Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
Vom Netzwerk:
unterdrückt. Und in diesem Schweigen konnte er sie hören. Ganz dicht an seinem Ohr.
    »Ich bin euch nah, meine Kinder.« Die Stimme kam aus der Tiefe, stieg auf wie eine Luftblase. »Sehr nah. Ich höre euer Leid. Ich fühle euren Schmerz. Zeigt euch mir. Kommt in meine Arme.«
    In der Mitte des großen Beckens zwischen zwei Pfeilern sah er, wie die Schatten zu kochen schienen. Etwas bewegte sich unter dem Wasser, und eine Gestalt stieg auf. Bleiche, dünne Finger streckten sich aus der Dunkelheit nach oben. Man hätte sie zierlich nennen können, hätten sie nicht die Größe von Speeren gehabt. Und jedes Gelenk war von einer Schicht Muscheln und Korallen überzogen. Sie schlangen sich um einen Pfeiler, als sie aus der Dunkelheit auftauchten. Dann erschien ein schlanker Arm, gewaltig und wunderschön, dessen Muskeln sich anspannten, als er die Gestalt weiter heraufzog.
    »Sie kommt.«
    Im Widerhall der Wut von Machtwort , im Nachklingen von Ulbecetonths Flüstern hörte er es. Lauter. Klarer. Es schien nach ihm zu greifen.
    »Aber sie ist immer noch schwach. Sie ist noch nicht ganz durch die Höllenpforten gekommen. Schlag jetzt zu. Töte sie, jetzt.«
    »Kataria«, murmelte Lenk und rappelte sich auf. Er stand auf Füßen, die sich anfühlten, als gehörten sie jemand anderem. Er schwankte, konnte weder atmen noch einen klaren Gedanken fassen. »Ich muss sie finden.«
    »Du musst sie retten.«
    »Ich kann sie nicht sehen.« Ihm wurde schwarz vor Augen. Alle Knochen in seinem Körper zitterten. Die Welt schien zu verschwimmen, zu gedämpften Farben und verblassten Lichtern zu werden. »Ich kann nichts sehen … gar nichts.«
    Die Frage kam ohne Atem aus seinem Mund.
    »Sterbe ich?«
    Die Antwort gaben ihm das Blut, das über seinen Rücken lief, und der Gestank von Fäulnis und entzündetem Gewebe, der seiner Schulter entströmte.
    »Ich darf nicht sterben.« Er wollte Luft holen, aber er konnte es nicht. »Ich muss alle retten.« Er machte einen Schritt vorwärts und stürzte. »Ich muss Kat retten.« Er blickte zur Decke, sah jedoch nur Dunkelheit. »Ich wollte weglaufen.« Er schmeckte Blut in seinem Mund. »Ich wollte nicht sterben.«
    In der Dunkelheit, während er nicht atmen konnte, während er die Schwäche seines Körpers spürte, bekam er eine Antwort. Von einer kalten Stimme.
    »Dann lass mich ein.«
    Nur einen ganz kurzen Moment ließ seine Konzentration nach, ein Reflex, ein Gedanke, was geschehen würde, wenn er hier auf diesem Felsboden verblutete. Es genügte, damit die Hölle sich öffnete. Er wusste nicht, was es war. Aber als er wieder sehen konnte, schien die ganze Welt in kalten, gedämpften Farben gemalt.
    Er konnte nicht fühlen, wie das Blut aus seiner Schulter rann. Er spürte die Fäulnis seiner Haut nicht. Ebenso wenig wie das Schwert in seiner Hand und den Fels unter seinen Füßen. Er fühlte gar nichts.
    Nicht einmal Furcht vor dem, was er tat.
    Er ergab sich dieser vertrauten Empfindung, nichts zu fühlen. Er ergab sich dem Stahl in seinen Händen und der Luft unter seinen Füßen, als er zum Rand des Vorsprungs stürmte und sprang.
    Der rothaarige Kopf von Machtwort drehte sich zu ihm herum und riss den Mund auf, unmittelbar bevor er auf der grauen Haut des Fisches landete. Er rang um sein Gleichgewicht, griff zu und erwischte den fleischigen Stängel der Kehle, erstickte den Schrei. Das Wesen schüttelte seinen Kopf mit dem weit geöffneten Mund in einem stummen Schrei, als Lenk das Schwert hob und auf den dicksten Teil zielte.
    Er spürte den qualvollen Schmerz in seiner Schulter nicht. Es schmerzte nicht einmal, als der zweite Kopf von Machtwort sich herabsenkte und seine Zähne in seine Haut grub.
    Natürlich war er sich dessen gewahr. Er spürte die Zähne in seiner Haut, fühlte, wie der Eiter aus seiner Schulter in das Maul des Kopfes platzte, fühlte das wütende Zerren des Stängels, als der Kopf etwas aus seiner Schulter herausriss. Er nahm wahr, dass die Kreatur in ihrem grinsenden Mund etwas Nasses, Triefendes hielt. Er sah das Blut, und ihm war klar, dass er hätte schreien sollen.
    Doch Schreie waren Männern vorbehalten, die eine Stimme besaßen, die ihnen gehörte. Er war ein Mann, der ein Schwert hatte und eine Stimme in seinem Kopf, die ihm sagte, wie er die Waffe benutzen musste.
    Und er hörte ihr zu.
    Er schwang wortlos das Schwert. Es durchtrennte den Hals der Bestie, bevor sie den Fleischbrocken von seiner Schulter aus ihrem Maul hätte fallen lassen können.

Weitere Kostenlose Bücher