Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
gewesen, einem Heer von Handwerkern die Farbe der Wände und der Kacheln zu nennen, ihnen zu sagen, wo sie Steckdosen oder Lampen haben wollte – und es wurde gemacht, und zwar fachmännisch. Ansonsten hatte sie nicht viel mehr zu tun, als durch Möbelhäuser zu streifen.
»Mach dich erst mal frisch«, bestimmte sie. »Ich koche uns ein paar Nudeln.«
»Und einen Tee«, bat ich, während ich mir schon die Jeans aufknöpfte.
»Und einen Tee, zu Befehl«, sagte sie grinsend und zeigte auf einen flauschigen Bademantel an einem Haken an der Holztür. »Den kannst du nehmen. Handtücher hängen über der Heizung, Duschgel und Shampoo findest du in der Dusche. Wie man ein Klo benutzt, weißt du ja hoffentlich.«
»Hey, nicht so frech!«
Sie lachte. »Ich wollte nur sehen, ob du noch wach bist. Bis gleich.«
Sekunden später stand ich unter der Dusche und ließ mich vom warmen Wasser aus diesem unglaublichen Duschkopf berieseln. Es fühlte sich an wie ein Sommerregen. Das Duschgel, mit dem ich mich einseifte, duftete intensiv nach Zitronengras und weckte meine Lebensgeister. Ich shampoonierte meine dichten Locken und spülte den Schaum rasch wieder aus.
Nach dem Abtrocknen wickelte ich mir ein Handtuch um den Kopf und zog den Bademantel über. Ohne mich weiter im ersten Stock umzusehen, ging ich wieder hinunter; ich wollte Marie den Spaß an einer Führung durch ihr Häuschen nicht verderben.
Sie hörte mich kommen und rief aus einem Raum: »Ich bin hier!«
»Ich komme sofort, ich will mir kurz etwas anziehen«, rief ich zurück und ging in »mein« Zimmer. Aus dem Koffer holte ich mir einen Slip und einen BH (ab jetzt tat es Baumwolle – meine Seidendessous befanden sich in einem gewissen Müllsack in Paris) und ein Paar dicke Socken mit Gumminoppen an den Sohlen.
In der Küche duftete es nach Basilikum und würziger Tomatensauce. Der Raum war durch einen Tresen, der mit zwei tiefen Tellern auf zwei leinenen Platzdeckchen schon darauf wartete, dass wir uns zum Essen setzten, vom Wohnzimmer getrennt. Marie bemerkte meinen neugierigen Blick, legte die Spaghetti, die sie gerade in kochendes Wasser hatte geben wollen, beiseite und drehte die Herdplatte herunter.
»Komm«, sagte sie, »ich zeige dir alles.«
Ich erkannte Tante Almas kleines Haus kaum wieder. Wände waren gefallen, andere entstanden, der Holzboden im gesamten Haus war abgeschliffen und neu lackiert, und Maries Mut zu Farben spiegelte sich in den modernen Elementen der Möblierung wider, die sie mit Erbstücken wie dem Vitrinenschrank aus reich geschnitztem, dunklem Holz kombiniert hatte – und natürlich den Farben der Zimmerwände. Die Küche war grasgrün gestrichen, das Wohnzimmer in einem pudrigen Himbeerton, mein zukünftiges Zimmer lavendel. Wie in der Villa Kunterbunt. Maries Schlafzimmer lag im ersten Stock und wurde von einem riesigen, alten Holzbett mit gedrechselten Säulen an allen vier Ecken beherrscht.
»Dieses Bett kann man nicht übersehen, oder?«, flachste ich angesichts des Monstrums, das jeden historischen Kostümfilm geschmückt hätte.
Sie seufzte in gespielter Verzweiflung. »Ich glaube, das Haus ist um dieses Bett herum gebaut worden. Ich hätte das gute Stück zersägen müssen, um es hier rauszuschaffen. Also habe ich es stattdessen von einem Schreiner aufarbeiten lassen, neue Lattenroste und Hightech-Matratze rein – und ich schlafe wie im Himmel. Fantastisch.«
Sie zeigte mir noch ein kleines Gästezimmer neben dem Bad.
»Warum wohne ich nicht hier?«, fragte ich sie.
Sie schüttelte den Kopf. »Das Zimmer unten ist viel schöner und größer. Und es hat eine eigene, kleine Terrasse. Außerdem hast du unten eine Gästetoilette, falls du nachts raus musst. Weißt du, ich hatte mir das mal schick vorgestellt, ein Esszimmer zu haben, aber ich habe es nie benutzt! Ich esse entweder am Tresen oder vor dem Fernseher. Apropos Essen – ich habe Hunger, wie sieht es mit dir aus?«
Mein Magen, angeregt durch die Düfte aus der Küche, knurrte die Antwort.
KAPITEL 7
Am nächsten Morgen weckte mich lautes Gezwitscher. Ein Vogel zeterte wütend vor meinem Fenster. Ich öffnete die Augen und war für einen kurzen Moment desorientiert. Sonnenlicht fiel durch dünne, dunkelrote Vorhänge, gemildert durch die Blätter eines Baumes.
Ich hatte tief geschlafen, aber mein Gehirn kämpfte noch mit den Nachwirkungen der zwei Flaschen Rotwein, die Marie und ich uns geteilt hatten. Wir hatten getrunken und Spaghetti mit
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