Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
überleben?«, erkundigte sie sich.
»Ich bin geklettert«, erwiderte Kataria, ohne ihrem Blick zu folgen. »Mit aller Kraft, die ich hatte, und sehr schnell. Ich musste einen großen Bogen um das Feuer schlagen und bin gerade noch rechtzeitig zurückgekommen.«
»Um …«
»Ja. Um es zu sehen.«
Asper hätte nicht gefragt, auch wenn Katarias Ton nicht angedroht hätte, dass eine Frage zu körperlichen Züchtigungen führen würde. Sie hatten es alle gesehen.
Ihn, verbesserte sich Asper. Wir haben ihn gesehen. Lenk. Er ist ein Er. Kein Es. Er ist immer noch … er ist immer noch …
Sie wusste nicht genau, wie sie diesen Gedanken zu Ende führen sollte. Denn sie war sich nicht sicher, was Lenk war. Was für eine Kreatur konnte sich so bewegen, wie er es getan hatte? Was für ein Wesen musste man sein, wenn man eine Haut hatte, die innerhalb eines Lidschlags steingrau wurde?
Er war Lenk.
Und jetzt erst fing sie an, sich zu fragen, was Lenk eigentlich war.
Sie war nicht darauf vorbereitet gewesen, sich diese Frage zu stellen, ganz zu schweigen davon, dieses grünäugige schwarz-rote Biest aus der Hölle zu fragen, das er auf den Armen hierhergeschleppt hatte. Und doch spürte sie in ihren Händen, wie der Körper der Shict unter einem Seufzer erzitterte.
»Was auch immer passiert ist«, flüsterte Kataria, »was auch immer er getan hat oder nicht getan hat … oder nur ein bisschen getan hat … Er ist alles, was ich noch habe.«
Genau genommen entsprach das nicht ganz der Wahrheit. Asper blickte von der Treppe auf die Barrikade hinab und von dort über das Schlachtfeld. Da war auch noch ein Leichnam, der in einer Pfütze aus verschiedenen Flüssigkeiten im Sand lag, neben dem großen und haarigen Kadaver eines Sikkhuns, dessen Blut auch nach seinem Tod noch langsam aus seinem Leichnam sickerte.
Doch das war nur eine Leiche. An der Barrikade lagen noch mehr. Und die meisten gingen auf Gariaths Konto. Sie waren zu großen Haufen aus Haut und Eisen gestapelt worden, Mauern aus Fleisch, die jene Stellen stopften, wo die Korallen zerschmettert waren. Sie lagen in einem Durcheinander aus Gliedmaßen da, in Pfützen aus Blut und mit zerschmetterten Schädeln. Niedergestreckt von Macheten, Keulen oder übereifrigen Niederlingen, die versucht hatten, sich rücksichtslos an ihren Kameradinnen vorbeizudrängen.
Die Toten der Shen waren weggeschafft worden. Ihre Kameraden hatten sie die Treppe hinaufgetragen, und die Blicke dieser Echsen hatten so viel Neid auf den Tod ihrer Gefährten ausgedrückt, dass Asper nicht mehr sonderlich viel Vertrauen zu ihnen aufbringen konnte. Selbst wenn sie deutlich weniger Verluste erlitten hatten als die Niederlinge, waren sie ihren Feinden immer noch zahlenmäßig weit unterlegen, die jetzt ihrerseits bemerkenswerte Zurückhaltung zeigten, während sie in der Mitte des Ringes lagerten.
Gelegentlich wurde eine Gruppe von Langgesichtern es überdrüssig, den Befehlen zu gehorchen, welche die Carnassiae ihnen zuschrien, und griffen an. Regelmäßige Pfeilsalven der Bogenschützen der Shen hielten sie auf Abstand, und der Sand war mit ihren Leichen übersät.
Die Shen am Fuß der Treppe schrien den Bogenschützen zu, sie sollten endlich mit dem Schießen aufhören, grölten, sie sollten diese Niederlinge doch kommen lassen, damit sie den Kampf bekämen, den sie verdienten. Selbst die gelegentlichen stählernen Sterne, die ihre Barrikaden zerschmetterten, konnten ihre Blutgier nicht dämpfen. Sie klingen fast wie die Niederlinge, fand Asper, wäre da nicht ein Unterschied gewesen.
Die Stimmen der Shen klangen voll, fett und gedehnt, und voller Zuversicht, die Gariath und Kataria ihnen eingeflößt zu haben schienen. Sie klangen fast gelassen, wollten nur einen schnellen Kampf. Die Schreie der Niederlinge jedoch waren gierig, sie hungerten nach Blut für ihre Schwerter. Sie wollten mehr.
Sie waren Niederlinge. Sie würden mehr bekommen.
Weil er es ihnen geben würde.
Sie blickte in die Menge, die so weit entfernt war und trotzdem so riesig wirkte. Das Gewühl aus purpurner Haut und schwarzem Eisen war sehr dicht, und doch suchte sie es ab, spähte schärfer dorthin und fürchtete den Moment, an dem ihr Blick auf ihn fiel und …
»Hör damit auf.«
Katarias grollende Stimme klang drohend. Sie warf Asper einen bösen Blick über die Schulter zu, der sich wie ein Speer in sie bohrte.
»Womit soll ich aufhören?«
»Nach ihm zu suchen. Du weißt doch, dass er da unten
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