Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
hattest, ich gratuliere.«
Ich war kurz davor, aufzuspringen und beleidigt zur Tür hinauszurauschen, aber ich wollte vor der unfehlbaren Waltraud nicht in die Knie gehen.
Obwohl Oma meiner Mutter einen warnenden Blick zuwarf, stänkerte diese unverdrossen weiter: »Das weiß man doch, wie diese Künstler sind, benutzen Frauen und werfen sie weg und nehmen sich neue … Hat er dich betrogen? Er hat dich betrogen, das sehe ich dir doch an. Wie konntest du nur so dumm sein und auf diesen windigen Schönling hereinfallen. Du bist doch nicht etwa schwanger?« Sie lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und bekräftigte: »Er hat dich betrogen.«
Ich registrierte, dass mein Vater aufmerksam wurde, und beschloss, den Weg der Diplomatie zu beschreiten. Mein Vater brachte es fertig, in sein Auto zu springen, nach Paris zu rasen, Leon zu suchen und zu finden und ihn dann spüren zu lassen, was passierte, wenn man Vatis kleines Mädchen unglücklich machte.
»Er hat mich nicht betrogen«, log ich ungerührt und sah allen nacheinander in die Augen, um den Wahrheitsgehalt meiner Aussage zu unterstreichen.
»Hat er dich geschlagen?«, grollte mein Vater und ballte seine Pranken zu Fäusten.
Ich zwang mich zu einem heiteren Lachen.
»Großer Gott, nein, natürlich nicht! Wir haben einfach festgestellt, dass es nicht klappt. Ganz unsentimental. Wir sind als Freunde auseinandergegangen!«
Ich widmete mich wieder meiner Bohnensuppe, als hätten wir gerade übers Wetter geplaudert und nicht über den Zusammenbruch meines Lebens. Der wissende Blick meiner Oma streifte mich. Ihr würde ich irgendwann einmal die Wahrheit erzählen, aber nicht jetzt.
»Hast du überhaupt Möbel?«, fragte meine Mutter plötzlich.
Ich nickte. »Alles schon erledigt. Ich habe ein wunderschönes Zimmer in einem wunderschönen Haus mit einem wunderschönen Garten drumherum. Wir haben vorgestern ein paar Sachen eingekauft, um das Zimmer einzurichten. Ich fühle mich dort sehr wohl.«
»Das finde ich schön, Kind«, sagte meine Oma. »Wenn dir noch irgendetwas fehlt oder du dir etwas wünschst, das dein Budget übersteigt …«
»Danke, Oma, aber ich habe alles. Marie ist komplett eingerichtet, und ich brauchte nur mit meinen beiden Koffern zu kommen und mir einen Kleiderschrank zu kaufen. Obwohl – habt ihr vielleicht ein Fahrrad für mich übrig?«
»Du kannst meins haben«, bot meine Großmutter an. »Ich benutze es kaum noch.«
Stimmt, denn sie flitzte viel lieber mit ihrem roten Beetle über die Landstraßen, den sie sich in einem Anfall von Exzentrik gegönnt hatte.
Omas altes Hollandrad war ein schwarzes Ungetüm, ziemlich schwer und niedrig gebaut, natürlich ohne Gangschaltung, dafür aber mit dem bequemsten Sattel der Welt, auf dem man saß wie in einem weichen Samtsessel.
»Danke, das Rad nehme ich gern«, nuschelte ich mit vollem Mund, was mir einen strafenden Blick meiner Mutter einbrachte.
»Und was willst du arbeiten?«, fragte mein Vater, ohne mich anzusehen.
Ich schluckte. Eigentlich hatte ich geplant, mich von ihnen fragen zu lassen, ob ich nicht wieder hier arbeiten wollte. Aber ich hatte nicht aufgepasst, und mein Vater hatte mir einen Aufschlag serviert, den ich jetzt so würdevoll wie möglich retournieren musste.
Natürlich würde ich hier einen Job bekommen, das war gar nicht die Frage – aber sie hatten nicht vor, es mir einfach zu machen.
»Ich habe gehört, Marianne ist schwanger«, gab ich zurück.
»Das hat sich bis nach Paris herumgesprochen?«, sagte meine Mutter schnippisch. »Von mir hast du es jedenfalls nicht.«
Ja, touché, hab verstanden, was du sagen willst, ich hätte öfter anrufen können, du hast ja recht. Aber ich werde nicht auf dein Spiel einsteigen, dachte ich und säuselte: »Hat Marie mir gestern erzählt. Oder war es vorgestern?«
Los, Helene, frag schon nach dem Job, sonst eiern wir noch Stunden um das eigentliche Thema herum.
Ich gab mir einen Ruck und fuhr munter fort: »Dann komme ich ja gerade zur rechten Zeit. Ihr sucht eine Aushilfe, ich suche Arbeit. Das passt doch.«
Wie man sieht, schaffte ich es tatsächlich, es nicht als Frage zu formulieren, sondern als Feststellung . Im Fach »Psychologische Kriegführung« hatte ich immer gut aufgepasst und im Laufe meines Lebens viel von meiner Mutter gelernt.
Mein Vater lächelte mich erfreut an, Oma strahlte über beide Backen, aber meine Mutter … na ja … war eben meine Mutter. Sie war noch nicht fertig mit
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