Die Tortenbäckerin
MiniaturgröÃe. »Damit du schön fleiÃig üben kannst und bald eine genauso gute Bäckerin und Köchin wie Greta wirst.«
Greta war dabei errötet. Es freute sie, auf diese Weise endlich mal ein Lob von ihrer Tante zu hören.
Gerlinde schlieÃlich hatte winzige Kleider, Schuhe und Hüte für Lenis Puppe genäht, Oliver hatte Leni eine Tüte klebriger Bonbons in die Hände gedrückt.
Greta hatte sich seit Tagen Gedanken über ein Geschenk gemacht. Am Ende war es doch ganz einfach gewesen. »Viola hätte gewollt, dass du es bekommst«, hatte sie gesagt und Leni den Flakon mit dem Maiglöckchenparfum in die Hand gedrückt.
Diese Flut von Tränen! Noch während Greta ihr etwas Parfum hinter die Ohren getropft hatte, war Leni vollkommen aufgelöst gewesen.
»Weià ich auch, dass du nicht sehen kannst«, sagte Oliver jetzt. »Aber das kriegen wir bald wieder hin.«
So wie er das sagte, glaubte auch Greta daran. Dabei zerbrach sie sich seit einer Woche den Kopf über das Angebot der Hansens. Als Mathilde ihr davon berichtet hatte, war Greta beinahe davon überzeugt gewesen, dass dies der richtige Weg für Leni und sie selbst war. Doch je länger sie darüber nachdachte, desto stärker wurde sie von Zweifeln geplagt.
Konnte sie wirklich so viel Geld von dieser Familie annehmen? Es fühlte sich an, als lieÃe sie sich von den reichen Leuten kaufen.
Nun drängte die Zeit. Dr. Richter hatte gestern die Nachricht geschickt, schon im Mai sei ein Operationstermin frei. Er warte auf ihre Antwort. Zu seinem Bedauern, hatte er hinzugefügt, verfüge die Klinik derzeit jedoch über keine Spendenmittel, die Operation müsste also selbst bezahlt werden. Nun gut, sie hatte ohnehin nicht vorgehabt, Almosen anzunehmen.
Bis spät in die Nacht hatte sich Greta mit Mathilde und Gerlinde beraten, während sie gemeinsam Kuchen und Torten für Lenis Fest buken. Die beiden älteren Frauen hatten Greta beschworen, das Angebot anzunehmen.
»Ich kann verstehen, wie du dich dabei fühlst«, hatte Gerlinde gesagt. »Doch du darfst jetzt nur an Leni denken.«
Greta hatte daraufhin noch lange schlaflos im Bett gelegen und war erst im Morgengrauen für kurze Zeit eingenickt.
Nun, dachte sie jetzt, während sie Lenis strahlendes Gesicht beobachtete, ich muss mich entscheiden. Ich muss für Lenis Wohl entscheiden.
Sie fing Mathildes Blick auf und sagte: »Leni soll ihre Operation bekommen, und die Hansens sollen zahlen.«
»Wer sagtâs denn«, meinte Mathilde. »Irgendwann wird jeder mal vernünftig. Auch du.«
»Worum geht es hier?«, fragte Siggo.
Greta zuckte zusammen. Sie hatte nicht bemerkt, wie er hinter sie getreten war.
»Wer soll hier für was bezahlen?«
»Siggo«, begann Greta. Ihr Mund war plötzlich trocken. Ãber vieles hatte sie nachgedacht, nur nicht darüber, wie Siggo auf die Neuigkeit reagieren würde.
Sie sah Mathilde an, aber die Tante erwiderte ihren hilflosen Blick mit Strenge. Da musst du schon selbst durch, schien sie zu sagen.
»Siggo«, versuchte es Greta erneut, kam wieder nicht weiter. Richtig wütend wirkte er, wie er da mit gerunzelter Stirn vor ihr stand, so als ahnte er schon, worum es ging.
»Ihr zwei könnt euch in der Küche unterhalten«, sagte Mathilde. »Wir wollen dem Kind nicht das Fest verderben.«
Greta schaute zu ihrer Tochter. Leni saà wieder auf dem Schaukelpferd, hatte sich an Olivers Hemd festgekrallt und stieà kleine Freudenschreie aus. Gerlinde und Erik hingegen richteten ihre Aufmerksamkeit auf Greta und Siggo. Zumindest Gerlinde war klar, dass ihr Sohn nun vom Angebot der Hansens erfahren würde. Ihre besorgte Miene verriet, wie wenig Vertrauen sie in seine Fähigkeit zur Einsicht hatte.
»Komm«, sagte Greta zu Siggo und zog ihn mit sich. Er folgte ihr nur widerwillig.
In der neu eingerichteten Küche war alles blitzblanksauber. Die Wände waren frisch gekalkt, zu dem alten Eisschrank war ein zweiter hinzugekommen. Die Küchenschränke waren ebenfalls weià gestrichen, der Gasherd hatte eine komplette Reinigung erfahren. Neu waren die Regale an den Wänden, vollgestellt mit Töpfen, Pfannen, Schüsseln und Tellern. Auch den groÃen Tisch aus unbehandeltem Eichenholz hatte Greta neu angeschafft. Die wichtigsten Errungenschaften jedoch verbargen sich im Innern der Schränke.
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