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Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tortenkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Conrad
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der Zeit, bis man kaum noch ohne Fußgängerampel auf die andere Straßenseite kam.
    Denn unser Dörfchen lag auf halber Strecke zwischen den vielen Touristenorten und riesigen Campingplätzen an der Küste und dem nächstgrößeren Ort, der den Urlaubern an Regentagen etwas zu bieten hatte, und sei es nur ein Kino, Souvenirgeschäfte und eine Burger-King-Filiale.
    Seit Jahren planten die Kommunalpolitiker an einer Umgehungsstraße herum, die unsere Durchgangsschneise während der Touristensaison entlasten sollte, aber der örtliche Handel – allen voran mein Vater – war ganz zufrieden mit der Situation, so wie sie war.
    Spätestens seit Majestix in einem der wenigen lichten Momente seines Lebens einen Geistesblitz gehabt hatte und auf einem leeren Grundstück an der Hauptstraße einen großen Parkplatz hatte bauen lassen, florierten die Geschäfte.
    Sie alle profitierten vom Durchgangsverkehr im Sommer: die Metzgerei Oltmanns, die alte Dorfkneipe mit gutbürgerlicher Speisenkarte, das Lotto- und Zigarettengeschäft von Fräulein Behrens’ Schwägerin, die Pizzeria, die Filiale der Drogeriemarktkette, die Imbissbude – und natürlich die Bäckerei Konditorei Cäcilie Bernauer & Sohn, deren Theke morgens zwischen sieben und zehn Uhr permanent von Touristen vom nahe gelegenen Campingplatz umlagert war, die meinen Eltern die noch heißen Brötchenbleche und die Gebäckauslage leer kauften. Sonntags war während der Hauptsaison von acht bis zwölf Uhr geöffnet; dann standen die Kunden bis auf die Straße.
    Majestix’ Geistesblitz mit dem Parkplatz hatte sich nach kurzer Zeit noch ein zweiter dazugesellt: Alle zwei Wochen gab es einen Flohmarkt, und zwar auf dem großen Hofplatz eines Bauernhauses, das an den Parkplatz grenzte. Die Frauen des Dorfes betrieben Stände mit Würstchen vom Grill, und der clevere Teil der Dorfjugend hatte Scheunen und Dachböden von Verwandten und Bekannten durchkämmt und bot zu unverschämten Preisen verbeulte Milchkannen und windschiefe, seit Jahrzehnten ausgemusterte Kommoden an, die bei den Touristen reißenden Absatz fanden. Die waren nämlich froh über jedes Fitzelchen Freizeitangebot und kamen in Scharen zu unserem kleinen Flohmarkt, der von Mal zu Mal ein bisschen größer und professioneller wurde. Jede Menge Biergartenbänke und -tische wurden aufgestellt, die Brauerei des Nachbarortes schickte einen Bierwagen, es gab Ponyreiten für die Kinder und einen Streichelzoo, mittags sang ein Gospel- oder Shantychor aus der Umgebung. Und wenn es mal regnete, zog die ganze Party in die riesige, wirtschaftlich nicht mehr genutzte Scheune um.
    Mein Vater lieferte zu einem fairen Preis die Brötchen für die Bratwürstchen- und Spießbratenstände und gönnte es ansonsten den Hausfrauen des Dorfes, quadratmeterweise Blechkuchen mit Stachelbeeren oder Rhabarber aus dem eigenen Garten zu verkaufen.
     
    All das ging mir durch den Kopf, während ich unter meinem schwarzen Regenschirm auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand und auf das Geschäft meiner Familie starrte. Die gelb geklinkerte Fassade, die beiden Schaufenster rechts und links der Ladentür, die heute eingerollten, gelb-weiß gestreiften Markisen. Vor dem Laden war ein Fahrrad abgestellt, über den Sattel war zum Schutz vor dem Regen eine Plastiktüte gezogen. Durch die Scheibe sah ich Fräulein Behrens und meine Mutter in ein angeregtes Gespräch vertieft.
    Plötzlich, als hätte sie meinen Blick gespürt, sah meine Mutter hoch und mich direkt an. Sie runzelte die Stirn und legte die Hand so über die Augen, als wollte sie blendende Sonne abschirmen und dadurch ihren Blick schärfen. Langsam zeigte sich Begreifen auf ihrem Gesicht.
    Freude sah anders aus, fand ich.
    Ihr Mund formte ein »Oh«, und dann griff sie sich ans Herz. Fräulein Behrens fuhr herum, um zu sehen, was meine Mutter so erschreckt hatte. Ihr Blick fiel auf mich, und sie ging sogar ein paar Schritte näher an die Fensterscheibe und kniff die Augen zusammen, um deutlicher sehen zu können.
    Eigentlich fand ich die Pantomime der beiden ganz lustig, aber man sollte es nicht auf die Spitze treiben, und so marschierte ich über die Straße. Beim Öffnen der Ladentür erklang das vertraute Bimmeln der kleinen Glocke.
    Dann stand ich da, und meine Mutter und Fräulein Behrens starrten mich an, als sähen sie ein Gespenst.
    Meine alte Lehrerin rührte sich als Erste. »An dir bin ich doch vorhin vorbeigefahren«, stellte sie fest, »auf der Straße, wo Marie

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