Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
gähnte. »Von überhaupt gar nichts.«
»Das klingt nicht sehr gut.«
»Oh nein, im Gegenteil, es ist sehr schön. Ich sehe kein Feuer. Und ich kann keine Stimmen mehr hören.«
»Soll ich dich schlafen lassen?«
»Ich glaube, es wäre mir lieber, wach zu sein.«
»Nein, das stimmt nicht.«
Bei diesen Worten schlug er die Augen auf. Kataria lag neben ihm, den Arm beschützend um seinen Hals geschlungen. Sie hatte die Augen geschlossen, und ihr Körper hob und senkte sich sacht unter ihren Atemzügen. Sie knurrte leise in einem Traum, als er sich unter ihrem Arm bewegte. Aber sie rührte sich nicht und wachte auch nicht auf.
Das Licht der Sterne war erloschen. Das gedämpfte Schimmern des Kelp war noch dunkler geworden und hinterließ nur eine schwache Ahnung davon, wie Licht sein sollte. Lenk starrte in die Schatten des Abgrundes. Er bemerkte, wie etwas davonglitt, sich in die Dunkelheit zurückzog.
»Schlaf weiter«, flüsterte etwas irgendwo in der tiefsten Dunkelheit.
Er blinzelte. Tränen brannten in seinen Augen. Schwüle Luft lag wie eine Decke über seiner nackten Brust. Selbst wenn er sich hätte einreden können, dass all dies nur Teil eines Traums wäre, überzeugte ihn das Gefühl von körnigem Sand zwischen seinen Arschbacken zweifelsfrei davon, dass er wach war.
Einen Moment lang überlegte er, ob er nicht tatsächlich einfach weiterschlafen sollte. Er fragte sich, ob er nicht weiter hier liegen sollte, ihren Körper an seinen geschmiegt, ihren Duft noch in seiner Nase, und sich daran klammern sollte, als wäre es ein Traum.
Er überlegte immer noch, als er längst aufgestanden war, aber nur so lange, bis er seine Hose fand. Obwohl er sich danach immer noch fragte, warum genau er sich gezwungen fühlte, der Stimme in die Dunkelheit zu folgen, wusste er, dass er sich auf jeden Fall besser fühlen würde, wenn er mit einer Hose bekleidet ins Unbekannte ging.
Die Schatten schienen alles zu verschlingen, als er hinabstieg. Erst verstummten sämtliche Geräusche, sodass er nicht einmal das Knirschen des Sandes unter seinen Füßen hören konnte. Dann erlosch das Licht, als das purpurne Glühen von der Finsternis gefressen zu werden schien. Und schließlich hatte er den Eindruck, selbst in dem Dunkel zu verschwinden, das unersättlich alles zu verschlingen schien.
Fast alles.
Irgendwo, unglaublich fern und doch viel zu nah, hörte er, wie etwas über den Sand glitt. Er erspähte winzige Reflexionen eines Lichts, das eigentlich gar nicht existieren konnte, das aber dennoch auf etwas Glattem schimmerte.
Irgendetwas war mit ihm hier unten.
War das nicht vielleicht ein wirklich guter Grund umzukehren?
Trotzdem tat er es nicht. Er musste weitergehen. Um Kataria zu beschützen, um einen Weg aus dem Abgrund zu finden. Er konnte einen ganzen Packen von Gründen vorweisen, von denen er selbst keinen einzigen glaubte. Vielleicht war es einfach nur die primitive Intelligenz von Motten, die ihn zu dem Licht zog.
Das Licht. Der winzig kleine blaue Punkt am äußersten Rand seines Blickfeldes, der allmählich heller wurde, als er sich ihm näherte. Etwas zwang ihn, ihm zu folgen.
Immerhin redete er mit ihm.
»Ich wollte dich nicht wecken«, sagte er von irgendwo weit weg.
»Schon gut.«
»Es ist schwer, dich zu hören. Vorher warst du laut, aber jetzt … Entschuldigung. Konntest du mich hören? Da oben?«
Es war nur ein Flüstern, ebenso zart wie das Atmen eines Fisches. Und weil es so schwach war, erkannte er es. Er hatte es schon einmal gehört. Das Licht wurde größer, aber nicht heller, als er sich ihm näherte.
»Ja«, sagte er. »Ganz deutlich. Du hast versucht, mich zu warnen.«
»Du wirktest verängstigt. Ich fand, ich sollte versuchen, dich zu warnen. Hat sie dich getötet? Bist du bereits tot?«
»Ich spreche doch mit dir, stimmt’s?«
»Das bedeutet nichts. Wir leben immer, selbst wenn wir tot sind. Und wenn wir tot sind, tun wir nichts anderes als zu reden.«
»Oh«, antwortete er. »Also, nein. Ich bin lebendig.«
»Das ist gut.«
Schließlich befand sich nur noch ein großer Gesteinsbrocken zwischen ihm und dem Licht, ein riesiger, scharfkantiger Felsbrocken, der aus einem noch gewaltigeren und weniger scharfkantigen Gestein herausgebrochen sein musste. Das Glühen floss darum herum, ein blaues Licht, das erwartungsvoll aufblühte.
Er hatte bereits zuvor gelegentlich Grund gehabt zu bezweifeln, dass die Götter Interesse an den Angelegenheiten der Menschen hegten. Hier war
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