Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
wandte er den Blick ab. Noch schwieriger jedoch war es, auf das andere Ende der Brücke zu blicken, die dem obersten Treppenabsatz gegenüberlag, und auf die steinerne Tür, die in die Flanke des Berges eingelassen war.
Es war eine einfache Steinplatte, die in einem Rahmen aus Granit saß und mehr als zwei Meter tief in die Flanke des Berges eingelassen war. In den Sims war das Abbild von Ulbecetonth eingemeißelt. Sie streckte die Hände wohlwollend aus der Bergflanke heraus. Die Bäche, die vom Gipfel des Berges hinabrieselten, verwandelten sich hier in dünne Rinnsale; es sah aus, als würden Tausende von ihr vergossene winzige Tränen in das Becken darunter fallen.
Dies hier. Dieser Felsen. Diesen Felsen in einem Felsen und all diese winzigen Tränen würden sie morgen bekämpfen.
Dafür würden viele sterben.
»Der Tod hat dich früher nie besonders gekümmert«, meinte er.
»Vielleicht tut er das ja jetzt. Ich weiß jedenfalls, dass er dich bedrückt.«
»Ich war eigentlich ganz zufrieden damit, mein Schiff zu besteigen, die Hautsegel zu setzen und davonzusegeln.«
»Deine Haut…« Sie verkniff es sich, diesen Gedanken weiterzuverfolgen, weil er einfach unerträglich dumm war. »Wenn dich das alles nicht kümmern würde, wärst du überhaupt nicht erst hierhergekommen. Wir hatten hundert Chancen zu verschwinden, einen einfacheren Auftrag mit besserer Bezahlung anzunehmen, aber du hast dich entschieden, dieser Fibel bis hierher zu folgen.«
»Das habe ich nicht, nein. Etwas anderes hat mich gezwungen hierherzukommen. Etwas in meinem Kopf. Und dieses Etwas hat sich nicht darum gekümmert, wie viele Leute möglicherweise sterben würden. Ich glaube, es war von dieser Möglichkeit sogar begeistert. Aber ich bin nicht wegen des Buchs hier. Sondern ich bin wegen dieses Etwas hier.«
»Und du hättest ihm widerstehen können, so wie du es schon zuvor getan hast. Aber du bist hier, bei mir.«
»Und bei den Dämonen. Den Niederlingen. Den Shen.«
»Und bei mir«, wiederholte sie. »Und wenn du immer noch weglaufen willst, ist das hier deine letzte Chance.« Sie schnalzte mit der Zunge und warf einen Blick auf die Sterne über ihr. »Aber wenn du dieses eine Mal etwas für eine Sache tun willst, die es vielleicht wert ist, nicht wegzulaufen …, dann, nehme ich an, ist das hier ebenfalls deine letzte Chance.«
Er wich ihrem Blick aus und seufzte, während er sich auf seine Knie stützte.
»Es fällt mir nur einfach schwer, den Sinn von alldem zu erkennen. Wir töten die Niederlinge, und was dann? Ulbecetonth ist immer noch da unten.«
»Dann töten wir sie ebenfalls.« Sie schnaubte verächtlich. »Ich sagte, dass wir dies hier nicht dadurch lösen können, dass wir weglaufen. Gewalt ist immer noch eine gute Antwort.«
»Wie sollen wir sie denn töten? Was auch immer in mir war, hat die Dämonen getötet, nicht ich. Dieses Etwas hat mich am Leben erhalten. Ohne es bin ich …«
»Nicht verrückt«, unterbrach sie seinen Redefluss und trat neben ihn. »Du bist nicht wahnsinnig. Du hörst nur dir selbst zu. Alles andere, was du getan hast, ist auf Drängen irgendeiner Stimme in deinem Kopf geschehen oder wegen eines Traumes, der dich verfolgt hat. Aber jetzt …«
Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter, drückte sie beinahe liebevoll und lächelte.
»Was auch immer du morgen tust, wirst du für dich tun.«
Er unterdrückte ein Lächeln und hoffte, sie würde die Tränen, die sich in seinen Augenwinkeln bildeten, für das Ergebnis irgendeines überwältigenden Gefühls halten. Und nicht etwa glauben, dass sie ihm in die Augen traten, weil sie gerade diesen Haufen aus verfaulendem, eitrigem Fleisch quetschte, der seine Schulter war.
Sie stand auf. Er wartete einen Moment, um einen Schmerzensschrei niederzuringen, bevor er ihr folgte. Sie gingen gemeinsam zum Rand der Treppe, wo sie zwischen Sternen gefangen zu sein schienen. Unter ihnen brannten die Lagerfeuer der Shen, an denen die Echsenmänner ruhig ihrer Arbeit nachgingen. Und über ihnen tanzten und wogten im Schatten des Berges die Fische mit den Lichtern in ihren Körpern.
»Da.« Kataria deutete auf eine weit entfernte Stelle, wo die Straße aus dem riesigen Sandkreis hinausführte und im Korallenwald verschwand. »Dort werde ich es tun.«
»Du klingst schrecklich zuversichtlich.«
»Warum auch nicht?«, fragte sie und grinste. Ihre Reißzähne schimmerten. »Immerhin bin ich ja ich.«
»Um ihn zu töten, könnte vielleicht mehr
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