Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
Stimme in seinem Hinterkopf. Die eine Stimme, die er zurückgelassen hatte. Die Stimme, die gegen das Innere seines Schädels trommelte und flüsterte.
»Nicht hier. Nicht so.«
Das Wasser bewegte sich wieder, und Blitze zuckten. Um ihn herum trieben plötzlich ein Dutzend Gestalten an die Oberfläche. Das gewaltige Maul schloss sich abrupt. Die gelben Augen, die Dutzende von kleinen gelben Kreisen weiteten sich.
»Nein. Nein. NEIN !«
Das Wasser zitterte wie unter einem Erdstoß, als ein schwaches Rumpeln aus den Höllenpforten erschallte und stetig lauter wurde.
»Lass sie in Ruhe!«
Die Krakenkönigin schrie jemanden an. Die gelben Augen richteten ihre Blicke auf die Oberfläche. Ein riesiger schwarzer Tentakel erhob sich und durchbrach das Wasser. Lenk spürte, wie etwas in ihm aufschrie.
»Schwimm!«
Er brauchte nichts weiter zu tun, als zu gehorchen. Sein Blut war eiskalt, als er an die Wasseroberfläche stieg, sich nur die Zeit nahm, sein Schwert zu packen. Das Flüstern in seinem Hinterkopf wurde lauter. Das war besorgniserregend. Aber nur für Leute, deren Lunge nicht vorhatte, jeden Moment zu platzen.
Er durchbrach keuchend die Oberfläche und stöhnte gequält. Dann paddelte er mit den Füßen und betrachtete mit müden Blicken den Felsvorsprung, auf dem sich ein Gemetzel abspielte.
Sie bewegten sich wie Schatten. Langgesichter in schwarzen Rüstungen warfen sich in den Kampf. Sie bohrten ihre Speere in Froschwesen, wehrten mit ihren Schilden die primitiven Knochenmesser und die Klauen der Abysmyths ab. Sobald sich eine Gelegenheit bot, sprang eine von ihnen auf einen der riesigen Dämonen zu und rammte ihren Speer tief in dessen Maul, bevor sie eine grüne Phiole aus dem Gürtel zog und sie in die offene Wunde schleuderte. Dann wurde sie von dem darauf folgenden Chaos aus kochendem Dampf, kreischenden Schreien und ungezielten, verzweifelten Schlägen zurückgeschleudert.
Doch es kamen immer mehr. Froschwesen und Abysmyths zogen sich aus dem schwarzen Wasser, um ihren Brüdern beizustehen. Langgesichter strömten weiterhin durch die Durchgänge, angezogen vom Geräusch der Schlacht.
Kataria stand am Rand des Wassers und wich immer weiter zurück. Ihre Angreifer lagen vor ihr, auf die unterschiedlichste Weise massakriert, und sie stand da und schwang eines der primitiven Knochenmesser. Das Blut auf ihren Händen war ein untrügliches Zeichen, dass sie alles andere als eine leichte Beute war.
»Was zum Teufel ist das denn?«, fauchte Lenk, nachdem er zu ihr geschwommen war.
Als Kataria zu ihm herumfuhr, schimmerten ihre Augen blutunterlaufen, und ihr Mund war blutbefleckt. Sie starrte ihn nur so lange an, bis ihr klar wurde, dass sie ihn nicht töten musste, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Massaker vor sich richtete.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte sie gepresst. »Sie sind aufgetaucht, unmittelbar nachdem du in die Tiefe hinabgezogen wurdest, und haben angefangen zu kämpfen. Bis jetzt habe ich vier von ihnen getötet.«
»Tatsächlich«, stieß Lenk hervor, als er sein Schwert auf den Fels warf und sich aus dem Wasser zog. »Und du hast nicht daran gedacht, mir zu folgen?«
»Nein, Lenk. Statt in einen bodenlosen, dunklen Abgrund zu springen, in dem es von Dämonen nur so wimmelt, habe ich mir lieber die Froschwesen vom Hals gehalten, die gerade versuchten, mich umzubringen.« Sie zeigte ihm ihre blutigen Zähne. »Und warum zur Hölle muss eigentlich immer wieder ich diejenige sein, die dich ständig rettet? Ich habe ein Langgesicht für dich getötet. Ich habe sogar deinetwegen auf meinen Bruder geschossen!«
»Du gibst also zu, dass du bereits mehrfach versucht hast, mich zu retten, nur diesmal nicht?«
»Du blöder …« Sie spitzte die Ohren und spannte sich an. Er hörte das schrille Heulen ebenfalls, sah, wie die Luft vibrierte, und kam dann auf die Idee, sich umzudrehen. Da war es allerdings bereits zu spät.
Er sah das weit aufgerissene Maul von Machtwort, unmittelbar bevor die Luft explodierte. Das laute Kreischen der Kreatur gellte durch die Kammer, fegte das Moos von den Steinen, schleuderte die Froschwesen in die Schatten zurück, riss die Niederlinge von den Beinen und traf ihn wie ein Hammerschlag gegen die Brust. Er spürte, wie er den Boden unter den Füßen verlor, wie es ihm den Atem raubte, fühlte, wie er gegen den Fels geschleudert wurde.
Ein luftleeres, hallendes Schweigen folgte. Alle Stimmen, alle Schrecken wurden von dem Klingeln in seinen Ohren
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