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Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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und vertrieb einen Schwarm roter Fische, als sie mit beiden Füßen auf dem Meeresgrund landete. Eine Sandwolke wirbelte auf und wurde von einer Strömung davongetragen, die sie offenbar nicht berührte. »Und davor hast du es mir gesagt.«
    »Wann?«
    »Als du gerufen hast.« Sie drehte sich um und ging davon. »Ich höre dir jetzt bereits eine Weile zu. Es gibt nicht mehr allzu viele Stimmen, deshalb höre ich die wenigen, die rufen, ziemlich deutlich.«
    Als sie sich von ihm entfernte, wurde das Meer unerträglich heiß. Die kalte Strömung folgte ihr, und er tat es ebenfalls. Er sah zu spät, dass sie neben einer scharfkantigen Koralle stehen blieb, und musste ziemlich abrupt anhalten. Sie blickte nicht zu ihm hoch, sondern betrachtete ein schwarzes Loch in der Koralle.
    »Stimmen?«
    »Zwei Stimmen.« Sie griff in das schwarze Loch. »Es sind immer zwei Stimmen. Die eine ist schmerzerfüllt, ruft unablässig, weint bitterlich und sagt ständig ›Nein, Nein, Nein.‹ Das ist die Stimme, der ich folge. Das ist die schwache Stimme.«
    Sie zuckte zusammen, und ihr Arm zitterte. Sie zog ihn aus der Koralle heraus. Eine Muräne hatte sich in ihre Finger verbissen. Der Fisch wand sich gereizt, während sie seinen schlanken Hals umklammerte und ihn vor ihr Gesicht hob, um ihm in die weißen Augen zu starren.
    »Und die andere?«, erkundigte sich Lenk.
    »Sie ist lauter, immer kalt und schwarz. Sie spricht nicht zu mir, sondern zu meiner Stimme, zu meinem kalten Inneren.«
    Er starrte sie an. Die Frage lag ihm auf der Zunge, obwohl er die Antwort bereits kannte. Er musste sie trotzdem stellen. Er musste hören, wie sie es sagte.
    »Was verlangt diese Stimme von dir?«, erkundigte er sich. Sie sah ihn an. Ihre Finger packten zu. Ein kurzes Knacken, und die Muräne hing schlaff in ihren Händen. Das Schwanzende rollte sich auf, als reckte es sich der Sonne entgegen.
    »Zu töten«, erwiderte sie schlicht.
    Ihre Blicke begegneten sich, ihre Augen sahen tiefer in den anderen hinein, als es Augen zustand. Es schien, als würde jeder von ihnen versuchen, den Schädel des anderen zu öffnen, hineinzublicken und herauszufinden, was die eisige Stimme des anderen murmelte.
    Er spürte, wie ihm die Kälte das Rückgrat hinaufkroch. Er wusste, was seine Stimme sagte.
    »Also«, sagte er leise und tastete nach einem Schwert, das nicht da war. »Du bist hier, um …«
    »… dich zu töten?« Ihr Lächeln klang nicht gerade herzlich. »Nein.« Sie ließ die Muräne los und sah zu, wie sie davontrieb. »Das liegt nicht in meiner Natur.«
    Er rieb sich den Kopf. »Ich will nicht unhöflich sein, aber für gewöhnlich ist das genau der Moment, wo ich die Geduld mit den anderen Stimmen in meinem Kopf verliere. Also könntest du mir vielleicht freundlicherweise sagen, warum du hier bist?«
    »Ich bin hier, Lenk, weil du dabei bist, dich umzubringen.«
    »Dieser Gedanke ist mir tatsächlich schon gekommen. Ich mache mir nur Sorgen, dass die Hölle noch erheblich schlimmer sein könnte als …« Er deutete auf das Riff. »Als das hier, verstehst du?«
    »Wieso bist du so sicher, dass es eine Hölle gibt?«
    »Weil ich gesehen habe, was da herauskommt.«
    »Dämonen werden nicht in der Hölle gemacht. Sie werden von der Hölle erschaffen.« Sie deutete mit einem Finger auf ihn. »Und zwar von der Art Hölle, durch die du gerade gehst.«
    »Ich gehe nicht …«
    »Tust du wohl!« Ihre schneidende Stimme war so scharf, dass sämtliche Fische flüchteten. Alle Farben erloschen, und es blieben nur noch finstere graue Korallen und endloses Blau übrig. »Du hörst sie jedes Mal, wenn du glaubst, du wärst allein. Du siehst sie jedes Mal, wenn du deine Augen schließt. Du fühlst sie in deinem Blut, du fühlst, dass du deinen Körper mit ihr teilst. Sie spricht nie laut genug, dass die anderen sie verstehen können, aber sie macht dich taub. Wenn sie hören könnten, was sie sagt, dann, das weißt du, würden sie ebenfalls schreien, wie du es tust.
    Töte. Töte!«, zischte sie. »Und du gehorchst. Nur damit sie aufhört. Aber ganz gleich, wie viel Blut dein Schwert auch trinkt, es ist nie genug.« Sie zog ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Selbst wenn du alle tötest, Lenk, selbst wenn du sie tötest, wird es immer noch nicht genug sein.« Ihre Stimme hallte durch das Wasser, durch sein Blut. Sie sprach nicht nur zu ihm. Da war noch etwas anderes, das ihr zuhörte.
    Es versuchte Lenk zu betäuben, sein Blut abzukühlen und seine Knochen

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