Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
selten, was er verspricht.«
»Es sei denn«, meinte Sören grinsend, »Sie stellen ihm ein Abendessen in Aussicht, wenn er das Ergebnis noch heute bringt.«
Erik nickte nachdenklich. »Meine Schwiegermutter freut sich über jeden, den sie bekochen darf.«
Die Tür wurde aufgerissen, Polizeimeister Mierendorf stand im Raum. »Endlich haben wir ihn!«, rief er und hielt triumphierend einen Zettel in die Höhe.
»Wen?«, fragte Erik verständnislos.
»Den Stiefsohn der Toten.«
»Warum hat das so lange gedauert?«
»Weil er seinen Namen geändert hat.« Enno Mierendorf ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Wir haben nach Björn Kern gesucht, aber er heißt mittlerweile Björn Mende. Er hat sehr jung geheiratet und den Namen seiner Frau angenommen. Noch zu einer Zeit, als das Namensrecht nicht vorsah, zwischen dem Nachnamen der Frau und dem Mann frei zu entscheiden.«
»Warum hat er seinen Namen geändert?«
»Keine Ahnung. Jetzt ist er geschieden, aber Mende heißt er immer noch. Er wohnt in Husum.«
Erik nickte zufrieden. »Sagen Sie den Kollegen dort Bescheid. Sie sollen ihm mitteilen, dass seine Stiefmutter ermordet wurde. Vielleicht hat er ja etwas zur Aufklärung des Falles beizusteuern.«
»Vermutlich erfahren wir von ihm auch nur«, meinte Sören, »dass seine Stiefmutter eine grässliche Frau war.«
Erik griff zum Telefon und wählte. »Moin, Carolin. Gib mir mal die Nonna.« Er runzelte die Stirn. »Sie ist nicht da? Wo ist sie?« Die Furche über seinen Augenbrauen vertiefte sich. »Hoffentlich kauft sie genug ein, um heute Abend noch einen Gast zu beköstigen. Sag ihr, dass Dr. Hillmot wieder bei uns sein wird. Sie weiß ja, dass er für drei isst.« Kopfschüttelnd legte er den Hörer auf. »Meine Schwiegermutter ist ständig unterwegs. In einem Land, das ihr fremd ist, auf einer Insel, die sie nicht kennt, aber sie fürchtet sich nicht. Auch Sturm und Regen machen ihr nichts aus. In Umbrien würde sie bei diesem Wetter in die Kirche laufen und die Heilige Jungfrau um Erlösung bitten.«
Sören lachte. »Ihre Schwiegermutter ist schon bemerkenswert«, sagte er.
»Sie ist vor allem sehr anstrengend«, stellte Erik richtig. »Anscheinend hat sie sich vorgenommen, hier auf Sylt alles nachzuholen, was sie in Umbrien versäumt hat.« Er dachte kurz nach. »Gut, die letzten Jahre waren wirklich trostlos für sie. Die Pflege ihres Mannes hat ihr ganzes Leben bestimmt.« Er strich sein Hemd über dem Bauch glatt und sah unzufrieden an sich herab. »Trotzdem hatte ich fest damit gerechnet, dass sie die Wäsche macht und meine Hemden bügelt.«
13
Der Wind war stärker geworden, Sandkörner prasselten Carlotta Capella bei ihrem Abstecher zum Strand ins Gesicht. Sie drehte dem Wind den Rücken zu und beobachtete, wie er den Sand vor sich hertrieb. Die Sandkörner hagelten nur so durch die Luft.
Nicht ganz zufällig führte Mamma Carlottas Heimweg an Käptens Kajüte vorbei.
Toves bärbeißiges Gesicht wurde durch ein paar Lachfalten milder. »Moin, Signora! Ihr Rotwein wartet schon.«
Fietje Tiensch nahm seine Strickmütze von dem Barhocker, der neben ihm stand, und klopfte auf die Sitzfläche. Er zerquetschte ein »Moin« zwischen den Zähnen und bestellte mit einer Handbewegung ein weiteres Jever, als hätte er in diesem Augenblick einen Grund fürs Weitertrinken gefunden.
»Ein Wetter ist das heute!«, knurrte Tove, während er den Rotwein einschenkte. »Wie damals vor Kap Hoorn. Zwei Tage später gab es den heftigsten Sturm, den ich jemals erlebt habe.«
Mamma Carlotta hob das Glas, prostete Tove und Fietje zu, und erklärte stolz: »Ich arbeite jetzt bei FischAndresen.«
Es fehlte nicht viel, und der Mayonnaisespender wäre erneut das Opfer von Toves Überraschung geworden. Fietjes Mütze fiel von der Theke. Während er versuchte, sie aufzuheben, ohne die Füße von den Streben des Barhockers zu nehmen, fragte Tove: »Was sagt denn Ihr Schwiegersohn dazu?«
»Er weiß es nicht.« Mamma Carlotta beugte sich über die Theke und berichtete haarklein, was sie plante und warum sie es tat. »Die Kinder musste ich einweihen, damit Enrico nichts merkt.«
Mamma Carlotta hatte so lange geredet, dass Tove Zeit gefunden hatte, sich zu sammeln. »Ihr Schwiegersohn glaubt also immer noch nicht, dass Andresen es gewesen ist?«
»Ich fürchte, er wird es auch dann nicht glauben, wenn …« In diesem Augenblick fiel ihr ein, dass sie nicht über Eriks Arbeit sprechen durfte. Nein, die DNA -Analyse konnte
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