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Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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drehte sich um und beschäftigte sich wieder mit der Vorbereitung des Hauptgerichts, die Kinder zogen die Köpfe ein und schoben sich solidarisch an ihre Seite, Dr. Hillmot fiel ein, dass er hier nicht in seinem Labor war, und Sören sah ein, dass er warten musste.
    »Ein paar Minuten noch«, erklärte Mamma Carlotta und öffnete die Ofentür. »Das Brot wird gleich schön knusprig sein.«
    Erik erhob sich spontan. »Ich rufe mal eben im Casino an. Vielleicht hat Boschbach inzwischen etwas herausgefunden.«
    Doch der Leiter der Spielbank von Westerland bedauerte lebhaft: »Es gibt einen Croupier, der sich an den Mann erinnern kann, aber über die Höhe seines Spielgewinns kann er nichts sagen. Tut mir leid, Herr Hauptkommissar.«
    Erik dachte nach. Hatte Christa Kern womöglich ein Schäferstündchen genossen, ehe sie ermordet wurde? Erik führte sich das Bild der Toten vor Augen. Korrekt bekleidet, die Frisur kaum in Unordnung geraten. Sollte sie wirklich zufällig Oralsex gehabt haben, bevor sie erdrosselt wurde? Mit einem fremden Mann, der sie gezwungen hatte? Wenn der Mörder ein anderer war als der Vergewaltiger, musste Zeit genug gewesen sein, die Polizei zu verständigen. Also doch freiwillig? Mit einem Mann, in den sie verliebt war? Aber wer kam dafür in Frage? Einen Freund gab es nicht. Ein flüchtiger Bekannter? Nein, eins so unwahrscheinlich wie das andere.
    Der Täter konnte kein Fremder sein, das war genauso undenkbar. Er musste von dem Geld gewusst haben, das er gefunden hatte, ohne danach suchen zu müssen. Vor Eriks Augen entstand das Bild der mustergültigen Ordnung in Christa Kerns Haus. Alles hatte an seinem Platz gestanden, nichts war aus seiner ornamentalen Anordnung geschoben worden.
    Erik ging in die Küche zurück, während dort gerade die Diskussion darüber einsetzte, wer nach dem Hausherrn suchen sollte, damit man endlich mit dem Essen beginnen könne.
    Mamma Carlotta fühlte sich in der Küche von Fisch-Andresen nicht besonders wohl, obwohl sonst jede Form von Küchenarbeit ein Gefühl von Zugehörigkeit in ihr erzeugte und die Gewissheit, am richtigen Ort zu sein. Aber hier würde sie wohl eine Fremde bleiben. Vielleicht lag das daran, dass ihre Arbeit zum ersten Mal kritisch beobachtet und kontrolliert wurde und ihre Fertigkeiten nicht mit Freude, sondern mit Skepsis betrachtet wurden. Wolf Andresen sah seiner italienischen Köchin genau auf die Finger und wollte über alles informiert sein, was sie in seiner Küche tat. Carlottas Kreativität und ihre impulsiven Entschlüsse waren hier nicht gefragt. Andresen verlangte, dass ein Rezept, für das er sich entschieden hatte, nicht geändert wurde, wenn der Artikel sich als gut verkäuflich erweisen sollte. Und immer, wenn kein Kunde im Laden war, erschien er hinter ihr, beobachtete ihre Handgriffe, rückte ihre Arbeitsgeräte zurecht und schüttelte den Kopf über die Unordnung, die sie verbreitete.
    »Warum sind Sie so schreckhaft?«, fragte er.
    Carlotta war wieder mal entsetzt zusammengefahren, als sie sich umdrehte – und unmittelbar vor Wolf Andresen stand. Er bewegte sich auf leisen Sohlen in seinem Laden, als legte er es darauf an, dass sein Kommen und Gehen nicht bemerkt wurde.
    »Ich bin nicht schreckhaft«, behauptete Mamma Carlotta, während sie verbissen ein paar Knoblauchzehen hackte.
    Andresen ordnete die Knollen so auf der Arbeitsplatte an, dass sie sich exakt an der Tischkante aufreihten. »Oder haben Sie ein schlechtes Gewissen?« Er gab ein kurzes, meckerndes Lachen von sich.
    Mamma Carlotta brach der Schweiß aus. Gleichzeitig kribbelte eine Gänsehaut über ihren Rücken. War Andresen ihr etwa auf die Schliche gekommen?
    »Wie meinen Sie das?«, fragte sie zurück und war froh, dass ihre Stimme nicht zitterte.
    Andresen baute die Tomaten in einem Halbkreis auf, den er mit einem Küchenmesser schloss. Zufrieden betrachtete er sein Werk, dann drehte er sich um und ging in den Verkaufsraum. Kurz darauf raschelte der Perlenschnurvorhang, und fast augenblicklich setzte das Weinen des Kindes ein. Schwach und verzweifelt.
    »Lass sie in Ruhe«, sagte Ulla Andresen. »Sie bekommt heute sehr schwer Luft. Wenn sie weint, wird es noch schlimmer.«
    Mamma Carlotta legte die Knoblauchzehen zur Seite. Ulla Andresen schien die Einzige zu sein, die sich von ihrem Mann nicht ängstigen ließ. Das Kind fürchtete sich vor seinem eigenen Vater, und sie, Carlotta Capella, fürchtete sich auch. Und das, obwohl Erik ihr am Morgen noch

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