Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Kreis an seinem Küchentisch vergrößerte.
Er erhob sich wieder, holte eine Grappaflasche aus der Speisekammer und zwei Gläser aus dem Schrank. Sören nickte auch zu diesem Angebot.
Mamma Carlotta schob die Peperoni in den Ofen. »Da bleiben sie, bis sie braun werden«, erklärte sie Sören. »Dann werden sie in ein feuchtes Tuch gehüllt und bekommen nach zehn Minuten die Haut abgezogen. Die Nacht verbringen sie in einer Marinade aus Olivenöl, Salz, Pfeffer, Knoblauch und Petersilie.« Mamma Carlotta legte Daumen und Zeigefinger zusammen, führte sie zu ihren gespitzten Lippen und schnalzte mit geschlossenen Augen. »Benissimo! Ihre Kollegen werden sich freuen.«
»Ganz sicher«, betonte Sören und strahlte, als wäre er soeben befördert worden.
Mamma Carlotta warf einen letzten Blick in den Ofen, dann holte sie ein weiteres Grappaglas aus dem Schrank und hielt es Erik hin. »Nur einen winzigen Schluck, Enrico!«
Sie trank das Glas in einem Zug aus und betrachtete dann die beiden Polizisten mit großer Zufriedenheit. »Ich habe also Recht gehabt! Wolf Andresen ist der Mörder. Ich wusste es.«
Erik gab sich viel Mühe, erstaunt auszusehen. »Wie kommst du darauf?«
»Na, hör mal!« Mamma Carlotta hielt ihr Glas noch einmal hin. »Nur ein Mann kann der armen Frau so etwas angetan haben. Nicht die Putzfrau und auch nicht die Schwester!«
»Ist doch wohl klar, Papa!«, rief Felix. »Oder müssen wir dir das erklären?«
Erik zwang sich zur Ruhe. Es gelang ihm sogar, die Augen zu rollen, damit alle sehen konnten, wie lästig es für einen Hauptkommissar war, sich mit Stümpern über kriminalistische Feinheiten zu unterhalten. »Ihr seid voreilig«, tadelte er. »Der Mord muss nichts zu tun haben mit … mit dem …« Verzweifelt blickte er in der Küche herum. »Also, das kann auch … anders passiert sein.«
Dass Felix grinste, machte Erik so zornig, wie es sonst nur besonders unflätige Kraftausdrücke fertig brachten.
»Du meinst, das ist beim Liebemachen passiert?«, fragte Felix und grinste noch herausfordernder.
Mamma Carlotta brauchte einen dritten Grappa. »Was hat so eine widerliche Angelegenheit mit Liebe zu tun?« Sie schnappte empört nach Luft. »Terribile!«
Sören war noch nicht aufgegangen, dass sein Chef aus Prinzip widersprach. »Bisher sind wir davon ausgegangen, dass Christa Kern keinen Liebhaber hatte«, gab er zu bedenken.
»Davon auszugehen, heißt nicht, dass wir diese Möglichkeit wirklich ausschließen können«, fuhr Erik ihn an. »Dass Andresen ein Mann ist, macht ihn verdächtig? Nein, das reicht nicht.«
Den vierten Grappa schenkte Mamma Carlotta sich selber ein. »Aber er ist so unsympathisch! Und so nervös! Wie jemand, der ein schlechtes Gewissen hat. Er ist genau so, wie ich mir einen Mörder immer vorgestellt habe.«
»Na, dann ist ja alles klar«, gab Erik anzüglich zurück. »Wenn du derart überzeugende Beweise anführst, bin ich natürlich auch von Andresens Täterschaft überzeugt.« Er zog die Grappaflasche aus der Reichweite Mamma Carlottas, die soeben begriffen hatte, dass ihr Schwiegersohn sie nicht ernst nahm, und dieses Ärgernis mit Alkohol herunterspülen wollte.
»Ich bin sicher, dass er es war«, wiederholte sie eigensinnig.
Sören stand auf und warf einen Blick in den Ofen, als Erik in erzwungener Ruhe erklärte: »Wir haben keine Indizien, die gegen Wolf Andresen sprechen, lediglich ein Motiv. Nur die Tatsache, dass er ein Mann ist, macht ihn verdächtig. Dagegen steht jedoch sein Alibi.«
»Er hat ein Alibi?«
»Ja, er war zur fraglichen Zeit mit seiner Frau zusammen. Sie hat es bestätigt.«
Mamma Carlotta griff über den Tisch, langte nach der Flasche und goss sich den nächsten Grappa ein. Dann erklärte sie, was sie von Wolf Andresens Alibi hielt. »Gar nichts!«
»Was regt ihr euch auf?«, fragte Carolin, ehe sie sich neben Sören stellte, um den Bräunungsvorgang der Peperoni zu beobachten. »Die DNA -Analyse wird es ja beweisen.«
»Gar nichts wird sie beweisen«, schnaubte Erik. »Jedenfalls nicht, dass Wolf Andresen ein Mörder ist. Womöglich beweist sie lediglich, dass er mit Christa Kern eine Affäre hatte. Vielleicht beweist sie aber auch, dass Christa Kern einen Fremden ins Haus gelassen hat.«
Sören machte Mamma Carlotta darauf aufmerksam, dass die Peperoni auf dem besten Wege waren, Verbrennungen dritten Grades zu erleiden. Dann verabschiedete er sich.
Erik begleitete ihn bis auf die oberste Treppenstufe, obwohl es
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