faust einen Hieb gegen die Seite des Schädels versetzte. Knochen krachten, das Sikkhun schüttelte seine mächtigen Kiefer und grinste breit, als sich das Langgesicht wieder auf den Rücken der Kreatur schwang.
Niederlinge zeichneten sich, jedenfalls seinen wenigen Erfahrungen nach zu urteilen, nicht gerade dadurch aus, dass sie über eine große Bandbreite von Möglichkeiten verfügten, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen.
Letzten Endes handelte es sich bei all ihren Gefühlen um verschiedene Abstufungen von Wut, so wie sie sich jetzt auf ihrem Gesicht zeigte. Aber bisher waren es immer ihre üblichen Wutausbrüche gewesen. Der Zorn, der das Gesicht dieser Niederling verzerrte und in eine Masse aus Narben und Furchen verwandelte, schien jedoch eine persönliche Note zu enthalten.
Ihre Wut spornte sie an, so wie sie die Kreatur anspornte, als sie frontal angriff. Das Sikkhun gehorchte, rauschte in einer kreischenden, klappernden, keckernden Kugel aus Knochen, Blut und Fell heran.
»Sie sieht … wütend aus«, stellte Dreadaeleon fest.
»Sie sehen alle wütend aus«, sagte Denaos, während er vor Anstrengung knurrte.
»Ich meine, richtig wütend.« In dem Moment fiel sein Blick auf das, was der Assassine um die Hand geschlungen hatte: eine Kette, an der ein Steinbrocken hing. »Was ist das?«
»Ich habe es erwischt, als sie mich von dem Sikkhun gestoßen hat«, antwortete er.
»Gib es ihr zurück!«
»So funktioniert das nicht!«
»Willst du sie noch mehr verärgern?«, fragte Asper, die sich ängstlich hinter die Reling des Bootes duckte. »Sie kommt!«
»Warum hängt immer alles an mir?«, knurrte Denaos und stemmte sich mit aller Kraft gegen das Boot. »Warum kann dein Seeflittchen nicht einfach lauter singen?«
Die Erde explodierte unter den Füßen des Sikkhuns, die Sonne weigerte sich, sich in dem gewaltigen Schwert widerzuspiegeln, das die Niederling
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