Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
mich heranschleichen kann.« Ihre Ohren zuckten gereizt. »Auch wenn du ziemlich weit da oben bist. Also, von Jäger zu Jäger, das gestehe ich dir zu.« Sie ruckte mit dem Kinn. »Und jetzt verschwinde. Du bist nicht der, den ich erwarte, und du wirst mir diesen Hinterhalt nicht versauen. Komm später wieder. Dann bin ich abgelenkt. Dann kannst du noch mal versuchen, auf mich zu schießen.«
Die Kreatur zischte leise und heiser. Ob sie Katarias Worte verstand oder nicht, das Knarren einer Bogensehne, die entspannt wurde, ließ darauf schließen, dass sie ihre Absichten erkannt hatte. Kataria erwiderte die Geste, indem sie ihre Sehne ebenfalls entspannte, wenn auch etwas weniger.
Die Kreatur rührte sich nicht.
Einen Atemzug lang.
Mit dem nächsten Atemzug ließ sie ihren Bogen sinken und griff nach etwas an ihrer Hüfte. Im gleichen Moment sang Katarias Bogen einen monotonen Grabgesang. Danach hörten die Atemzüge auf.
Die Kreatur schien es nicht sonderlich zu überraschen, dass genau dies passiert war. Sie umklammerte den bebenden Schaft, der in ihrer Kehle steckte, keineswegs hilflos, sondern packte ihn und brach ihn mit einer Hand ab, während die andere das Ding an ihrer Hüfte umklammerte. Die Kreatur erwiderte Katarias Blick einen Moment lang. Sie sah in den gelben Augen etwas Entschlossenes, das selbst der Tod nicht ändern konnte.
Dann kippte die Echse vornüber.
Kataria lief zu ihr, als sie mit einem gedämpften Aufprall auf den Steinen aufschlug und reglos liegen blieb. Sie war tot, es sei denn, das Rückgrat war immer schon auf diese merkwürdige Art und Weise gebogen und sie hatte es einfach nicht bemerkt.
Selbst im Tod starrte die Echse Kataria noch ablehnend an, wirkte immer noch entschlossen.
So entschlossen, wie sie auch den Gegenstand mit der Hand umklammerte.
Kataria beugte sich über den Echsenmann, bückte sich und öffnete mit Mühe seine klauenbesetzten Finger. Dann sah sie den zylindrischen, gebogenen Gegenstand.
»Ein … ein Horn?«, murmelte sie.
Noch eine Frage. Noch eine Komplikation. Die Dinge wurden nie unkomplizierter, wenn aufrecht gehende Echsen daran beteiligt waren. Jetzt musste sie zu Lenk zurückkehren und ihm alles darüber erzählen.
» KATARIA !«
Vorausgesetzt natürlich, dass er nicht zuerst zu ihr kam.
Sie sah, wie er auf sie zurannte. Sie hörte, wie er fluchte, fiebernd, keuchend, spürte seine Stimme wie ein Messer in ihrer Haut. Er rannte so schnell er konnte, hatte die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengezogen und sein Schwert gezückt.
Die Klinge war blutig.
Sie hatte den Pfeil eingenockt, bevor sie auch nur wahrnahm, dass sie ihn in den Fingern hielt, hatte den Bogen gehoben, bevor sie wusste, auf wen sie zielte. Es war reiner Instinkt, auf ihn anzulegen. Es war so einfach, in ihm eine Bedrohung zu sehen.
So einfach, den Pfeil loszulassen und …
Nein, dachte sie. Nicht schon wieder.
Sie senkte den Bogen und seufzte, als er auf sie zustürmte. Als er in ihre Reichweite kam, schloss sie die Augen. Und als er sich grob an ihr vorbeidrängte und weiterrannte, grunzte sie verblüfft.
Sie runzelte die Stirn und öffnete den Mund, als wollte sie ihm etwas zurufen. Aber es kam kein Wort über ihre Lippen; sie war zu verwirrt.
» SHENKO - SA !«
Ihre Verwirrung schwand, als sie den Schlachtruf hörte.
Die Shen stürmten in einer Orgie von Farben über die gepflasterte Straße. Große grüne Körper, deren Muskeln unter tätowierten Bändern aus Rot und Schwarz zitterten, die Waffen aus Knochen und Metall schwangen und deren gelbe Augen bei ihrem Anblick vor Wut Gold zu sprühen schienen.
Große Kämme aus Schwimmhäuten erhoben sich auf ihren schuppigen Schädeln und zeigten bunte Tätowierungen auf dem ledernen Fleisch. Einige schmückten sich mit gigantischen Fischen, andere mit Schlangen. Unterschiedliche Menschen in verschiedenen Zuständen der Zergliederung schienen ein sehr beliebtes Motiv zu sein.
Sie rannten vornübergebeugt und hatten ihre langen Schwänze hinter sich erhoben, als sie ihre Schritte beschleunigten, die Waffen schwangen und heulten.
Wie Hunde, dachte sie. Große, tätowierte, hässliche Hunde. Mit Waffen. Scharfen Waffen. Sie blickte die Straße entlang. Warum rennst du eigentlich nicht?
Ihr Gehirn hatte keine schlagfertige Antwort parat, aber ihre Füße machten deutlich, dass sie jetzt davonlaufen wollten. Kataria stimmte ihnen zu und rannte los. Sie stürmte über die Straße und faltete ihre Ohren, um die
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