Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
mach mal halblang. Niederlage? Blamage? Wenn hier einer der Verlierer ist, dann dieser Vollidiot in Paris!«
»Ach ja? Wer hat denn seine Koffer gepackt und ist abgehauen? Das war ja wohl ich.«
»Ja, weil er dich nicht verdient hat! Er hatte dich und hat es versaut, der Blödmann. Und weshalb? Weil er denkt, dass er ein zweiter Robbie Williams ist und dass ihm damit dienstgradmäßig mehr als eine Frau zusteht, deshalb!«
»Weil ich fett bin!«, schrie ich. »Du hättest mal die Mädchen sehen sollen, die waren alle dünn und hübsch! Und deshalb sollte er sich mit mir auch nicht in der Öffentlichkeit zeigen! Weil ich fett und hässlich bin! Und nicht, weil er als Single besser Karriere machen kann!«
Und schon flossen bei mir die Tränen.
»Du bist weder fett, noch bist du hässlich«, sagte Marie streng. »Das will ich nie wieder von dir hören.«
»Du-hu-huuu ha-hast gut re-heee-den, du-huu bist dü-hühünn!«, heulte ich so laut, dass Schorsch, der schnarchend neben mir im Strandkorb gelegen hatte, erschrocken aufsprang und mit angelegten Ohren ins Haus flitzte.
»Ach, und dünn zu sein ist die Garantie, dass ein Partner mich nicht betrügt?«, fragte sie spöttisch. »Das wäre mir aber ganz neu.«
Ich konnte nicht antworten, da ich mit Schluchzen beschäftigt war und damit, mich in Selbstmitleid zu wälzen.
»Und ebenfalls ganz neu für mich ist«, fuhr sie fort, »dass du in derartigen Kategorien denkst, Helene. Das habe ich noch nie von dir gehört, dass du dich auf deinen Hintern reduzierst – egal, wie groß oder wie klein er deiner Ansicht nach auch immer ist.«
»Und warum wa-haa-ren die a-han-deren Mädchen alle so dünn?«, schniefte ich wie ein kleines Kind. »Warum hat er (schluchz) sich nur dünne Mädchen genommen?«
»Weil er es konnte«, gab Marie böse zurück, »weil diese Weiber sich ihm hordenweise an den Hals werfen, was weiß ich denn, warum? Weil er meint, ein Popstar macht das so, sonst ist er kein echter Popstar. Denk einfach nicht darüber nach, hörst du? Das hat nichts mit dir zu tun!«
»Das hat alles mit mir zu tun!«, fuhr ich auf. »Es betrifft schließlich mein Leben, wie sollte es da nichts mit mir zu tun haben? Kannst du mir das bitte mal erklären?«
»Ja, das kann ich«, sagte Marie sanft. »Ich will damit sagen, dass es nicht deine Schuld ist. Leon hat es verbockt, ganz allein. Und er kann froh sein, dass er so weit weg ist, sonst würde ich jetzt auf der Stelle in mein Auto steigen, zu ihm fahren und ihn nach Strich und Faden verprügeln, um es mal auf den Punkt zu bringen. Wir könnten aber auch beide nach Paris fahren und ihn in der Seine ersäufen, wenn du Lust darauf hast. Ich bin dabei.«
Sie lächelte lieblich und sprach mit sanfter Stimme – aber in ihren Augen glitzerte die reine Mordlust, und damit brachte sie mich zum Lachen.
»Warum eigentlich nicht?«, prustete ich. »Danach flüchten wir als Gesetzlose durch Europa und leben davon, dass wir Banken überfallen. Und im nächsten Jahr dreht Quentin Tarantino einen Film über uns. Thelma und Louise – Reloaded.«
Wir lachten uns kaputt, und schließlich schnaufte Marie: »So gefällst du mir schon besser!«
Sie wurde ernst. »Hör mal, es ist wirklich okay, wenn du traurig bist. Aber ich werde es nicht dulden, dass du die Schuld bei dir suchst, verstanden? Du hast nichts falsch gemacht. Es ist nicht falsch, jemandem zu vertrauen – das wäre doch schrecklich, wenn wir jedem neuen Menschen in unserem Leben mit Misstrauen begegnen würden. Aber es gibt halt Menschen …«, sie seufzte, »… die eine ganz andere Auffassung von Liebe haben als wir. Und manchmal merken wir das zu spät.«
Ich wusste, wovon sie sprach. Ihre letzte Beziehung war noch nicht lange vorbei. Sie war die Geliebte eines verheirateten Mannes gewesen, Klaus. Er war in der Politik, und Marie und er hatten sich auf einem Empfang, auf den sie Majestix hatte begleiten müssen, kennengelernt. Es hatte sofort gefunkt, aber von Beginn an war diese Liebe zum Scheitern verurteilt gewesen. Er konnte sich nicht von seiner Familie trennen, und der logistische Aufwand, den jedes Treffen bedeutete, erstickte nach und nach die Romantik ihrer verbotenen, heimlichen Liebe.
Marie hatte sich nach zwei Jahren getrennt, zwar bedauernd, aber nicht am Boden zerstört.
Das kam erst, als sie vor drei Monaten, kurz nach der Trennung, erfuhr – Bürgermeistersekretärinnentratsch! -, dass »Klausi« immer zwei bis drei Verhältnisse laufen hatte.
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