Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
verschlang, mit großen roten Bissen. Es rülpste, knisterte belustigt über seine eigene Brutalität und griff mit lodernden Händen nach ihm. Das Feuer wollte, dass er den anderen Gesellschaft leistete.
Lenk machte sich Sorgen um die Toten.
Er ging zwischen ihnen umher, sah in die ihm zugewandten Gesichter. Männer. Frauen. Der Bart eines alten Mannes, rußgeschwärzt, die Gesichtshaut aufgeplatzt. Die Gesichter der Toten blickten ihn wie durch rauchverhangene Spiegel an. Aber er konnte sich nicht an ihre Namen erinnern.
Er blickte hoch und stellte fest, dass der nächtliche Himmel sich viel zu schnell bewegt hatte. Die Erde gab sich Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Er war jetzt weit weg von Steedbrook. Diese Welt hatte er auf einer anderen schwarz verbrannten Erde zurückgelassen. Jetzt befand sich Holz unter seinen Füßen, das von demselben Feuer glühte, welches den Mast hoch über seinem Kopf verzehrte. Ein Schiff. Eine Erinnerung.
Eine andere Art von Feuer.
Dieses hier kümmerte sich nicht um ihn. Dieses Feuer verschlang alles in widerwilligem Schweigen, Segel wie Holz, und erlosch in dem Wasser, das allmählich stieg. Lenk achtete nicht darauf. Er dachte nur an die Gesichter, an diejenigen, die ihm etwas bedeuteten.
Die Gesichter der Verräter.
Denaos, dunkeläugig. Asper, mürrisch. Dreadaeleon, arrogant. Gariath, unmenschlich. Sie tauchten aus dem Feuer auf und näherten sich ihm. Sie fragten ihn nicht, ob ihm heiß war. Außerdem war ihm ohnehin eher kalt, so kalt wie das Schwert, das plötzlich in seiner Hand lag. Danach fragten sie ihn ebenfalls nicht. Stattdessen drehten sie sich um, einer nach dem anderen. Und boten ihm ihre Nacken dar.
Er schlug ihnen den Kopf ab, einem nach dem anderen, bis nur noch ein Gesicht übrig war.
Kataria.
Grünäugig.
Heimtückisch.
Sie kehrte ihm nicht den Rücken zu, bot ihm nicht den Nacken dar. Er konnte ihr schwerlich den Kopf abschlagen, wenn sie ihm in die Augen sah. Er starrte sie an.
Mit blauen Augen.
Voller Hass.
Sie starrte zurück. Es waren nicht seine Hände, die sich um ihre Kehle legten. Es war nicht seine Stimme, die erklärte, was er tat, wäre rechtens. Es war nicht sein Blut, das in seine Finger strömte und seine Knochen zum Zittern brachte, als sie versuchten, in ihren Hals einzudringen, sich dort zu wärmen.
Aber es waren seine Augen, ihre Augen. Während die Welt um sie herum verbrannte und im gleichgültigen Meer versank, waren ihre Augen voll von dem jeweils anderen.
Er ließ seine Lider sinken. Als er sie wieder hob, befand er sich tief unten im Meer. Ein Fisch, aufgebläht und stachlig, starrte ihn mit glasigen Augen an. Seine Flossen wedelten sacht hin und her, während er vor Lenks Gesicht dahintrieb und sich dabei auf und ab bewegte.
»Jedenfalls«, sagte er, »ist es im Großen und Ganzen so passiert.«
Der Fisch wich zurück; er schien ihm zu verübeln, dass er die feierliche Stille gebrochen hatte. Er drehte sich beleidigt herum und schwamm rasch davon, verschwand zwischen den lebendigen Vorhängen aus Algen, die sich aus dem Riff erhoben.
»Wie unhöflich.«
»Was hast du denn erwartet?«
Er drehte sich um. Die Frau saß auf einer Kugel aus gefurchten Korallen und betrachtete ihn.
»Ich rede und atme, obwohl ich mehrere Meter unter Wasser bin.«
»Das scheint dich nicht zu überraschen«, erwiderte sie.
»So etwas passiert mir ziemlich häufig.« Er tippte sich an die Stirn. »Die Stimmen in meinem Kopf neigen dazu, die Dinge zu verändern. Von daher ist es nicht ganz unwahrscheinlich, dass sie mich dazu bringen, mit einem Fisch zu reden.« Er sah sie scharf an. »Aber eigentlich müsstest du das alles doch wissen, oder nicht?«
»Warum sollte ich?«
»Kannst du meine Gedanken nicht lesen?«
»Nicht genau.«
»Alle anderen konnten es.«
»Ich bin keine Stimme in deinem Kopf«, erwiderte sie.
Inmitten von alldem hier in diesem … was auch immer es war, schien das am glaubwürdigsten. Ihre Stimme kam aus dem Wasser, wurde von der kalten Strömung getragen, die nur zwischen ihnen beiden zu existieren schien. Sie wirbelte um ihn herum, durch ihn hindurch, war überall, nur nicht in ihm.
»Was bist du dann?«, fragte er.
»Ich bin einfach so wie du.«
»Du bist nicht einfach so wie ich.«
»Na gut, das ist wohl offensichtlich. Denn ich will meine Freunde nicht ermorden.«
»Du hast gesagt, du könntest meine Gedanken nicht …«
»Habe ich auch nicht. Du hast sie mir gezeigt.« Sie sprang von der Koralle
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