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Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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Thunfischhappen in Basilikum, die Stremellachsfilets in Kapernsoße, die Riesengarnelen unter den großen Knoblauchblättern, die mit Dill überhauchten Flusskrebsschwänze, die Scampi-Spieße und die vielen marinierten Gemüsesorten. Dann wanderte sein Blick zu den Tintenfischringen zurück. Genauso sahen auch die aus, die zu Hause in seinem Kühlschrank lagerten. Als er aufblickte, sah er in Andresens fragende Augen und hatte das Gefühl, eine Erklärung abgeben zu müssen. »Meine Schwiegermutter ist Italienerin«, sagte er hastig. »Sie ist zurzeit zu Besuch, und ihre Vorspeisen sehen genauso aus.«
    »Typisch italienisch eben!«, bestätigte Andresen. »Diese Antipasti sind ebenfalls von einer Italienerin zubereitet worden. Sie macht hier Urlaub. Ganz allein! Das Klima bekommt ihr nicht besonders gut, und sie braucht ein wenig Ablenkung. Deswegen hat sie mir ihre Hilfe angeboten.«
    Erik kam eine Idee. »Ich glaube, meine Schwiegermutter vermisst auch Gesellschaft. Es wäre doch nett, wenn die beiden sich kennen lernen könnten. Meine Schwiegermutter und Ihre Aushilfskraft.«
    Wolf Andresen wandte sich um und rief in die Küche: »Frau Rocchi! Kommen Sie doch mal in den Laden.«
    Die beiden Männer sahen sich an, während sie auf eine Entgegnung warteten. Aber nichts geschah. »Wo steckt sie denn?« Andresen ging in die Küche, sah sich um, dann bemerkte er, dass die Tür, die in den Küchengarten führte, nicht ganz geschlossen war. »Tut mir leid, Anna Rocchi ist anscheinend mit dem Abfall beschäftigt. Wollen Sie warten?«
    Erik winkte ab. »Nicht nötig. Ich werde meiner Schwiegermutter erzählen, dass sie hier bei Ihnen mit einer Italienerin plaudern kann, wenn sie möchte. Ich bin sicher, sie wird in den nächsten Tagen in Ihrem Laden auftauchen!«
    »Es würde mich freuen«, entgegnete Andresen in steifer Höflichkeit.
    Als Erik sich auf der Straße noch einmal umdrehte, sah er, dass Andresen ihm nachblickte. Nun fiel ihm auch das große Plakat auf, das im Schaufenster hing: Italienische Vorspeisen! Neu im Angebot!
    Aus dem Mülleimer drang ein unangenehmer Geruch. Stinkende Fischabfälle verbanden sich mit dem dumpfen Mief von Kartoffelschalen und saurer Fäulnis. Manches, was in der Tonne landen sollte, lag daneben, Mamma Carlotta stand mit dem rechten Fuß in einem aufgeplatzten Kaffeefilter, unter dem linken glitschte eine Apfelsinenschale. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Wie konnte Erik nur auf die Idee kommen, sie mit einer Landsmännin bekannt zu machen? Wie kam er darauf, dass sie sich einsam fühlte auf Sylt? Welch ein Glück, dass die Küche einen Ausgang zum Garten hatte! Und welch ein Segen, dass Andresen nicht nach ihr gesucht hatte!
    Sie entspannte sich allmählich. Wenn Andresen ihr bis jetzt nicht gefolgt war, würde er wohl darauf warten, dass sie wieder in der Küche auftauchte. Sie musste sich nur so lange mit dem Abfall beschäftigen, bis Erik den Laden verlassen hatte.
    Der Eimer, nach dem sie im Hinauslaufen instinktiv gegriffen hatte, wog schwer, der Henkel schnitt in ihre Handfläche. Mamma Carlotta trat einen Schritt aus dem Schatten hervor. Sobald Andresen im Garten auftauchte, würde sie die Mülltonen öffnen und den Abfall hineinschütten. Wenn er sie hier fand, dann musste er sie emsig beschäftigt sehen. Er durfte keinen Verdacht schöpfen.
    Sie stellte den Eimer ab und blickte sich um. Der Garten grenzte an das Grundstück einer Kfz-Werkstatt, eine hohe Mauer trennte den Schrottplatz des Nachbarn vom Unkraut des Fischhändlers. Der Garten war völlig verwahrlost. Die Gemüsebeete zugewuchert, die Blumenrabatten kaum noch als solche zu erkennen, die Bäume unbeschnitten. Am Ende des Gartens gab es ein kleines Blockhaus, nicht viel größer als ein Geräteschuppen, dahinter ein rostiges Tor, das auf einen buckeligen Weg führte, auf dem die Bahngleise zu überqueren waren. Tiefe Furchen zeigten, dass dort die schweren Lastwagen die Höfe der umliegenden Gewerbebetriebe verließen. Was mochte in dem Blockhaus aufbewahrt werden? Fahrräder, Saskias Sandspielzeug, das schon lange nicht mehr benutzt worden war, oder ihr Dreirad, auf dem sie vielleicht nie wieder fahren würde?
    Mamma Carlotta fühlte sich jetzt sicherer, traute sich ein paar Schritte in den Garten hinein. Die Mauer zog sich um das ganze Grundstück herum, man konnte die Schritte der Fußgänger auf der Straße hören, aber nur die Köpfe großer Menschen auf der Mauerkrone sehen. Mamma Carlotta hörte die

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