Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
strahlte eine Spur von Gier aus. »So wie es deine ebenfalls sein könnte.«
Obwohl Dreadaeleon vieles sprachlos gemacht hatte, angefangen von einer spitzen Bemerkung von Denaos bis zu dem einen Mal, als Asper sich ein bisschen zu weit vorgebeugt hatte, war der Jüngling keineswegs gedankenlos. Und auch wenn er vermuten konnte, worauf die Sirene anspielte, schaffte er es nicht, es sich genauer vorzustellen oder die Konsequenzen zu bedenken.
Oder die Kosten.
»Nein«, war das einzige Wort, das er herausbrachte.
»Ich habe ihn gesehen, Gelehrter. Ich habe ihn beobachtet. Er geht davon aus, dass sich die ganze Welt und alle Kreaturen darin wie seine Kriegerinnen vor ihm verneigen. Deshalb wird der Plan deiner Freundin scheitern. Er kann keine Welt verstehen, die erlaubt, dass er stirbt.«
»Nein.«
»Aber die Krone … Er verehrt sie. Er trägt sie ständig. Er fürchtet ihren Verlust. Ich habe gesehen, wie er sie abgesetzt hat. Ich weiß, dass man sie ihm nehmen …«
»Nein.«
»… und jemand anderem geben kann.«
» NEIN .«
»… damit er ihre Macht einsetzt, wie er es tut.«
» DAS REICHT !«
Sein lauter Schrei erregte zumindest die Aufmerksamkeit der Shen, die nach einem finsteren Blick der Sirene jedoch weiter ihre Waffen schärften und Federn an den Pfeilen befestigten.
»Hörst du dir eigentlich selbst zu?«, erkundigte sich Dreadaeleon. »Weißt du, was du da vorschlägst?«
»Ich weiß, dass die Krone Macht verleiht.«
»Und weißt du auch, woher sie kommt?«
Sie nickte ernst.
»Und du weißt ebenfalls, dass dies in den Augen des Venarium Ketzerei ist?«
»Ich weiß, dass es in den Augen der Seemutter und der Welt notwendig ist«, erwiderte Grünhaar entschieden. »In den Augen einer Welt, die unter unseren Füßen zusammenbricht, wenn Ulbecetonth anfängt, sich ihren Weg aus dem dunklen Ort freizukratzen, an den sie geschickt wurde.«
»Und ich soll dem Einhalt gebieten, indem ich das Leben von …« Er lächelte ungläubig. »Ich habe nicht einmal gezählt, wie viele Echsen in dieser Felsenkammer gewesen sind, wie viele es noch geben mag und wie viele sie bereits getötet haben, um ihre Macht in einem Maße zu steigern, wie es niemals hätte geschehen dürfen.«
»So mächtig sie auch sein mögen, du bist mächtiger als sie. Du hast die Vision, und du hast den Willen dazu. Wenn nur deine Grenzen ebenso aufgehoben würden wie ihre.«
»Die Steine übertragen diese Begrenzungen. Der Preis wird immer noch gezahlt, nur von jemand anderem.«
»Und wenn du diese Bürde nicht mehr länger tragen musst, könntest du …«
» SIEH SIE DIR AN !« Er deutete mit dem Arm über die Shen. »Siehst du, wie sie dich ansehen? Mit welcher Ehrfurcht? Mit welcher Bewunderung? Und du behauptest, ich sollte ihre Artgenossen opfern? Lebende Wesen, die nahezu ehrfurchtsvoll deinen Namen aussprechen. Kreaturen, die keine Ahnung haben, dass du gerade sagst, ich solle sie bei lebendigem Leib verzehren, um Häresie zu begehen.«
»Ich sage, du solltest einige opfern«, erwiderte Grünhaar, deren Stimme ein wenig zitterte.
»Und wenn einige nicht genug sind? Wenn wir mehr brauchen?«
»Dazu wird es nicht kommen.«
»Das kannst du nicht wissen. Dieser Preis ist zu hoch, um einige wenige zu retten.«
»Um alle zu retten!« Sie fauchte fast. »Gibst du dich etwa der Täuschung hin, dass Ulbecetonths Bedrohung sich auf diese Insel beschränkt? Die Dämonen kehren zurück. Wenn Ulbecetonth ausbricht, wird sie die Welt ersäufen, sie wird die Menschheit in den Untergang treiben, damit ihre Kinder es bequemer haben. Wenn die Langgesichter morgen obsiegen, werden sie diese Welt ebenfalls in dunklere Hände geben. Du könntest beide aufhalten, wenn es dir nur an …«
»… Gewissen mangelte?«
» An Beschränkungen.«
Zum ersten Mal schien die porzellangleiche Fassade ihres Gesichts Risse zu bekommen, mischte sich ein Misston in die Melodie ihrer Stimme. Die Sirene verwandelte sich in ein Wesen aus verzweifelten Blicken, gefletschten Zähnen, schweißnassen Schläfen und einem drängenden, flehentlichen Flüstern. Mit einem Mal war sie eine gierige, hungrige, weinerliche und sterbliche Kreatur.
»Ich kenne dich. Ich kenne deine Gedanken. Ich weiß, was du willst, ich weiß, was du tun würdest, um es zu bekommen, und ich kenne die dunklen Orte, an die du nicht zu gehen wagst und die ganz einfach nicht existieren. Deine einzige Furcht ist, dass man dich nicht respektiert, dass du nicht stark genug sein
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