Die Tortenbäckerin
helfen wollen?
»Ich werde ihn gleich morgen wieder besuchen und ihm sagen, dass ich ihm nicht mehr gram bin.«
»Tue das, mein Kind. Er wird froh sein. Aber nun zu Freia Hansen.«
»Nein«, sagte Greta wieder. »Mit Geld kann diese feine Familie das Leid nicht wiedergutmachen, das mir angetan worden ist.«
Mathilde nickte bedächtig. »Deines nicht«, sagte sie dann. »Aber vielleicht Lenis.«
Greta zuckte zusammen. »Ich habe wieder nur an mich gedacht«, murmelte sie beschämt.
»Es ist dein gutes Recht. Aber nun denken wir an Leni.«
»Ja«, sagte Greta. »Das wollen wir tun.« Doch sie war sich immer noch keineswegs sicher, ob sie von der Familie Hansen Geld annehmen wollte.
33
G reta war ratlos. Leni weinte und weinte. Dicke Tränen quollen aus ihren himmelhellen Augen, rannen die Wangen hinunter und tropften auf ihr neues, geblümtes Kleidchen. Leise Schluchzer drangen aus ihrer Kehle, ihr Gesicht war rot und verquollen, ihr kleiner Körper zitterte.
Greta tauschte einen Blick mit Mathilde und Gerlinde. Beide Frauen hoben nur die Schultern. Sie waren ebenso verwirrt wie sie selbst. Auch Siggo und Erik, die etwas abseits standen, waren ihr keine Hilfe. Vater und Sohn schauten betreten auf ihre Schuhspitzen. Heulende kleine Mädchen waren ihnen nicht geheuer.
Das Gaslicht im »Dreimaster« flackerte einmal kurz auf, als wollte es Lenis Weinen noch verstärken.
Wieder einmal wurde Oliver zum Retter in der Not. Er ging zum Tisch, an dem Leni auf einem hohen Stuhl saÃ, und berührte ihre Schulter. »Du spinnst ja. Wieso flennst du so? Ich hatte noch nie so eine schöne Geburtstagsfeier wie du heute.«
»Ich ⦠ich ja auch nicht«, sagte Leni schluchzend. »Deswegen muss ich ja auch so weinen. Es ist so wunderwunderschön.«
»Mensch«, meinte Oliver, »das hättest du auch gleich sagen können. Die GroÃen hier machen alle ein Gesicht,als ob gleich die Bude über uns einstürzen würde. Die solltest du mal sehen!«
Erschrocken hielt Greta den Atem an. Auch die anderen waren entsetzt. Siggo schoss scharfe Blicke auf Oliver ab, doch der grinste nur.
Ein Geräusch lenkte Gretas Aufmerksamkeit von dem Jungen ab. Sie konnte es nicht sofort einordnen, sah dann Leni an und hörte es wieder. Es war ein Glucksen, ein unterdrücktes Kichern, und steigerte sich schlieÃlich zu einem vergnügten Lachen.
»Du bist aber doof, Oliver. Ich kann doch gar nicht sehen.« Die Tränen waren vergessen, Leni wirkte wieder genauso vergnügt wie vor einer Stunde, als Greta ihr geholfen hatte, sich umzuziehen.
»Wo gehen wir denn hin?«, hatte Leni gefragt und war dabei von einem Bein aufs andere gehüpft.
»Wir feiern deinen Geburtstag. Aber lass dich überraschen.«
Für die Kleine war das fast zu viel gewesen. Schon am Morgen, als Greta und Mathilde ihr feierlich gratuliert hatten, war sie vor lauter Glück ganz rot im Gesicht geworden. Es hatte Kakao zum Frühstück gegeben und eine Schokoladen-Sahne-Torte, von der Leni aber nur ein winziges Stück gegessen hatte, weil sie vor lauter Aufregung nicht stillsitzen konnte.
Für sie war es das schönste Geschenk, dass überhaupt jemand an ihren Geburtstag gedacht hatte. Dass es nun ein Fest ganz allein für sie geben sollte, überstieg ihre Vorstellungskraft.
Mathilde und Gerlinde hatten den »Dreimaster« mit Lampions und bunten Papierschlangen geschmückt.Oliver beschrieb Leni jedes einzelne Stück der Dekoration und lieà sie mit den Händen darübertasten.
Dann waren auch die Männer eingetroffen, und alle hatten Torte und Kuchen gegessen. Leni hatte strahlend in ihrer Mitte gesessen und immer wieder gesagt, dass dies der glücklichste Tag in ihrem Leben war. Bis sie plötzlich in Tränen ausbrach, weil etwas geschah, worauf sie nicht vorbereitet war: Sie bekam Geschenke. Erik hatte ihr eine Schale aus Nussbaumholz geschnitzt. »Für deine Haarbänder«, hatte er gebrummt und sich ziemlich verlegen wieder zurückgezogen. Von Siggo bekam sie ein Schaukelpferd, mit Schweif und Mähne aus echtem Rosshaar. Erst hatte sie ein bisschen Angst vor der Schaukelei gehabt, aber weil Oliver sie festhielt, »ritt« sie schlieÃlich vergnügt durch das Lokal. Dann war Mathilde an der Reihe. Sie überreichte ihr ein Dutzend Backformen und Töpfe â alle in
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